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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nicht, sie ist erst später gegründet worden. Deshalb organisierten wir uns lokal, Leute, die sich vom Wohnviertel oder vom Betrieb her kannten. Wir mußten uns bewaffnen, und wir brauchten Geld, um zu überleben.
    Ricardo Sanz

    Mitglieder der Gruppe Los Solidarios (1923-1926)
    Francisco Ascaso aus Aragon, Kellner, geboren 1901
Ramona Berni, Weberin
Eusebio Brau, Eisengießer, 1923 von Polizisten getötet
Manuel Campos aus Kastilien, Zimmermann
Buenaventura Durruti, Schlosser und Monteur aus Leon, geboren 1896
Aurelio Fernandez aus Asturien, Mechaniker, geboren 1897
Juan Garcia Oliver aus Katalonien, Kellner, geboren 1901
Miguel Garcia Vivancos aus Murcia, Dockarbeiter, Maler, Chauffeur, geboren 1895
Gregorio Jover, Tischler
Julia Lopez Mainar, Köchin
Alfonso Miguel, Kunsttischler
Pepita Not, Köchin
Antonio Ortiz, Schreiner
Ricardo Sanz aus Valencia, Textilarbeiter, geboren 1898
Gregorio Soberbiela oder Suberviela aus Navarra, Mechaniker
Maria Luisa Tejedor, Modistin
Manuel Torres Escartin aus Aragon, Bäcker, geboren 1901
Antonio »El Toto«, Tagelöhner
    Ricardo Sanz 2/Cesar Lorenzo

    Ascaso
    Ich traf die beiden Brüder Ascaso zum ersten Mal in Zaragoza. Das war 1919, als die russische Revolution sich noch nicht autoritär verfestigt hatte und auf die arbeitenden Massen in der ganzen Welt, auch in Spanien, eine subversive Suggestion sondergleichen ausübte.
Die Brüder Ascaso gehörten damals der Gruppe Voluntad an, die auch eine gute Zeitung gleichen Namens herausgab.
In Zaragoza kam es seinerzeit zu einer plötzlichen Erhebung der Soldaten in der Carmen-Kaserne. Eines nachts überwältigten einige Soldaten, ohne daß sie die Anarchisten zuvor verständigt hätten, die Wachen, töteten einen Offizier und einen Feldwebel und bemächtigten sich der ganzen Kaserne unter dem Ruf: »Es leben die Sowjets! Es lebe die soziale Revolution!« Dann liefen sie in die Stadt und besetzten die Telefonzentrale, das Post- und Telegrafenamt und die Redaktionen der Zeitungen. Da sie aber in ihrer Begeisterung naiv und planlos waren und nicht wußten, was sie um vier Uhr morgens anfangen sollten, kehrten sie schließlich in die Kaserne zurück und verschanzten sich dort. Als die Guardia Civil anrückte, mußten sie sich nach kurzem Kampf ergeben. Die Polizei versuchte natürlich, aus den Meuterern Hinweise auf die Rädelsführer und Anstifter herauszuholen, aber da es solche nicht gab, war ihre Mühe vergebens. Die Militärjustiz stand vor der Frage, ob sie alle oder keinen erschießen sollte. Doch ein Feigling findet sich immer, und in diesem Fall war es der Chefredakteur der Lokalzeitung Heraldo de Aragon, der sieben Soldaten, die die Druckerei besetzt hatten, an die Polizei verriet. Sie wurden sofort standrechtlich erschossen. Der Haß auf diesen Speichellecker, der ständig gegen die Anarchisten und die Gewerkschaftler gehetzt hatte, drückte einem unserer Genossen die Pistole in die Hand; er durchsiebte ihn mit seinen Kugeln. Daraufhin wurde wegen dieser Tat Anklage gegen die beiden Brüder Ascaso erhoben. Der ältere, Joaquin, konnte fliehen, der jüngere, Francisco, ein Kellner, wurde festgenommen. Der Wirt, die Kellner und die Gäste des Hotels, in dem er arbeitete, sagten übereinstimmend aus, daß er zur fraglichen Zeit serviert habe. Dennoch wäre er sicherlich zum Tod verurteilt worden, wie es der Staatsanwalt beantragt hatte, wenn nicht die Bevölkerung von Zaragoza sich gewehrt und für den Tag der Urteilsverkündung den Generalstreik ausgerufen hätte. Die Jury zog es unter diesen Umständen vor, Ascaso freizusprechen. Als der achtzehnjährige Ascaso lächelnd vor das Gefängnistor trat, rief die Menge, die ihn erwartete: »Es lebe die Anarchie!«, und wir, die wir noch im Gefängnis saßen, stimmten in diesen Ruf ein. Da er in Zaragoza keine Arbeit finden konnte und ständig von der Polizei verhaftet wurde, ging Ascaso nach Barcelona. Das war 1922. Er wurde dort zu einem der Organisatoren der Lebensmittel-Gewerkschaft. Auch in der Verbindungs-Kommission der Anarchisten spielte er eine Rolle. Eines Tages kündigte er mir an, er wolle nach La Coruna gehen und dort als Kellner anheuern; die Aussichten seien gut, weil die Arbeitsvermittlung für die Handelsflotte in den Händen der anarchistischen Gewerkschaftler wäre. Kaum kam er in der Stadt an, da wurde er auch schon verhaftet, unter dem Verdacht, er plane ein Attentat auf Martinez Anido, der sich zufällig am selben Tag in La Coruna aufhielt. Da es keine Beweise

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