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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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weil sie kämpfen wollen, weil sie bereit sind, für die Freiheit auch zu sterben. Gestern haben mich zwei um Urlaub nach Barcelona gebeten, weil sie ihre Verwandten besuchen wollten. Ich habe ihnen die Gewehre abgenommen und sie davongejagt. Solche Männer kann ich nicht brauchen. Einer sagte dann, er hätte sich‘s überlegt, er wolle bleiben — ich habe ihn nicht wieder aufgenommen. So werde ich mit allen verfahren, und wenn auch nur ein Dutzend übrigbleibt! So und nicht anders muß eine revolutionäre Armee aufgebaut sein. Die Bevölkerung ist verpflichtet, uns zu helfen, wir kämpfen doch schließlich gegen jegliche Diktatur, für die Freiheit aller! Wer uns nicht hilft, den werden wir vernichten. Wir vernichten alle, die uns den Weg zur Freiheit versperren! Gestern habe ich den Dorfrat von Bujaraloz aufgelöst, er hat den Krieg nicht unterstützt, er hat den Weg zur Freiheit gehemmt.« »Das riecht immerhin nach Diktatur«, sagte ich. »Als die Bolschewiki im Bürgerkrieg gelegentlich eine vom Feind durchsetzte Volksorganisation auflösten, hat man sie der Diktatur bezichtigt. Aber wir verschanzten uns nicht hinter Worten über allgemeine Freiheit. Wir haben die Diktatur des Proletariats nie geleugnet, sondern sie immer offen bestätigt. Und dann: Was kann das für eine Armee bei Ihnen werden ohne Kommandeure, ohne Disziplin, ohne Gehorsam? Entweder Sie denken nicht daran, ernsthaft zu kämpfen, oder Sie heucheln, und es gibt bei Ihnen doch irgendeine Unterordnung, nur hat sie einen anderen Namen.«
»Wir haben die organisierte Indisziplin. Jeder trägt Verantwortung vor sich selbst und vor dem Kollektiv. Feiglinge und Marodeure erschießen wir, sie werden vom Komitee gerichtet.«
»Das besagt noch gar nichts. Wessen Auto ist das?« Alle wandten den Kopf in die Richtung, die ich wies. Auf dem Platz an der Chaussee standen ungefähr fünfzehn meist zuschanden gefahrene Autos, zerkratzte Ford und Adler. Und unter ihnen ein prächtiger, offener Hispano-Suiza, silbergleißend mit eleganten Lederpolstern.
»Das ist mein Wagen«, sagte Durruti. »Ich mußte einen nehmen, der schnell fährt, damit ich schneller an alle Frontabschnitte komme.«
»Sehr richtig«, erwiderte ich. »Der Kommandeur muß einen besseren Wagen haben, wenn das möglich ist. Es wäre lächerlich, wenn ein einfacher Soldat in diesem Auto führe und Sie zu Fuß gehen oder sich mit einem klapprigen Ford abquälen müßten. Übrigens - ich habe Ihre Befehle gesehen, sie hängen überall in Bujaraloz. Sie beginnen alle mit den Worten: >Durruti hat befohlen .. .<«
»Ja, irgend jemand muß doch befehlen«, erwiderte Durruti lächelnd. »Das ist Bekundung von Initiative. Das ist Nutzbarmachung der Autorität, die ich bei den Massen habe. Den Kommunisten kann das natürlich nicht gefallen...» Er schielte zu Trueba, der sich die ganze Zeit im Hintergrund hielt. »Die Kommunisten haben nie den Wert einzelner Persönlichkeiten und der individuellen Autorität geleugnet. Persönliche Autorität hindert keineswegs die Massenbewegung, oft schweißt sie die Massen sogar zusammen und stärkt sie. Sie sind Kommandeur, spielen Sie doch nicht den einfachen Soldaten, das bringt gar nichts ein und erhöht keineswegs die Kampfkraft der Truppe.«
»Durch unseren Tod«, sagte Durruti, »durch unseren Tod werden wir Rußland und der ganzen Welt zeigen, was Anarchismus in Wirklichkeit heißt und was die Anarchisten Iberiens sind.« »Durch den Tod kann man gar nichts beweisen«, entgegnete ich, »durch Sieg muß man beweisen. Das Sowjetvolk wünscht dem spanischen Volk von ganzem Herzen Sieg, es wünscht diesen Sieg ebenso innig den anarchistischen Arbeitern und ihren Führern wie den Kommunisten und allen antifaschistischen Kämpfern.«
Er drehte sich der Menge zu, die uns umringte, und rief, nun nicht mehr französisch, sondern spanisch: »Dieser Genosse ist gekommen, um uns, den Kämpfern der CNT und FAI, den flammenden Gruß des russischen Proletariats und seine Wün sche für unseren Sieg über die Kapitalisten zu überbringen.
Es lebe die CNT und die FAI! Es lebe der freie Kommunismus!«
»Viva!« schrie die Menge. Die Gesichter hellten sich auf und wurden sehr viel freundlicher.
    Michail Kol‘cov

    Die Militarisierung
    Am 1. August ordnete die Zentralregierung in Madrid die Mobilisierung der Reservisten aus den Jahren 1933 und 1935 an; die Generalität war mit diesem Vorstoß einverstanden. Sofort trat Katalonien, oder vielmehr die einzig relevante politische

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