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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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gefragt, warum sie es abschließt, und sie hat gelächelt und mir die Schulter getätschelt. »Ich habe eine Menge Betriebsgeheimnisse hier drin.« Dann hat sie geseufzt, den Blick abgewendet und gesagt: »Aber um ehrlich zu sein, ist es hauptsächlich eine Gewohnheit.«
    Gewohnheit. Klar.
    Ich hole tief Luft und trete über die Schwelle. Alles ist super-organisiert, mit perfekten Papierstapeln auf dem Schreibtisch, einem Aktenschrank mit einer Topfpflanze darauf in einer Ecke und einer Korktafel voller Nadeln und Zettel daran an der Wand.
    Zuerst versuche ich es bei dem Aktenschrank.
    Abgeschlossen.
    Natürlich.
    Benson hat sich vorgebeugt und schaut unter die ordentlichen Papierstapel auf Reese’ Schreibtisch. »Vielleicht in einer Schublade«, murmelt er und öffnet die flache Stiftschublade oben an dem Mahagonischreibtisch. »Bingo«, sagt er grinsend und hält einen kleinen Schlüsselring mit einem Schlüssel daran hoch.
    »Was ist das?«
    Als Antwort kommt er zu dem grauen Aktenschrank herüber und steckt den Schlüssel ins Schloss. Sein Körper ist so nahe, dass ich einen Hauch von seinem Deo riechen kann. Ich atme tief ein.
    Er dreht den Schlüssel.
    Das Schloss springt mit einem Klick auf.
    »Hervorragend«, sagt Benson und trommelt die Fingerspitzen aneinander.
    »Bücherei-Nerd«, murmle ich, hauptsächlich, um die Enttäuschung zu überspielen, die ich fühle, als er zurücktritt und mir Platz macht.
    Die Schublade ist voller Akten mit Etiketten, fast alle von Reese’ ordentlicher Handschrift beschriftet, aber ein paar tragen auch eine andere Handschrift. Sie sieht männlich aus, ist aber nicht die von Jay, und ich frage mich, mit wem sie zusammenarbeitet. Ich habe nie jemand anderen im Haus gesehen. Oder zumindest nicht in der Nähe des Büros. Auf den Etiketten stehen nur Namen. Ich schaue auf die Front der Schubladen, und sie zeigen an, welche Buchstaben sich jeweils darin befinden.
    »Fangen wir vorn an«, sage ich trocken und beginne, die A s durchzusehen. »Reese hat Elizabeth gesagt, sie habe in ihren Akten nach Quinn gesucht. Ich schätze, das sind diese Akten.« A-r, A-t, A-u, A-v, A-w. »Nein. Kein Avery«, sage ich und schaue dort, wo seine Akte hätte sein müssen, noch ein paar davor und danach durch, nur für den Fall, dass sie nicht genau richtig alphabetisch eingeordnet ist. Ich halte inne, meine Fingerspitzen bleiben zwischen den Akten. »Also schätze ich, es besteht die Möglichkeit, dass er nichts mit alledem zu tun hat.« Es ist mehr ein Wunsch als eine logische Schlussfolgerung, aber ich bin nicht über Wünsche erhaben.
    »Oder dass er dir einen falschen Namen genannt hat«, sagt Benson und sieht seltsam grüblerisch aus, wie er da an Reese’ Schreibtisch lehnt.
    Ich ignoriere ihn – ganz zu schweigen von den Schmetterlingen in meinem Bauch – und hole zitternd Luft, als ich die A-F -Schublade schließe und mich meiner eigentlichen Aufgabe widme. Meiner Akte.
    M-T .
    Michaels.
    Die dritte Schublade von oben.
    Die Schublade scheint zu glühen wie ein Neonlicht, und ich habe es eilig, sie zu öffnen, und doch Angst davor.
    Benson kommt näher und klopft leicht mit dem Knöchel gegen das Etikett, als ich immer noch zögere. »Deshalb bist du hergekommen«, sagt er leise. Eine sanfte Hand berührt meine Schulter, und ich versuche, Kraft aus ihm zu ziehen wie durch emotionale Osmose.
    Nach einem langen Moment nicke ich und greife nach dem Griff, drücke vorsichtig den Riegel, der die Schublade aufgleiten lässt, und enthülle Dutzende von cremefarbenen Aktenordnern. Ich habe das Gefühl, meine Welt schmilzt um mich herum, als ich sie sehe.
    Tavia Michaels.
    Ich wusste, sie würde da sein – das war ja der Grund, warum ich überhaupt in Reese’ Büro eingebrochen bin. Um Antworten zu erhalten! Aber mit der Bestätigung ist das so eine Sache.
    Ich ziehe die Akte heraus und starre sie gleichermaßen entsetzt und fasziniert an.
    Sie ist ziemlich nichtssagend. Ein cremefarbener Ordner mit der kleinen Grafik einer Feder, die über einer Flamme schwebt, in der oberen rechten Ecke. Ich spähe zurück in die Schublade; die anderen Ordner tragen dasselbe Zeichen. Aber ich weiß nicht, was es bedeutet, und habe nicht die Zeit für Theorien.
    Ich muss meine Akte anschauen.
    Sie ist ziemlich dick – ich weiß nicht, ob mich das ermutigen oder entmutigen soll. Ich schlage den Deckel auf und blicke auf ein Foto von mir selbst in der zehnten Klasse.
    Und, ähm, kein tolles Foto. Die zehnte

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