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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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ziehen.
    »Wir sind keinen Augenblick hier sicher, überrascht zu werden,« sagte Georgine, ihn von sich haltend; Herr von Silberglanz war aber nicht so leicht abzuschütteln.
    »Und soll ich so lange auch ohne den kleinsten Lohn bleiben?«drängte der Verliebte. »Georgine – holdes, göttliches Wesen, in wenig Stunden ketten Sie Ihr Geschick an das meine, und jetzt« – er drückte ihren Arm zurück und preßte, ehe sie es verhindern konnte, seine Lippen auf die ihrigen.
    Georgine duldete den Kuß, dann aber sich von ihm losmachend, rief sie: »Seien Sie vernünftig, Baron! Sie setzen mich und sich der größten Gefahr aus, unsern ganzen Plan scheitern zu machen. Gehen Sie jetzt, es ist genug; um drei Uhr an der Zaubereiche.«
    »Um drei Uhr,« rief Hugo, der sie wie in einer Verzückung anstarrte, »um drei Uhr!« und mit Gewalt sich losreißend, eilte er, so rasch er konnte, in das Dorf zurück, um dort seine Rechnung zu bezahlen, seine kleine Tasche zu packen und zur bestimmten Zeit an der bezeichneten Stelle nicht zu fehlen.
    Georgine blieb allein in ihrem Zimmer zurück und starrte, als Herr von Silberglanz sie schon lange verlassen hatte, noch immer still und schweigend vor sich nieder; aber die Zeit für sie war auch zum Handeln gekommen, ein Rückschritt nicht mehr möglich, und das kühne, selbständige Weib gewann mit diesem Bewußtsein auch ihre ganze Energie und Entschlossenheit wieder.
    »Frei – frei – frei!« flüsterte sie wie eine Beschwörungsformel leise vor sich hin, »frei bin ich wieder, wie der Vogel in der Luft, wie das wilde Roß, das die Steppe durchfliegt und seiner Verfolger lacht. Den Zwang habe ich abgeschüttelt, der mir die Seele wund gedrückt und Geist und Körper niedergebeugt hat, und schon fühle ich den beweglichen Boden wieder unter meinen Füßen, fühle, wie der wehende Luftzug mir die Locken um den Nacken peitscht – sehe die dichtgedrängte Schar der Zuschauer, höre ihr Jauchzen, höre ihr Jubeln und fliege im Triumph die alte Bahn dahin. – Georg wird wüten, wenn er zurückkehrt und mich – wenn er sein Kind nicht mehr findet, obgleich es ihm die deutschen Gesetze zusprechen. Weder Josefine noch ich werden jemals wieder deutschen Boden betreten. Und will er im Schweiße seines Angesichts, in ruhmloser Beschäftigung und Arbeit sein Brot hier verdienen, will er, kann er vergessen, was er einst gewesen, als ich ihn liebte, dann verdient er auch nicht, daß ich je mit einem Atemzuge an ihn gedacht. Und nun ans Werk, denn nur noch wenige Stunden sind mein!« Und mit den Worten, als ob sie damit alles abgeworfen habe, was sie bis jetzt noch gedrückt, ging sie rasch und fröhlich daran, den einmal festbeschlossenen und eingeleiteten Plan zur Flucht auszuführen.
    Vorbereitet war er insofern schon lange, als Georgine ihre Künstlergarderobegepackt in *** stehen und dort die Weisung hinterlassen hatte, sie ihr später dorthin zu schicken, wohin man eben die Weisung bekommen würde. Gestern hatte sie diese erteilt, und in wenigen Tagen konnte ihr Auftrag vollzogen sein. Ihre wie Josefinens nötigste Kleider waren heute morgen mit dem Wagen des Barons abgegangen, und was sie unterwegs brauchten, konnten sie recht leicht und unbemerkt mit in den Schlitten nehmen.
    Allerdings war die Tour für ihr eigenes Pferd etwas stark, aber es mochte sich nachher lieber wieder ordentlich ausruhen, und auf andere Weise konnte sie es doch nicht mit sich fortführen. Josefine wußte freilich noch kein Wort von der beabsichtigten Flucht aus ihrer neuen Heimat; sie hätte vielleicht gegen ihre Gouvernante nicht geschwiegen, und diese jedenfalls versucht, die Ausführung des Planes zu hintertreiben. War Josefine nicht mehr da, so sah sie sich natürlich auch ohne Stellung – ohne Brot; und wer verliert das gern so leicht? Daß Josefine selber mit Freuden das alte fröhliche Leben begrüßen, daß sie den Vater bald vergessen würde, davon glaubte Georgine fest überzeugt zu sein. Überdies hatte das Kind keinen eigenen Willen und mußte der Mutter dahin folgen, wo diese für ihr Glück und ihre Wohlfahrt sorgen wollte.
    Nur etwas mußte sie noch besorgen, dann war sie mit allem fertig, und zwar von des Kindes Leibwäsche genügend für die erste Zeit beiseite zu bringen, ohne daß es Mademoiselle Adele bemerkte. Ein Vorwand, diese zu entfernen, war aber bald gefunden. Georg hatte in seiner Stube einige alte Kupferwerke, die dem Grafen Geyerstein gehörten, und die er deshalb sorgfältig

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