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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Kraft in Katalonien, der Regierung entgegen: die CNT weigerte sich, einer traditionell hierarchisch aufgebauten, uniformierten, regulären Armee zuzustimmen. Zehntausend junge Männer und Soldaten versammelten sich am 4. August im Olympia-Theater und bekundeten, daß sie keinerlei Befehlen der Militärbehörden Folge leisten würden. »Wir werden in die Milizen eintreten. Wir werden an die Front gehen. Aber Soldaten im Kasernenhof werden wir nicht. Wir beugen uns keiner Disziplin und keinem Befehl, der nicht vom bewaffneten Volk selber ausgeht.«
    John Stephen Brademas

    Am 4. September erklärte der neue Regierungschef, der Sozialist Largo Caballero, vor der ausländischen Presse: »Zuerst müssen wir den Krieg gewinnen, dann können wir immer noch von der Revolution reden.«
Am 27. September wurde die katalanische Regierung umgebildet; sie nannte sich fortan Rat der Generalität. Drei Anarcho-Syndikalisten traten in diesen Rat ein. In der Regierungserklärung hieß es: »Wir werden alle unsere Anstrengungen auf den Krieg konzentrieren und es an keinem Mittel fehlen lassen, um ihn rasch und siegreich zu Ende zu führen: Einheitliches Oberkommando, Koordination aller kämpfenden Einheiten, Bildung von Milizen auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht, Verstärkung der Disziplin.«
Mit der Bildung des Rates der Generalität löste sich zugleich das ZK der Antifaschistischen Milizen auf. »Von heute an brauchen wir das Komitee nicht mehr; wir sind in der Generalität vertreten«, erklärte Garcia Oliver. Die Motive für diese Kursänderung hat nach dem Kriege Santillan erklärt: »Wir wußten, daß ohne den Sieg im Krieg die Revolution nicht siegen konnte. Also mußte alles dem Krieg geopfert werden. Wir haben ihm schließlich die Revolution selbst geopfert, ohne zu merken, daß wir damit auch die Ziele des Krieges opferten... Das Komitee der Milizen hatte die Autonomie Kataloniens, die Legitimität des Krieges und die Auferstehung des wahren Spanien garantiert. Aber man hat uns gesagt und unermüdlich wiederholt: Solange ihr fortfahrt, die Herrschaft des Volkes selbst zu stützen, werden wir keine Waffen nach Katalonien schicken; wir werden euch keine Devisen geben, um Waffen im Ausland zu kaufen; wir werden euch keine Rohstoffe für eure Industrie senden... Deshalb ließen wir das Komitee der Milizen fallen und traten in die Regierung der Generalität ein. Wir übernahmen das Verteidigungsministerium und andere lebenswichtige Ministerien nur, um nicht den Krieg und mit ihm alles andere zu verlieren.«
    Jose Peirats 1

    Santillan ist einer der wenigen Intellektuellen des spanischen Anarchismus. Er hat in Madrid Philosophie und in Berlin Medizin studiert. Unter der Republik ist er in zweieinhalb Jahren fünfmal verhaftet worden; er hat lange Zeit im Gefängnis zugebracht.
»Es ist die Tragödie meines Lebens«, sagt er, »daß ich mich mit dem Krieg und seinen Folgen herumschlagen muß. Ich war immer Pazifist.«
Dabei war er bei den Straßenkämpfen des 19. Juli einer der aktivsten Anführer, und die Miliz ist zum großen Teil sein Werk. Dennoch sagt er mir: »Die Miliz hat ihre Aufgabe erfüllt. Siemuß in der neuen revolutionären Armee aufgehen. Es gibt keinen anarchistischen Krieg, es gibt nur eine einzige Art des Krieges, und dabei müssen wir gewinnen.
Wir werden ihn gewinnen, aber um den Preis vieler unserer Prinzipien. Der Anarchismus schließt den Krieg und seine Notwendigkeiten aus, und umgekehrt. Das eine ist mit dem andern unvereinbar.«
    H. E. Kaminski

    In den Augusttagen rätselten die Propaganda-Stellen der CNT-FAI lange an einem Satz Durrutis herum, der in einer Rundfunkansprache aus seinem Hauptquartier in Bujaraloz gefallen war: »Wir verzichten auf alles außer auf den Sieg.« Die anarchistischen Truppen widersetzten sich hartnäckig der Militarisierung, und ihre Gegner griffen zu allen Mitteln, um sie zur Räson zu bringen. Sie behaupteten deshalb auch, der große Guerrillero habe sich mit diesen Worten bereiterklärt, die Revolution dem Kriege aufzuopfern. Diese Vermutung ist absolut falsch. Wer das Temperament und die Überzeugungen Durrutis kannte, konnte ihr keinen Glauben schenken. Die revolutionäre Umgestaltung, die er in seinem eigenen Frontabschnitt einleitete, beweist allein schon das Gegenteil.
    Jose Peirats l

    Der Charakter der Truppe hat sich seit den ersten Wochen und Monaten der Revolution stark verändert. Sie besteht nicht mehr aus Proletariern, die sich über Nacht bewaffnet

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