Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
Vom Netzwerk:
fragte, wie er mit solch entsetzlichen Wunden noch aufrecht stehen konnte.
    ›Wo ist der Schmerz?‹, grübelte er ohne zu merken, dass sein Körper vor Schmerzen in Flammen stand.
    Er humpelte barfuß über scharfkantige Felsen, einen Abhang hinunter und auf den steinigen Strand zu. Dann begann er zu rennen. Die Fetzen von Kleidung, die er noch am Leibe trug, wirbelten in der Luft um ihn herum.
    Der Somali hob den Speer auf und setzte ihm nach, schleuderte die Waffe, verfehlte sein Opfer und gab auf.
    Andere Stammeskrieger stürzten sich auf den Engländer, doch Speke wich ihnen aus und lief weiter. Er hängte seine Verfolger ab, und als er sah, dass sie die Jagd aufgegeben hatten, ließ er sich auf einen Felsen fallen und zerbiss den Strick, der um seine Hände gebunden war.
    Schock und Blutverlust hatten ihn geschwächt, doch er wusste, dass er seine Gefährten finden musste, also lief er weiter, bis er im Morgengrauen Berbera erreichte. Hier entdeckte ihn ein Suchtrupp unter der Führung von Lieutenant Herne, und die Männer trugen ihn zum Boot an der Mündung des schmalen Flusses. Er war drei Meilen gerannt, und elf Wunden klafften in seinem Fleisch, einschließlich der zwei, welche die Muskeln seiner Oberschenkel durchbohrt hatten.
    Sie legten ihn auf eine Bank, und er hob den Kopf und sah den Mann an, der ihm gegenüber saß. Es war Burton, das Gesicht bandagiert; Blut befleckte das Leinen über seinen Wangen.
    Ihre Blicke trafen sich.
    »Ich bin kein verdammter Feigling«, flüsterte Speke.

    Der Kampf hätte sie zu Brüdern machen sollen. Sie taten beide, als wäre es so – und weniger als zwei Jahre darauf begaben sie sich gemeinsam auf eine der größten Expeditionen der britischen Geschichte, ein gefahrvoller Marsch nach Zentralafrika, um nach der Quelle des Nils zu suchen.
    Seite an Seite durchstanden sie äußerste Bedingungen, während sie in ein Gebiet vordrangen, das kein weißer Mann je erblickt hatte, und oft genug wandelten sie dabei gefährlich nah an der Grenze zum Reich der Toten. Eine Infektion ließ Burton vorübergehend erblinden und machte ihn bewegungsunfähig. Speke wurde auf einem Ohr dauerhaft taub, nachdem er versucht hatte, ein Insekt mit dem Taschenmesser daraus hervorzuholen. Sie litten beide an Malaria, Ruhr und entstellenden Geschwüren.
    Doch sie zogen weiter.
    Und Spekes Abneigung schwelte.
    Er hatte eine eigene Version des Vorfalls in Berbera konstruiert, begründet auf dem wichtigsten Teil der Ereignisse, nämlich der Tatsache, dass ein geworfener Stein gegen seine Kniescheibe geprallt war, was ihn dazu veranlasst hatte, zurück in den Eingang des Rowties zu treten. Burton hatte sich in eben jenem Moment umgedreht, gesehen, wie der Stein von Spekes Knie abprallte und den Schritt nach hinten als die Reaktion erkannt, die sie in Wahrheit gewesen war. Nicht einen Augenblick lang hatte er - das jedenfalls sagte sich Speke immer wieder - am Mut seines Gefährten gezweifelt.
    Speke wusste, dass Burton den Stein gesehen haben musste, und trotz leise aufkeimender Zweifel entschloss er sich, die Angelegenheit zu vergessen. Geschichte, so stellte er fest, war das, was man hinterher daraus machte.
    Sie erreichten die Großen Seen.
    Burton erkundete ein ausgedehntes Gewässer, das die einheimischen Stämme »Tanganyika« nannten und welches südlich der Berge des Mondes lag. Anhand seiner geografischen Studien hatte er errechnet, dass dies der Ursprung des Nils sein könnte, auch wenn er selbst zu krank war, um das nördlichste Ufer zu bereisen, von dem aus der große Fluss seinen Lauf nehmen sollte.
    Speke ließ seinen »Bruder« im Fieberwahn zurück, zog nach Nordosten und stieß auf die Ufer eines gewaltigen Sees, den er hochmütig nach dem britischen Monarchen benannte, auch wenn die Stämme, die an seinen Ufern lebten, bereits einen Namen für ihn hatten: »Nyanza«.
    Er versuchte, das Gewässer zu umkreisen, verlor den See aus dem Blick, fand ihn weiter nördlich wieder – oder war es das Ufer eines zweiten Sees? –, nahm stümperhafte, unzulängliche Messungen vor und kehrte mit der Behauptung zu Burton, dem Leiter der Expedition, zurück, er habe allein und ohne den Hauch eines Zweifels den wahren Ursprung des großen Stroms gefunden.
    Sie erlangten wieder ein Mindestmaß an Gesundheit und nahmen den langen Fußmarsch zurück nach Sansibar auf sich, wo Burton einem Anfall von Verzweiflung erlag, da er sich die Schuld an dem, gemessen an seinen hohen Ansprüchen, wenig

Weitere Kostenlose Bücher