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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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die Gutsnachbarn ziehen sich von mir zurück, vermeiden mich wenigstens, soviel es geht, und ich werde sie nicht aufsuchen.
    Meine ganze Seligkeit ist jetzt mein Kind, das ich glücklich dem ihm selber furchtbaren Leben entrissen habe. Auch mit dessen Mutter bin ich im reinen. Georgine weigerte sich auf meinen ersten Brief, in eine Scheidung zu willigen, und wollte es nur unter der Bedingung, daß ihr Josefine zurückgegeben würde. Durch ihre Flucht hat sie sich aber selber jedes gesetzlichen Schutzes beraubt, und außerdem scheint ihr auch der Wunsch, jene Verbindung mit Royazet zu schließen, den Schritt erleichtert zu haben. Wir sind geschieden, die Papiere darüber werde ich in nächster Zelt bekommen, und frei von allen Banden, die mich bis dahin an das alte Leben ketteten, will ich von nun an meine Bahn beginnen.
    Für Dein Anerbieten, mich nach Ungarn auf das dort für mich angekaufte Gut zu setzen, nimm meinen heißen Dank. Du hast schon mehr für mich getan, als selbst ein Bruder für den andern tun kann, aber – ich will Dich aller weitern Sorge für mich entheben. Ich habe einen andern Plan für mich, der mich mir selber wiedergeben soll. Will es Gott, so sehen wir uns dereinst noch froh und fröhlich wieder, und dann kann ich der Mutter auch getrost ins Auge schauen.Ich will nach Amerika. Es wird mir von meinem kleinen Kapital etwa so viel übrig bleiben, mit meinen Begleitern hinüber zu kommen. Ich habe ein Kind angenommen – eine Waise – als Josefinens Gespielin, die mit unendlicher Liebe an der neuen Schwester hängt. Von allen meinen Sachen nehme ich nur den Rappen mit, der mir mein Kind befreit – aber nur bis zu Dir. Mag er Dir von jetzt an so treu dienen, als er mir gedient.
    Alles weitere mündlich. Ich komme auf der Durchreise nach ***, um Dich, Du treues Herz, noch einmal zu sehen und Dir selber für alles, was Du an uns getan, zu danken. Wahrscheinlich folge ich diesem Briefe unmittelbar; denn wie Du mir schreibst, wird der neue Pächter schon in acht Tagen eintreffen, und es ist alles hier so geregelt und in Ordnung, daß dem alten Verwalter das Gut auf die kurze Zeit ohne die geringste Sorge anvertraut werden kann. Ich bin gerade dabei, ihm das Inventar zu übergeben.
    Es grüßt und küßt Dich bis dahin
    Dein Georg
    P. S. Da Du mich nach dem Namen des traurigen Individuums fragst, das meine Frau zu ihrer Flucht benutzte, so schreibe ich ihn Dir. – Er nennt sich Baron Hugo von Silberglanz.«
    Wolf hatte den Brief wieder und wieder gelesen. Er war aufgestanden und ging mit raschen Schritten in seinem Zimmer auf und ab.
    »Er darf nicht fort!« flüsterte er dabei, »nicht nach Amerika! Es ist das letzte Herz, das hier noch mir gehört – wir gehen zusammen fort von hier – nach Ungarn. Brennt doch der Boden auch mir unter den Füßen. Gott sei Dank, daß er kommt – besprochen ist so etwas besser als geschrieben, und er wird – er könnte nicht von mir gehen – wüßte er nur den tausendsten Teil von dem, was ich um ihn hier leide,« setzte er mit leiser, kaum hörbarer Stimme hinzu.
    Mit dem Entschlusse, seine Stellung hier aufzugeben und die Stadt selber, die so viele trübe Erinnerungen für ihn barg, zu verlassen, kam auch plötzlich Ruhe über ihn. Er ordnete seine Papiere und ließ sich dann bei dem Fürsten melden. Der Fürst war aber auf die Jagd gefahren und wurde erst am nächsten Abend zurückerwartet. Die Lakaien schlenderten müßig im Schlosse herum und zählten vor lauter Langerweile die Fensterscheiben.
    Karl, der Bursche des Rittmeisters, hatte indessen mehr Beschäftigung, denn ihm war der Auftrag geworden, zwei Zimmer für Gäste herzurichten, mit allem Nötigen zu versehen und ordentlichdurchwärmen zu lassen, da der Besuch jeden Augenblick eintreffen konnte.
    An dem Abend war Soiree bei Herrn von Zühbig und Graf Geyerstein ebenfalls eingeladen worden – der sich aber entschuldigen ließ. Gegen Abend, als er durch die Stadt ging, traf er den Baron zufällig auf der Straße.
    »Aber lieber, bester Freund,« schoß dieser auf ihn zu, »zu meinem unendlichen Leidwesen höre ich eben, daß Sie uns heute abend Ihre unschätzbare Gegenwart grausamerweise entziehen wollen. Meine Frau ist ganz untröstlich darüber.«
    »Das bedaure ich in der Tat,« sagte der Rittmeister kalt, »unaufschiebbare Geschäfte verhindern mich indes, da ich in nächster Zeit wieder länger abwesend sein werde.«
    »Sie wollen wieder auf Urlaub gehen?« fragte Herr von Zühbig rasch, und

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