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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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Klasse war ziemlich peinlich.
    »Aaach, schau dich an«, sagt Benson grinsend; den Arm hat er um meinen Rücken gelegt. »Du bist ja so süüüß!«
    »Halt die Klappe, Depp«, sage ich, aber er hat es geschafft, die Spannung zu brechen. Ich lehne mich ganz leicht an seinen Arm und blättere zur nächsten Seite um.
    Eine Geburtsurkunde. Meine Sozialversicherungskarte. Highschool-Zeugniskopien. Eine Kopie des Testaments meiner Eltern. Genau das Zeug, das man im Aktenschrank von jemandem erwarten würde, der überraschend zum Vormund eines verletzten Teenagers geworden ist.
    Aber nach alledem – Fotos von meiner Kunst. Und nicht irgendwelche Fotos. Ich erkenne diese Fotos – ich habe sie gemacht.
    »Woher hat sie die?«, frage ich laut und halte ein paar davon hoch.
    »Hey, hast du das gemalt?«, fragt Benson und deutet auf ein Ölgemälde meiner Mutter, wie sie neben einem Fenster sitzt und Erdbeeren schneidet.
    »Ja«, bringe ich heraus. Es ist eines meiner besten Stücke. Irgendwie habe ich es geschafft, die … Essenz dessen einzufangen, was meine Mutter ist. War.
    Ich kann jetzt nicht an meine Mutter denken. Ich schlucke die Trauer hinunter – schiebe sie von mir –, dann drehe ich das Foto um, damit ich ihr Gesicht nicht mehr sehen muss.
    Aber da ist noch ein Foto von einem Bild. Und noch eines und noch eines.
    »Du bist wirklich gut«, sagt Benson und nimmt mir eines aus der Hand, um es sich genauer anzusehen.
    Die Erkenntnis, dass er meine Arbeiten nie gesehen hat, ist seltsam. Kunst war so viele Jahre mein Leben. Und jetzt ist Benson so ein großer Teil meines Lebens. Und die Kunst nicht mehr. Es fühlt sich falsch an.
    »Ich habe diese Fotos gemacht und an die Kunstschule geschickt, die mich aufnehmen wollte«, erkläre ich, mehr um mich selbst abzulenken. »Wie ist Reese da rangekommen?«
    »Ähm, Huntington?«, fragt Benson vorsichtig.
    »Ja, wie …« Aber meine Worte ersterben, als ich auf das Blatt Papier unter dem Fotostapel hinabschaue.
    Es ist der erste Brief, den ich von Huntington bekommen habe.
    Nein. Ein Entwurf des Briefes.
    Mit Anmerkungen in Reese’ Handschrift an den Rändern.
    »Was soll das?« Ich packe die Ecke des Briefs und hebe ihn hoch, nur um darunter eine fertige Ausführung davon zu finden. Und die Broschüre, die sie mitgeschickt haben.
    Und Abzüge der Fotos in der Broschüre.
    »Aber … aber ich habe meine Sachen nicht nach New Hampshire geschickt – sie gingen in den Norden von New York.«
    »Wie schwer ist es, Post weiterleiten zu lassen?«
    »Aber es gab eine Website. Und eine Telefonnummer. Ich habe dort angerufen !« Jetzt kreische ich beinahe. Huntington war der Grund , warum wir überhaupt in das Flugzeug gestiegen sind. Wenn es nicht echt ist …
    »Hier«, sagt Benson und zieht sein Handy aus der Tasche. »Wie war die Website?« Er öffnet die Internetseite auf seinem Handy und ich spreche ihm beinahe monoton die Internetadresse vor.
    »Da haben wir sie«, sagt Benson, als sie geladen wird. » Huntington Academy of the Arts . Die Webseite ist immer noch online und da gibt es auch eine Telefonnummer.«
    Wir schauen lange schweigend auf den Bildschirm.
    »Ich kann anrufen«, bietet Benson an.
    Ich habe Angst, Ja zu sagen. Trotz allem, was wir entdeckt haben, fühlt sich das wie ein spezieller Wendepunkt an.
    Benson schaut auf seinen Bildschirm hinab und seine Denkerfalte erscheint zwischen seinen Augenbrauen.
    Mit flatternden Nerven nicke ich. »Wir tun es.«
    Er wartet ein paar Sekunden – gibt mir vielleicht die Chance, meine Meinung zu ändern –, dann tippt er auf das Display und hebt das Telefon ans Ohr.
    Nichts.
    Nichts.
    Nichts.
    Dann klingelt das Telefon auf Reese’ Schreibtisch schrill.
    Meine Knie knicken ein, und ich sinke auf den Boden; der Wille, mein eigenes Gewicht zu tragen, hat mich verlassen. »Aber ich habe mit ihnen gesprochen!«, schreie ich, und meine Stimme ist so schrill, dass ich sie kaum wiedererkenne. »Da war eine Frau, und es war nicht Reese«, füge ich hinzu, bevor Benson etwas sagen kann. »Sie war überhaupt nicht wie Reese. Ich habe bestimmt sechs Mal mit ihr gesprochen. Das war auf keinen Fall Reese. Oder Elizabeth. Sie war irgendwie niedlich und fröhlich, wie eine Cheerleaderin. Wie … wie …« Wie Barbie. Wie Elizabeth’ Sekretärinnen-Barbie. Die sich alle erdenkliche Mühe gibt, niemals mit mir zu sprechen, die kaum je da ist, nicht einmal, wenn ich einen Termin habe .
    Das Herz hämmert mir in den Ohren.
    Eins, zwei,

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