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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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seien aus Katalonien gekommen, um Madrid zu retten, und sie würden Madrid retten. Danach aber würden sie nicht hier bleiben, sondern nach Katalonien zurückkehren, vor die Mauern Zaragozas.
Sie baten, der Truppe Durrutis einen besonderen Abschnitt anzuweisen, wo die Anarchisten zeigen könnten, was sie leisten. Andernfalls seien Mißverständnisse möglich, ja sogar eine derartige Situation, daß sich andere Parteien die Erfolge der Anarchisten zuschreiben könnten.
Rojo schlug vor, die Truppe in der Casa del Campo zu belassen, damit sie morgen die Faschisten angreife und sie aus dem Park in südwestliche Richtung jage. Durruti und Oliver waren einverstanden. Später sprach ich mit ihnen. Sie waren überzeugt, daß die Truppe ihre Aufgabe ausgezeichnet erfüllen würde.
    Michail Kol‘cov

    Am 15. November war ich in Madrid. Ich ging ins Kriegsmini sterium, um den General Goriev zu sprechen, der das militärische Kommando übernommen hatte. Ich fragte eine Ordonnanz, wo der General zu finden wäre. Der Mann winkte mir, ihm zu folgen; während wir durch die langen Korridore schritten, rief er allen, die wir trafen, zu: »Habt ihr den russischen General gesehen? Wo sitzt der russische General?« Gorievs Anwesenheit war streng geheim; aber die Spanier hassen Geheimnisse.
Spät am Abend saß ich bei Goriev im Hauptquartier. Der General wartete auf die letzten Meldungen von der Front. Durruti und seine Kolonne waren bereits im Einsatz. Ein Offizier der Roten Armee, ein hochgewachsener Tscherkesse, war ihm als Adjutant beigegeben worden. Die Anarchisten hielten die Front am Garabitas-Hügel in Casa de Campo, eine Stellung, die die Zugänge ins Zentrum von Madrid beherrschte. Es waren frische Truppen; Goriev hatte ihnen einen wichtigen Abschnitt anvertraut.
Kurz nach Mitternacht traf der Tscherkesse ein und meldete, die Anarchisten hätten sich in panischer Flucht vor einer kleinen marokkanischen Einheit zurückgezogen. Damit lag das Universitätsgelände dem Zugriff Francos offen.
Durruti verlangte von seinen Leuten, daß sie kämpften. Das machte ihn unpopulär. Ich traf ihn öfters abends im Hotel Gran Via. Er war von einer starken Leibwache umgeben, die die Finger immer am Abzug ihrer Maschinenpistole hatten.
    Louis Fischer

    Die Kolonne Durruti trat mit dem einigermaßen prahlerischen Anspruch auf, Madrid zu retten. Das wollte sie überdies in aller Eile tun, damit sie sobald wie möglich nach Aragon zurückkehren konnte. Sie verlangte, denjenigen Frontabschnitt zu übernehmen, an dem der Gegner die tiefsten Einbrüche erzielt hatte; dort wollte sie ihn zurückwerfen. Es wurde ihr der Abschnitt Casa de Campo zugeteilt.
Ich habe Durruti am 18. oder 19. November kennengelernt. Wir trafen uns in Miajas Generalstab zu einer Lagebesprechung, bei der einige Abschnittskommandeure der Madrider Front anwesend waren. In dieser Besprechung verlangte Durruti, daß seine Truppen abgelöst und nach Aragon zurückgeschickt würden. Mehrere Offiziere, darunter ich, gaben zu bedenken, daß es jämmerlich wäre, eine Truppe abzulösen, die kaum drei Tage im Einsatz gewesen war. An derselben Front kämpfte die überwiegende Mehrzahl der Soldaten seit dem ersten Kriegstag, ohne auch nur einen einzigen Tag Urlaub bekommen oder verlangt zu haben. Dennoch waren wir dafür, die Kolonne Durruti abrücken zu lassen, wenn sie darauf bestand. Wir würden Madrid eben ohne sie verteidigen, so wie wir es vor ihrer Ankunft getan hatten.
Daraufhin gab Durruti einige Erklärungen über den Charak ter, die Gewohnheiten und die Auffassungen von Disziplin und Befehlsgewalt ab, die in seiner Einheit herrschten. Ich verstand die Tragik dieses starken und guten Menschen, eines mutigen Kämpfers, der zum Opfer der Ideen geworden war, für die er eintrat. Er versprach, alles zu tun, um seinen Männern verständlich zu machen, daß es notwendig war, Madrid weiter hin zu verteidigen. Wir verließen die Besprechung gemeinsam und verabschiedeten uns in aller Freundschaft; jeder kehrte an seinen Abschnitt zurück.
    Enrique Lister

    Die reinsten Barbaren
    Ja, wir kamen nach Madrid, und was sehen wir da auf der Straße? Da steht so ein Trottel herum und kommandiert vier oder fünf Typen, rechtsum, linksum, und alle hatten ein Gewehr in der Hand. Das war uns zuviel. Damit haben wir gleich Schluß gemacht. »Ihr spinnt wohl, hier wird nicht exerziert, hopp, an die Front!« Natürlich hatten wir bald Ärger. Alle fingen an zu zittern, auch die Regierung, und schrien:

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