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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Hauptkampflinie auflöst und die soziale Revolution auf ganz Spanien ausdehnt. Die folgenden Faktoren wirken zugunsten der Faschisten: Überlegenheit an Kriegsmaterial, drakonische Kasernenhofdisziplin, lückenlose Armeeorganisation, Polizeiterror gegen die Bevölkerung; ferner die Taktik des Stellungskrieges, der festen Frontlinien, der Truppenverschiebungen und massiven Stoßkeile, die an strategisch ausgewählten Punkten Entscheidungsschlachten erzwingen sollen.
Die Faktoren, die zugunsten des Volkes sprechen, sind absolut gegensätzlicher Natur: ein Überfluß an Mannschaften, die leidenschaftliche Initiative und Angriffslust des einzelnen und politisch bewußter Gruppen, die Sympathie der arbeitenden Massen im ganzen Land, die ökonomische Waffe des Streiks und der Sabotage in den vom Feind besetzten Gebieten. Diese moralischen und physischen Kräfte, die denen des Feindes weit überlegen sind, können aber nur genutzt werden von einer Guerilla, die mit ihren Handstreichen und Überfällen das ganze Land erfaßt.
Gewisse Teile der spanischen Volksfront verfolgen jedoch die politisch wohlmotivierte Absicht, den Militarismus durch den Militarismus zu bekämpfen, den Feind mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen, einen regulären Krieg der Armeekorps und der Materialschlachten zu führen, indem sie bei der allgemeinen Wehrpflicht, bei einem einheitlichen Oberkommando, bei einem strategischen Schlachtplan ihre Zuflucht nehmen, kurz, indem sie mehr oder weniger genau den Faschismus nachahmen. Auch manche unserer eigenen Genossen, die sich vom Bolschewismus haben beeinflussen lassen, fordern die Schaffung einer »Roten Armee«. Diese Haltung scheint uns in jeder Hinsicht gefährlich.
Wir brauchen heute in Spanien keine Berufsarmee, wir brauchen eine Miliz, die den Guerillakrieg führt.
    L‘Espagne Antifasciste

Sechste Glosse. Über den Niedergang der Anarchisten
    Die Spanische Republik ist seit ihrer Proklamation im Jahre 1931 bis zu ihrem Untergang im März 1939 immer ein bürgerlicher Staat gewesen. Eine »rote« Regierung in Madrid hat es nie gegeben. Die spanische Revolution vom Juli 1936 hat den existierenden Staatsapparat weder zerschlagen noch übernommen; sie hat ihn zuerst unterlaufen, dann mattgesetzt. Ihre einzige organisierte Triebkraft war die anarchistische Arbeiterbewegung. Die anfänglichen Siege im Bürgerkrieg sind ihrer mobilisierenden Kraft zu verdanken.
Von der ersten Stunde an standen sich also im freien Teil Spaniens zwei Lager unversöhnt und unversöhnlich gegenüber: auf der einen Seite das Regime der revolutionären Demokratie, dessen politischer Arm die spontan entstandenen Räte und Komitees, dessen militärischer Arm die Milizen und dessen ökonomischer Ausdruck die Produktionskollektive in Landwirtschaft und Industrie waren; auf der anderen Seite der alte bürgerliche Staat der Republik mit seiner politischen Administration, seiner regulären Armee und seiner kapitalistischen Eigentums- und Produktionsstruktur. Diametral verschieden und miteinander unvereinbar waren die Methoden der Kriegführung, die jede der beiden Seiten für die einzig richtige hielt. Während der traditionelle Staatsapparat mit einer hierarchisch gegliederten Armee, geführt von professionellen Generälen, einen konventionellen Feldzug führen wollte, zielten die Sieger des 19. Juli auf den revolutionären Volkskrieg, der nur mit politisch motivierten Milizen und mit den Methoden der Guerilla zu einem siegreichen Ende gebracht werden konnte. Das Resultat dieser Ausgangslage war die Doppelherrschaft, die von Juni bis tief in den Herbst des Jahres 1936 andauerte. Der Widerspruch, der ihr zugrunde lag, war jedoch antagonistisch. Er konnte nur gewaltsam gelöst werden. Die Folge war ein Bürgerkrieg innerhalb des Bürgerkrieges, der zuerst auf kalte Weise und gleichsam verdeckt, dann aber immer offener ausgetragen wurde. Dabei standen sich die folgenden Kräfte gegenüber: auf der einen Seite die CNT-FAI, unterstützt von der POUM (Partido Obrero de Unificacion Marxista), einer linken Splittergruppe der Kommunisten; auf der andern Seite die bür gerlichen Parteien der Republik, geführt von den Sozialdemokraten unter Largo Caballero, und die Kommunistische Partei Spaniens, getragen von der massiven Unterstützung der Sowjetunion. Dabei gelang es den Kommunisten, die Sozialdemokraten rechts zu überholen und sich als die eigentliche Partei des Kleinbürgertums zu profilieren; selbstverständlich folgten sie damit nur

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