Der Kuss der Göttin (German Edition)
über dem Halsausschnitt seines T-Shirts drückt und meinen Kopf unter sein Kinn legt.
Wir brauchen keine Worte mehr, als wir nebeneinander liegen, unsere Herzen schlagen zuerst schnell, dann langsamer, pochen beinahe im Chor. Ich lasse meinen Atem in einem langen Seufzen herausströmen und mein ganzer Körper entspannt sich zum ersten Mal seit gefühlten Wochen. Ich will wach bleiben, das Gefühl auskosten, ohne die wilde Verzweiflung in Bensons Armen liegen zu können, die die meisten unserer Begegnungen begleitet haben, die auch nur in Richtung Romantik gingen. Doch mein Bewusstsein treibt allzu bald davon, und als ich die Augen wieder öffne, ist es Morgen.
K apitel 30
E r ist schön im morgendlichen Sonnenlicht.
Schön scheint mir ein komisches Wort für einen Jungen, aber es passt. Der Lichtstrahl, der durchs Fenster fällt, bringt die Spitzen seiner Wimpern zum Glühen, und trotz der lila Prellung unter seinem Auge sieht er ohne seine Brille jungenhaft aus.
Er wacht langsam auf und lächelt, als er merkt, dass ich ihn beobachte. »Ich hatte ein bisschen Angst, es wäre nur ein Traum gewesen«, sagt er mit rauer Stimme.
Wir müssen beide total erschöpft gewesen sein, denn es ist fast elf. Ich würde gern liegen bleiben – den ganzen Tag zusammen eingeschlossen verbringen, nur mit einer Dusche und einem Bett –, aber weil wir es geschafft haben, meinen Verfolgern ganze zwölf Stunden zu entkommen, wollen wir beide möglichst schnell wieder los und ihnen einen Schritt voraus bleiben .
Vor allem, weil wir heute zurück nach Camden wollen.
Ich schultere meinen Rucksack, während Benson sich die Tagebücher schnappt, doch als wir das Zimmer verlassen, steuert Benson nach rechts, statt nach links, weg von dem Hotel, in dem wir gestern Abend eigentlich ein Zimmer gemietet hatten. Wo immer noch Reese’ Auto geparkt ist.
»Wo willst du hin?«, frage ich.
»Uns ein Auto besorgen«, sagt er mit demselben grimmigen Blick, den er hatte, nachdem er überfallen wurde. Als sei gerade etwas Schlimmes passiert und es käme etwas noch Schlimmeres.
Ich verstehe nicht, warum er so zögerlich wirkt, bis er sich nach beiden Seiten umschaut und sich neben einem dunkelgrünen Honda herunterbeugt und an dem Schloss herumfummelt. » Klaust du dieses Auto?«, frage ich entsetzt.
Er zögert, dann blickt er zu mir auf. »Ich würde eine Menge illegale Dinge tun, um dich vor Gefahren zu bewahren, Tave«, sagt er mit einer Eindringlichkeit, die mich bis in die Zehenspitzen wärmt. »Sei einfach froh, dass das hier keinem wehtut.«
Ich versuche, so zu tun, als leistete ich keine Beihilfe zu einem Verbrechen – noch einem Verbrechen –, als ich auf der Beifahrerseite einsteige. Benson zögert, dann wendet er und fährt um das Gebäude herum zum Holiday Inn. »Ich will nur mal schauen.«
Es ist nicht zu übersehen.
Vier Polizeiautos und ein Feuerwehrwagen stehen mit Blaulicht um unser ehemaliges Hotelzimmer herum. Mein Blick geht sofort zu dem schwarzen Rauch, der von dem verkohlten Stück Metall aufsteigt, das einmal der BMW war. Ein Feuerwehrmann begießt ihn mit einem schwachen Wasserstrom, und ich brauche eine Sekunde, bis ich erkenne, dass das Auto auf dem Dach liegt.
Ich reiße den Blick los und drehe mich auf dem Sitz, um das Hotelzimmer zu sehen, in dem wir fast geschlafen hätten. Die Tür liegt in mehreren Stücken auf dem Weg und zersplittertes Glas von dem großen Vorderfenster bedeckt den Boden. Die Vorhänge hängen zerschlissen links und rechts von dem leeren Fensterrahmen, und ich kann gerade noch die Matratze ausmachen, die an der Wand lehnt, und den umgekippten Fernseher.
»Schau nicht mehr hin«, sagt Benson, und ich richte den Blick nach vorn.
»Lass uns hier verschwinden«, sage ich, nicht im Geringsten beschämt über das Zittern in meiner Stimme. Ich greife nach seiner Hand und löse den Griff wieder, als mir einfällt, dass es die verletzte ist. Er schenkt mir als Antwort ein schmerzverzerrtes Lächeln.
»Und wohin fahren wir?«, fragt er, als wir uns der Autobahn nähern.
»Das Haus stand am Stadtrand von Camden«, sage ich, nachdem ich trocken geschluckt habe. »In die Richtung.«
Ich weiß jetzt, was Quinn ist – er ist nicht wie die Leute, die mich jagen: die Reduciata, der Sonnenbrillentyp oder Reese und Jay, wer auch immer sie sind – er ist wie ich. Er ist ein Erdgebundener.
Außerdem ist er ein Geist, der mir nichts tun kann. Aber etwas kann er tun. Seit ich ihn zum ersten Mal
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