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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zu erklären, auf welcher Seite sie ständen. Sie antworteten, der Grenzschutz sei regierungstreu; Polizeiaufgaben kämen ihm nicht zu, er diene nur der Bekämpfung des Schmuggels und der Zollsicherung. Die Besatzung der Kaserne versicherte auf Ehrenwort, daß sie der Kampfgruppe Garcia Olivers nicht in den Rücken fallen werde. Zu einem weiteren Aufenthalt kam es am Frauengefängnis in der Amalia-Straße. Es mußte durchsucht werden, weil es nicht ausgeschlossen war, daß sich auch dort Faschisten eingenistet hatten. Das war nicht der Fall. Doch wurde das Gefängnis, das für den Fall eines Rückschlages als Auffangstellung dienen konnte, geräumt. Die gefangenen Frauen verließen ihre Zellen, weinend vor Freude oder vor Angst, manche waren vor Aufregung hysterisch. Von der Straße Abad Zafont her nähert sich jetzt Ascaso mit seinen Männern der Gruppe Garcia Oliver. Er trägt einen verschlissenen braunen Anzug und leichte Sandalen, die entsicherte Pistole in der Hand.
»Sie ziehen sich ins Moulin Rouge zurück! Jetzt sind sie fällig!«
»Ihr da drüben besetzt das Dach des Hauses, wo die Chicago-Bar ist, und nehmt sie von oben her unter Feuer. Aber nicht in die Gegend ballern, es muß genau gezielt werden! Wenn wir euer MG hören, stürmen wir den Paralelo und räuchern sie aus.«
Während der Stoßtrupp an die Flores-Straße zur Chicago-Bar vorgeht, warten die andern. Sie legen eine Zigarettenpause ein. Die Soldaten schießen immer noch, aber sie sind bereits in der Defensive und haben kein genaues Ziel mehr. Obwohl von allen Seiten Schüsse fallen, sind auf den Straßen ein paar Neugierige unterwegs. Sie halten sich in der Nähe der Hauseingänge, um jederzeit Deckung zu finden.
Endlich ist vom Dach her eine Garbe zu hören. Jetzt antwortet von allen Seiten MG-Feuer, dazwischen der kleine Knall der Pistolen.
»Es lebe die FAI! Vorwärts!«
Die Führer der Anarchisten setzen zum Sturm an und überqueren den Paralelo. Eine Frau in einem rosa Bademantel, mit bleichem, ungeschminktem, übernächtigem Gesicht, wirft die Arme in die Höhe und ruft:
»Es leben die Anarchisten!«
    Luis Romero

    An der Plaza de Cataluna gehen die bewaffneten Arbeiter von den Querstraßen her und aus den Metroschächten auf die Soldaten los. Auch die Guardia Civil eröffnet das Feuer auf die Putschisten. Sogar eine Kanone ist in Stellung gebracht worden. Aber im Hotel Colon verfügen die Aufständischen noch über einige Maschinengewehre, die blindlings in die vorstürmende Menge feuern. Der Kampf dauert über eine halbe Stunde, dann ist der Platz mit Toten übersät. Endlich, während das Erdgeschoß bereits in der Hand der Guardia Civil ist, erscheinen in den Fenstern des Colon-Hochhauses die ersten weißen Fahnen. Nur im Gebäude der Telefongesellschaft leisten die Faschisten noch Widerstand. Es sind die Anarchisten, an ihrer Spitze Durruti, die das Gebäude stürmen werden. Sie gehen vom oberen Ende der Ramblas aus vor. Der Gehsteig in der Mitte der Straße ist mit Toten bedeckt, unter ihnen der Sekretär der Föderation von Barcelona, Obregon. Die Angreifer erreichen endlich die Puerta de Angel. Durruti betritt als erster das Foyer der Telefonica, die nun Stockwerk für Stockwerk gesäubert wird. Die Plaza de Catalunya, das Zentrum von Barcelona, ist fest in der Hand der Arbeiter.
    Abel Paz 1 / Diego Abad de Santillan 2

    Auf den Ramblas war eine 7,5-cm-Kanone in Stellung gegangen, die aus immer kürzerer Entfernung die Mauern der Atarazanas-Festung beschoß und riesige Breschen riß. Unterdessen fanden sich der Kaserne gegenüber Hunderte von Arbeitern ein. Das Volk von Barcelona selbst schoß auf die Kaserne; Frauen und Kinder schleppten Munition herbei und brachten den Männern an den Barrikaden Lebensmittel und Nachschub.
    Ricardo Sanz 1

    Ascasos Tod
    Beim Endkampf um die Atarazanas-Kaserne und das Wehrkreiskommando am unteren Ende der Ramblas liegt die Initiative jetzt ganz bei den Anarchisten. Sie sind schon bis an die Ramblas de Santa Monica vorgedrungen. Jenseits der Kaserne, am Friedenstor, stehen neben den Straßenkämpfern der CNT einige Polizeieinheiten und Antifaschisten aus anderen Organisationen in Zivil. Angeführt von Francisco Ascaso, der seine 9mm-Astra stets gezogen hat, gehen die Mitglieder des Verteidigungskomitees der Anarchisten vorsichtig, gedeckt durch die starken Bäume der Ramblas-Promenade, in südlicher Richtung vor: Durruti, Ortiz, Valencia, Garcia Oliver und die Aktivisten der anarchistischen

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