Der kurze Sommer der Anarchie
Kommando hätten entsenden können, aber daran war ja nicht zu denken.
Juan Garcia Oliver 2
Durruti ist ungern nach Madrid gegangen. Erst auf einer Konferenz aller Befehlshaber der Aragon-Front wurde der Beschluß gefaßt, unter seiner Führung zum Entsatz der belagerten Hauptstadt eine eigene Kolonne aufzustellen, an der sich auch die Sozialisten und andere Einheiten beteiligen sollten. Durruti hatte bis zuletzt für eine entscheidende Offensive auf Zaragoza plädiert. Dafür fehlte es jedoch an Waffen und an Munition. So kam es zur Entsendung der Kolonne nach Madrid. Sie war etwa 6000 Mann stark und verfügte über einige Batterien Artillerie. Damit mußte sich Durruti begnügen; die Sozialdemokraten hatten sich geweigert, unter seinem Befehl zu kämpfen.
Diego Abad de Santillan 1
Ich weiß nicht, ob es stimmt, daß der General Miaja in Madrid Durrutis Truppen Feiglinge genannt hat. Wenn er es wirklich gesagt hat und wenn es wahr ist, daß sich diese Truppe in Madrid schlecht geschlagen hat, so muß man dabei eines bedenken: es waren zum größten Teil Leute ohne jede Fronterfahrung, die da von einem Tag auf den andern in einen Hexenkessel geschickt worden sind.
Ich kann mit aller Bestimmtheit versichern, daß sich das Gros der Kolonne Durruti nie von seinem Abschnitt an der Aragon-Front entfernt hat und daß die Truppen, die Durruti nach Madrid geführt hat, in der Hauptsache Freiwillige waren, die die anarchistischen Organisationen in Barcelona kurzfristig rekrutiert und aufgestellt hatten.
Ich erinnere mich an den letzten Abend, den Durruti mit seiner Kolonne in Aragon verbrachte. Nach dem Essen sprach er von seiner Abreise und fragte: »Wer kommt mit?«
Ich selbst kam von vornherein nicht in Betracht. Durruti sagte, daß er nur ein paar seiner Getreuen mitnehmen wolle, zu seiner Begleitung und als Truppenführer für die Ersatzmannschaften, die er in Madrid befehligen werde.
Jesus Amal Pena 2
Ich hatte eine Tochter, die hat sich damals verheiratet, und natürlich bin ich nach Haus gefahren, nach Badalona. Ich nahm mir einen Tag Urlaub, um dabei zu sein. Damals brauchten wir keinen Pfarrer. Alle unterschrieben wir das Papier, und das war alles. Wir hatten ein kleines Festessen hergerichtet. Ich mußte eine Rede halten, und ich sagte: »Ich hoffe, daß ihr es gut miteinander habt, daß ihr freundlich zueinander seid, daß ihr glücklich werdet. So wie es jetzt aussieht, seid ihr gut daran, denn das Volk hat die Macht in die Hand genommen.« Und so weiter. Auf einmal höre ich ein Auto, und zwei Genossen kommen zur Tür herein und sagen: »Rionda, was ist denn hier los? Wir müssen dich sprechen.«
- »Das seht ihr doch, meine Tochter heiratet.« - »Durruti hat angerufen, aus Barcelona, er braucht dich, denn die Kolonne fährt noch heute nach Madrid.«
- »Was, nach Madrid? Das ist ja das erste, was ich höre.« Also Hochzeit hin, Hochzeit her, ich steh vom Tisch auf und hole meinen Revolver und steige zu ihnen ins Auto, und wir fahren auf und davon.
Ricardo Rionda Castro
Vor seiner Abreise nach Madrid sagte Durruti zu seinen Männern: »Die Lage in Madrid ist bedrückend, fast aussichtslos. Gehen wir also hin, lassen wir uns umbringen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als in Madrid zu sterben.«
Ramon Garcia Lopez
Wir befanden uns in einer schrecklichen Lage; wir waren völlig in die Enge getrieben. Durch die Waffenhilfe der Sowjetunion hatten die Kommunisten ungeheuer an Einfluß gewonnen. Wir mußten dauernd befürchten, daß den spanischen Anarchisten ein ähnliches Los bevorstand wie einst den Anarchisten in Rußland. Schon deshalb war Durruti mit allem einverstanden. Er begriff, daß wir überall zur Stelle sein mußten. Jedes Paktieren mit den Faschisten mußte verhindert werden. (Die Republikaner hatten vom ersten Tag des Bürgerkriegs an immer wieder versucht, Friedensfühler auszustrecken.) Ich kann sagen, daß der Kampf ohne uns niemals drei Jahre lang geführt worden wäre.
Für die Moral der Verteidiger von Madrid war die Ankunft Durrutis und seiner Division von großer Bedeutung. Die Leute waren wie elektrisiert, als die Kolonne durch die Stadt zog. Überall hieß es: Durruti ist da, Durruti ist da!
Federica Montseny 1
Die Gefahr
Sofort nach seiner Ankunft meldete sich Durruti beim Befehls haber der Streitkräfte, dem General Miaja, und seinem Stabschef, dem Major Vicente Rojas, und kündigte das bevorstehende Eintreffen seiner Truppen an.
Noch am gleichen Tag inspizierte er
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