Der Kuss der Göttin (German Edition)
zugegebenermaßen schmale Gestalt zwischen uns zu bringen, und spähe an ihm vorbei.
Schwarzer Pullover und Sonnenbrille.
Er hat mich gefunden.
»Können wir in dein Büro gehen?«, frage ich mit Verzweiflung in der Stimme. »Sofort? Bitte?«
»Ja, klar«, sagt Benson mit verwirrter Miene. Doch er stellt keine weiteren Fragen und führt mich im Zickzack durch das Stockwerk, zwischen Schreibtischen hindurch, zum Durchgang in eine kaum schrankgroße Nische.
Mit einem schnellen, aber suchenden Blick hinter mich setze ich mich Benson gegenüber und schiebe meinen Rucksack unter den Tisch. Dann rutsche ich an die seitliche Kante des Stuhls, um von draußen nicht gesehen zu werden.
»Wenn es um gestern geht, können wir auch anderswo ein bisschen Privatsphäre haben«, flüstert Benson – sein Büro hat keine Tür, noch nicht einmal einen richtigen Zugang, also wäre es lächerlich einfach, uns zu belauschen. »Wir könnten sogar irgendwo anders hingehen, wenn du willst …«
»Darum geht es nicht«, murmle ich. Doch allein, dass er von gestern spricht, lässt meinen Kopf hämmern. Es war eine zu starke Mischung aus großartig und verheerend. Ich setze mich auf und quetsche kurz darauf einen Stressball erst in der einen, dann in der anderen Faust. Ich habe ihn ein paar Mal hin- und hergewechselt, bevor mir bewusst wird, dass ich ihn, ohne nachzudenken, geschaffen habe. Erschrocken werfe ich ihn auf Bensons Schreibtisch, wo er unschuldig über die unebene Tischplatte rollt, bis er mit einem Häufchen Büroklammern kollidiert.
Benson beugt sich vor, greift nach meiner Hand, tut sein Bestes, den gelben Ball zu ignorieren. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
Mein Nicken ist mehr als nur ein bisschen krampfhaft und ich ziehe meine Hand aus seiner Reichweite. Meine Gedanken sind ein wirrer Strudel, und ich will nicht, dass die Berührung seiner Hand alles noch schlimmer macht. Ich fange an, mich zu fragen, ob sich so ein Nervenzusammenbruch anfühlt.
»Bist du sicher? Denn du, ähm, schwitzt.« Er wirft einen bedeutungsvollen Blick auf meine Stirn, und mir wird klar, dass ich den Schweißtropfen nicht einmal gespürt habe, der jetzt meine Wange herunterrollt. Ich fühle mich eklig und hebe den Ärmel, um ihn abzuwischen.
»Benson?« Mir bleibt das Wort im Hals stecken, ich kann nicht fortfahren.
»Ja?«, sagt er nach einer langen Pause.
»Weißt du noch, der Mann, von dem ich dir erzählt habe?« Die Worte sind heraus, bevor ich die Zähne zusammenbeißen und sie mir verkneifen kann.
»Du meinst … Quinn?«
»Nein.« Bitte erwähne Quinn nicht. Ich kann nicht über Quinn sprechen. Noch nicht . »Nein, der Mann mit der Sonnenbrille, der, den ich ein paar Mal gesehen habe.«
»Ja …«
»Er verfolgt mich, seit ich heute Morgen das Haus verlassen habe. Hinunter ins historische Viertel, dann zu Elizabeth’ Büro. Und jetzt ist er hier und …« Ich klappe den Mund zu. Kann Benson mir überhaupt folgen.
»Hat er dich gesehen …« Er zögert und beugt sich vor, bevor er flüsternd endet: »Hat er dich etwas machen sehen?«
»Etwas machen? Nein!« Doch dann fällt mir das Medaillon ein, und ich füge sehr leise hinzu: »Ich glaube nicht.«
»Okay. Das ist gut, oder?«, fragt er und späht über meine Schulter in den Bibliotheksraum hinaus.
»Ich glaube, dass ihn vielleicht Reese und Jay geschickt haben.«
Er sieht verwirrt aus. »Warum sollten sie dich verfolgen lassen?«
»Warum sollten sie beschließen, mein Hirn zu verbrutzeln?«, frage ich. »Es ist jedenfalls so, dass dieser Kerl mich verfolgt, und jetzt ist er hier, und du musst mir helfen, hier wegzukommen.«
»Kannst du ihn mir zeigen?«, fragt Benson.
Wenn es doch nur so einfach wäre. »Also für den Fall, er weiß nicht, dass ich ihn entdeckt habe, muss ich weiter so tun, als würde ich ihn nicht sehen.«
»Das ist ein Argument«, sagt Benson. »Sag mir, wie er aussieht.«
»Er hat dunkelbraune Haare und ist ungefähr einsdreiundachtzig groß. Er hatte eine Sonnenbrille auf und einen schwarzen Pullover an.«
Beides könnte er ausgezogen haben, als er die Bibliothek betrat.
Ich gehe meine Erinnerung durch. Es ist erstaunlich schwierig, jemanden zu beschreiben, wenn man nur flüchtige Blicke auf ihn geworfen hat. »Braune Schuhe. Er hat braune Schuhe. Schnürstiefel, wie Docs oder Wanderschuhe.«
»Okay«, sagt Benson und schreibt etwas, das ich nicht sehen kann, auf einen Klebezettel. »Ich suche es für dich.« Seine Stimme ist nur ein
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