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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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lassen, direkt bevor mein Aufnahmebrief von Hogwarts ankam.«
    Benson sieht mich nur mit hochgezogener Augenbraue an.
    »Ernsthaft, ich hatte eine völlig normale Kindheit. Es ist wirklich nichts Herausragendes an mir.«
    Seine Hand fängt meine ab, als ich nach einer neuen Scheibe Salami greife, und umklammert meine Finger so schnell, dass es beinahe schmerzt. »Das stimmt nicht«, flüstert er. Dann lässt er los, als sei es nie passiert, und fährt fort. »Hältst du es für möglich, dass deine Eltern in irgendeine Art von organisiertem Verbrechen verwickelt waren?«
    Ich pruste los, bevor ich die Hand vor den Mund halten kann. »Wohl kaum«, sage ich. »Glaub mir, sie waren nicht der Typ dafür. Und, äh, wir hatten sicher nicht genug Geld, als dass einer von meinen Eltern heimlich in so etwas Extremes hätte verwickelt sein können.«
    »Was ist mit Reese und Jay?«
    Ich bin wieder ernst. »Das würde mich tatsächlich gar nicht überraschen. Reese vor allem. Sie ist echt verschwiegen, was ihre Arbeit angeht.« Ich zögere, dann spreche ich den Verdacht aus, der an mir nagt, seit Jay Reese gestern Samantha genannt hat. »Was, wenn … was, wenn sie eigentlich gar nicht meine Tante und mein Onkel sind?«
    Benson zieht die Augenbrauen zusammen. »Könnte das denn sein?«
    »Leider ja. Ich kannte sie vorher nicht. Sie könnten wer weiß wer sein. Und es scheint mir einfach ein zu großer Zufall zu sein, dass sie so daran interessiert sind, was mir gerade passiert, wenn sie bis vor acht Monaten kein Teil meines Lebens waren.«
    »Wie kann es sein, dass du das nicht sicher weißt?«, fragt Benson. »Hast du sie vor dem Absturz nie getroffen?«
    »Es ist ein bisschen … kompliziert.« Wie alles in meinem Leben . »Sie sind im Prinzip entfernte Verwandte, die bis vor, ich schätze mal zehn Jahren, nicht einmal in der Nähe waren, und ein paar meiner Erinnerungen von vor dem Absturz sind wacklig. Ich erinnere mich schon an Reese, glaube ich, aber es ist so lange her, dass es auch die Erinnerung an jemanden sein könnte, der ihr sehr ähnlich sieht.«
    »Können dir das nicht deine, ich weiß nicht, deine Großeltern sagen?«
    »Meine Stiefoma ist vor ein paar Jahren gestorben. Auf ihrer Beerdigung habe ich Reese eigentlich das letzte Mal gesehen, aber sie war ganz verheult und hatte eines von diesen schicken Schleierdingern am Hut, das einen Teil ihres Gesichts verdeckt hat. Wenn ich zurückdenke, erinnere ich mich nur an den Schleier. Er war durchscheinend, da bin ich mir sicher. Aber in meiner Erinnerung verdeckt er alles.«
    »Andere Geschwister?«, fragt Benson, auch wenn ich den Verdacht habe, er ahnt meine Antwort.
    »Na ja, du weißt, dass ich Einzelkind bin. Mein Vater war auch eines, bis Opa Reese’ Mutter geheiratet hat. Und sie hat hauptsächlich bei ihrem Vater gelebt.«
    »Und du hast nie versucht, mit jemandem Kontakt aufzunehmen, ich meine, von daheim?«
    Meine Erinnerungen an Michigan sind die verschwommensten von allen; Namen und Telefonnummern entgleiten meinem Bewusstsein wie Sand, der mir durch die Finger rinnt. Aber es ist noch mehr – und schwer, jemandem zu erklären, der noch Familie hat. »Wenn du … alle verlierst … sieht dich niemand mehr wie vorher. Selbst die Ärzte und Krankenschwestern, die mich nicht kannten, haben mich mit diesen furchtbaren Blicken angeschaut.«
    »Mitleid?«, flüstert Benson.
    »Es ist mehr als Mitleid.« Ich fühle, wie jetzt ernsthaft die Tränen in mir aufsteigen, und schüttle den Kopf. »Meine Eltern …« Meine Stimme bricht. Ich hole Luft und nehme einen zweiten Anlauf. Wenn sie noch am Leben wären, würde das alles nicht passieren – na ja, das kann ich wohl nicht wissen. Aber selbst wenn es so wäre, könnte ich damit zu ihnen gehen. »Ich habe immer noch versucht, mit allem klarzukommen, und als Reese und Jay mir dann im Grunde die totale Abgeschiedenheit in ihrem Haus angeboten haben, habe ich sie angenommen.« Während ich es ausspreche, wird mir bewusst, dass ich wirklich eine Einsiedlerin bin.
    Wenn ich verschwände, wie dieser Mann vor dem Süßigkeitengeschäft … würde es niemand erfahren.
    Diese Möglichkeit entsetzt mich.
    »Ich wollte einfach nicht zurück«, sage ich schließlich, »und so viel weniger die Person sein, die ich vorher war.«
    Bensons Daumen streichen über meine Handrücken. »Du bist nicht weniger. Anders? Vielleicht. Ich kannte dich vorher nicht. Aber du kannst auf keinen Fall weniger sein.«
    Ich nicke

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