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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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als die beiden nach den Ereignissen vom Oktober 1934 zum Tode verurteilt worden waren.
    Marguerite Jouve

    Alle Kirchen in Barcelona sind niedergebrannt worden, mit Ausnahme der Kathedrale, deren unermeßlich wertvolle Kunstschätze die Generalität hat retten können. Die Mauern der Kirchen stehen noch, aber ihre Innenräume sind vollständig zerstört worden. Manche Kirchen rauchen immer noch. An der Ecke Ramblas-Paseo Colon liegt das Gebäude der italienischen Linien-Reederei Cosuchlich in Trümmern. Es heißt, dort hätten sich italienische Scharfschützen verschanzt; die Arbeiter hätten das Haus gestürmt und in Brand gesteckt. Abgesehen von den Kirchen und diesem einen Gebäude ist es nirgends zu Brandstiftungen gekommen.
    Franz Borkeau

    Als der Sieg errungen war, begann die Menschenjagd in Barcelona und in der Provinz: die Jagd auf die Priester, die Mönche und Nonnen, auf die Aristokraten, die reichen Bürger, auf alle, mit denen man abrechnen wollte. Die Klöster und Kirchen wurden angezündet und die Wohnhäuser der Reichen geplündert.
Die Verantwortung für diese Welle des Terrors fällt aber nicht allein auf die Anarchisten zurück. Viele dieser Handlungen sind spontan aus dem lange schwelenden Haß des Volkes gegen die besitzende Klasse und gegen die Kirche entstanden. Außerdem waren die Gefängnisse geöffnet worden. Räuber, Diebe und Mörder hatten sich zu Banden zusammengeschlossen und gingen nach Herzenslust ihren Neigungen nach.
Die Bilanz dieser ersten Tage der Revolution wird sich vielleicht nie genau ziehen lassen. In Katalonien allein wurden siebenhundert Priester, Mönche und Nonnen ermordet, gequält und grausam massakriert. Scheußliche Szenen spielten sich ab. Man schätzt die Zahl der Getöteten in Katalonien auf 25 000, und die der Gefangenen auf 10 000.
    Jean Raynaud

    Ein ausländischer Geschäftsmann, dessen spanische Freunde meist aus Unternehmerkreisen stammen, sagt mir: »Als Ausländer ist man hier einigermaßen sicher. Aber die Spanier!« Damit meint er natürlich die Spanier, die er kennt und die meist dem Unternehmerverband von Katalonien angehören. »Hunderte und Tausende von ihnen sind in den ersten Tagen umgebracht worden. Gleich nach der Niederlage des Militärs haben die Arbeiter angefangen, mit ihren persönlichen Feinden abzurechnen.« Diesen Ausdruck hatte ich bereits gehört, und ich bestand darauf, die genauen Tatsachen zu erfahren.
Es stellte sich heraus, daß jene Abrechnungen vielleicht nicht so sehr persönlicher Natur waren. Was in Wirklichkeit geschehen ist, scheint folgendes zu sein: Die Priester wurden getötet, nicht weil sie als Einzelpersonen verhaßt gewesen wären (das könnte man »Abrechnung mit persönlichen Feinden« nennen), sondern weil sie Priester waren; und die Unternehmer, besonders in den Textilbetrieben in der Gegend von Barcelona, wurden von ihren Arbeitern umgebracht, wenn sie nicht rechtzeitig geflohen waren. Die Direktoren von Großunternehmen wie der Straßenbahngesellschaft von Barcelona, die als Gegner der Arbeiterbewegung bekannt waren, wurden von Sonderkommandos der betreffenden Gewerkschaft getötet. Die führenden Politiker der Rechten fielen Sonderkommandos der Anarchisten zum Opfer.
Es ist nur natürlich, daß mein Gesprächspartner, der bei diesem Massaker Freunde und vielleicht sogar enge Freunde verloren hat, darüber entsetzt ist. »Ein Bild des Schreckens«, ruft er aus. »Menschen ohne Gerichtsverfahren, ja sogar ohne Anklage erschossen, nur auf Grund ihrer Identität, ihrer gesellschaftlichen Stellung oder ihrer politischen und religiösen Ansichten wegen! Umgebracht von ihren persönlichen Feinden! Diese Anarchisten! Diese POUM-Leute! Diese Gangster! Die Sozialisten und die Kommunisten, das muß man ihnen lassen, benehmen sich besser, und die Regierung der Generalität mit ihrer Esquerra-Partei ist selber entsetzt darüber.«
    Franz Borkenau

    Die Bereitschaftspolizei wurde immer mehr vom Anarchismus angesteckt. Ihre Quartiere leerten sich, die Polizisten gingen auf die Straße. Auch die Mozos de Escuadra, die Provinzgarde der katalonischen Regierung, war demoralisiert. Auf dem Balkon eines Wohnhauses, nur ein paar Blocks weit vom Sitz des Präsidenten von Katalonien entfernt, sind drei oder vier Männer damit beschäftigt, Möbel auf die Straße hinunterzuwerfen. Der Vorfall ist banal; bei jedem Aufruhr kommt es vor, daß die Wohnungen des Gegners angegriffen werden. Wenn man ihn nicht antrifft, so hält man sich an

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