Der Kunstreiter
morgen?«
»Morgen früh um zehn Uhr kommen Sie wieder zu mir, das Weitere zu erfahren,« erwiderte Georgine, die kalt und besonnen Ihren Plan überdachte. »Ich weiß nicht, wie weit ich selber imstande sein werde, bis dahin meine Vorkehrungen zu treffen. – Aber noch eins: Nehmen Sie heute die Gelegenheit, einen Spaziergang in den Wald zu machen. Dort lassen Sie sich die Zaubereiche zeigen und merken sich genau den nächsten Weg dorthin. Einen Führer finden Sie überall.«
»Schön, sehr schön; es soll alles pünktlich ausgeführt werden; aber Ihre Pläne, gnädige Frau! Wollten Sie nur die Güte haben, mir in etwas – in der größten Kleinigkeit Ihre Pläne mitzuteilen, daß ich meine eigenen Maßregeln ...«
»Morgen,« erklärte Georgine bestimmt. »Mein Kopf brennt mir; bitte, lassen Sie mich jetzt allein, daß ich Zelt habe, mich zu sammeln, lieber Baron.«
»Ihr Wille ist mir Befehl!« rief von Silberglanz, der dem lieben Baron nicht widerstehen konnte. »Holde Georgine, Sie haben mich in Ihrer Hand – Sie können mich um den kleinen Finger wickeln – Sie können alles, alles mit mir machen – ich kenne Hugo von Silberglanz nicht mehr – Hugo von Silberglanz ist ein anderer Mensch geworden – er ist eigentlich gar kein Mensch mehr, er ist ein Gott – er geht nicht mehr auf der Erde, er fliegt – er schwimmt in einem ganzen Ozean voll Wonne.«
Er hatte Georginens Hand ergriffen und bedeckte sie mit seinen Küssen; aber es war kein Liebesblick, der dabei aus ihren Augen auf ihn fiel. Wieder zuckte der schmerzlich-böse Zug um ihre Lippen, und ihm ihre Hand endlich entziehend, deutete sie mit einer bittenden Bewegung nach der Tür; von Silberglanz vermochte jetzt auch nicht länger ihrem Wunsche zu widerstreben. Gern wäre er freilich noch kühner geworden, aber der Frau ernste Haltung entmutigte ihn wieder – er mußte ihr erst Zeit lassen. Morgen – morgen sollte er seinen Triumph feiern, und mit einem schmachtend süßen Blick auf das von ihren Gefühlen erregte, wirklich wunderschöne Weib griff er seinen Hut auf und verließ rasch das Zimmer und das Gut.
25.
Hugo von Silberglanz befand sich, als er Georginen verließ, wirklich in einem außergewöhnlichen Grade von Aufregung, der nicht allein den Reizen des schönen Weibes, sondern auch noch seinen durch sie plötzlich überstürzten Plänen und Geschäften, wie all den Verwicklungen galt, in die er dadurch gezogen werden konnte. Und was würde Baron Silberglanz' Vater dazu sagen, wenn er von diesem tollen Streiche des Barons Silberglanz' Sohn unglücklicherweise gehört hätte? Bah! das Unglück wäre zu ertragen gewesen; er war jetzt Kavalier und mußte kavaliermäßig handeln – wenn es ihm auch ein paar Taler kostete – welchen Preis eroberte er außerdem nicht dabei für sich – einen Preis, um den ihn die halbe Residenz beneiden würde! – Aber der Mann – wenn Monsieur Bertrand...
»Zühbig hat recht!« brummte er dabei leise vor sich hin, als er den Fahrweg entlang dem Dorfe zueilte, »sie sind keinesfalls zusammen getraut – nur eine wilde Ehe, wie es bei der Art Leuten ja so häufig vorkommen soll, und dieser hochnäsige Graf Geyerstein hat sich die wunderschöne Reiterin hier ins warme und bequeme Nest gesetzt. Dem aber gönn' ich den Ärger, wenn er erfährt, daß Hugo von Silberglanz, der verachtete, ›neugebackene Baron‹, mit seiner Beute durchgegangen ist. Nur allein die Genugtuung wäre das ganze Abenteuer wert. – Und diese Georgine – ein göttliches Weib – ein wahrhaft göttliches Weib! Ob sie mich nicht rein verrückt gemacht hat mit ihren Reizen? Und wie apropos bin ich hier zur rechten Zeit gekommen – das ist aber mein altes Glück! Glück muß der Mensch haben, sagt mein Papa, und der Mensch hat Glück. Hm – ja – aber wohin? – Und was zerbreche ich mir noch den Kopf? Nach Paris – wollte ich doch nach Paris und habe den Umweg nur über hier gemacht – jetzt reis' ich in Gesellschaft, und was für Gesellschaft! Was liegt an den paar hundert Talern – und wenn's tausend wären! Hugo von Silberglanz ist nur einmal jung, und will auch sein Leben genießen wie andere Kavaliere. Ein Geschäft bringt die ganze Sache zehnmal wieder ein.« Und mit dem Troste sich, teils der Kälte, teils seiner angenehmen Empfindungen wegen, die Hände reibend, eilte er in das Dorf hinein, dessen erste Gebäude er schon erreicht hatte.
Durch und durch Geschäftsmann, wurde es ihm hier nicht schwer, seine Rolle als
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