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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Jover sich durch heitere Ruhe und mutige Energie aus. Nach der Hinrichtung des Ministerpräsidenten Dato durch die Arbeiter mußten Anido und Arlegui zurücktreten. Die Gewerkschaften wurden legalisiert. Die Organisation konnte wiederaufgebaut werden. Damals lernte Jover Durruti und die Brüder Ascaso kennen.
Die erste öffentliche Kundgebung in Barcelona nach drei Jahren blutiger Unterdrückung wurde zu einem großen Erfolg. Ein Aufruf der Holzarbeiter-Gewerkschaft genügte, um das Victoria-Theater, einen der größten Säle Spaniens, bis zum Bersten zu füllen. Die Veranstaltung begann mit der Verlesung einer langen Liste: der Namen von 107 gefallenen Vorkämpfern der CNT.
Von da an entfalteten die anarchistischen Gruppen in Barcelona eine fieberhafte Aktivität. Sie gründeten Kulturzentren und Arbeiterschulen; ihre Zeitung, die Solidaridad Obrera, erreichte eine Auflage von 50 000 und übertraf damit alle bürgerlichen Tageszeitungen der Stadt.
    V. de Rol

Das Schulgeld
    Ich bin schon 1915 zur anarchistischen Bewegung gestoßen, während des Ersten Weltkriegs, unter dem Einfluß meines Vaters, der ein Kommunard war und 1871 in Paris an den Barrikaden gekämpft hat.
Ich war damals noch keine neunzehn Jahre alt, ich schrieb meine ersten Artikel, da brach der Krieg aus. Ich war Internationalist, ich wollte an diesem Krieg nicht teilnehmen. Da bin ich nach Spanien gegangen, weil Spanien ein neutrales Land war, und natürlich habe ich auch dort sogleich Kontakt aufgenommen mit der Bewegung und wurde aktiver Anarchist. Ich habe mich zehn Jahre lang durchgeschlagen als Tagelöhner, als Hilfsarbeiter in einer Schmiede, in einem Hüttenwerk, ich habe ein Dutzend verschiedener Berufe ausgeübt, bis ich achtundzwanzig war. Da bin ich, aus dem Stegreif sozusagen, Lehrer geworden, kein Professor, nein, eher Volksschullehrer, in einer freien Schule in La Coruna, das liegt in Galicien im nordwestlichen Zipfel von Spanien. Es waren die Gewerkschaften, die CNT, die diese Schule einrichteten und trugen, die Matrosen, die Dockarbeiter und Schauerleute. Das nötige Kapital für den Anfang hat Durruti uns beschafft.
Dabei ist es natürlich nicht legal zugegangen. Jetzt kann ich es Ihnen ja ruhig sagen: Es war ein Überfall, nicht auf eine Bank diesmal, sondern auf eine Wechselstube. Durruti ist hingegangen, mit der Pistole in der Hand, hat das Geld verlangt, es gab eine Schießerei, die Gewerkschaft bekam ihr Geld, die Schule konnte anfangen, das ist alles.
Ein solches Vorgehen kann man nicht mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der Hand beurteilen. Sehen Sie, ich habe selbst Situationen erlebt, in denen ich vielleicht bereit gewesen wäre zu töten, vorausgesetzt, ich hätte den Mut dazu gehabt. Man muß das Elend, das entsetzliche Elend gesehen haben, das damals in Spanien herrschte, um die Verzweiflung dieser Männer zu verstehen und ihre Handlungen zu begreifen.
    Gaston Leval

    Drei Razzien
    Eine Welle neuer Kämpfe löste der Streik der U-Bahn-Bauarbeiter von Barcelona gegen die Baufirma Hormaeche aus. Dieses Unternehmen war ein alter Feind der CNT. Es hatte eine Bande von Kriminellen engagiert, um die Anführer der Streiks aus dem Weg zu räumen. Die Anarchisten mußten sich wehren.
In Leon wurde der frühere Gouverneur von Bilbao, Gonzalez Regueral, erschossen. Die Polizei suchte, wie gewöhnlich, die Schuldigen in den Reihen der Gruppe Los Solidarios. Der Verdacht fiel zuerst auf Durruti. Er konnte jedoch nachweisen, daß er sich am fraglichen Tag in Brüssel einen Paß ausstellen ließ. Daraufhin wurde Ascaso beschuldigt, aber dieser hatte ebenfalls ein Alibi: er war am Tag des Attentats in La Coruna verhaftet worden. Schließlich verfiel die Polizei auf die Anarchisten Arrarte und Suberviola. Diese beiden tauchten in Barcelona unter.
Durch einen Zufall erfuhren die Behörden die Termine und Treffpunkte von Suberviola, Arrarte, Ascaso dem Jüngeren und Jover. Das Haus, in dem sich Suberviola aufhielt, wurde umstellt. Statt sich zu ergeben, versuchte er auszubrechen und stürzte, in jeder Hand eine Pistole, auf die Polizisten zu, die erschreckt zurückwichen; aber andere Beamte, die sich hinter den Ecken und in den Hauseingängen versteckt hielten, töteten ihn mit mehreren Schüssen. Bei Arrarte erschienen einige Polizisten in Zivil, die sich als verfolgte Genossen ausgaben. Er gab vor, ihnen Glauben zu schenken, versprach, sie in die Wohnung eines Genossen zu bringen, wo sie in Sicherheit wären, und versuchte, sie

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