Der Kuss der Göttin (German Edition)
gesehen habe, hat er eine gewisse Kontrolle über mich, meine Gefühle. Ich würde nicht sagen, dass er mich direkt dazu zwingen kann, Dinge zu tun , aber es ist beschämend, daran zu denken, wie ich mich von Benson weggeschlichen habe, um ihm in den Wald zu folgen.
In die Dunkelheit.
Alles Mögliche hätte passieren können. Und was am schlimmsten ist – ich wusste es. Und bin trotzdem gegangen.
Doch dieses Hotelzimmer. Das Auto. Ich glaube nicht, dass ich bisher verstanden habe, wie bösartig die Leute sein können, die hinter uns her sind. In der Nacht, in der ich Quinn gefolgt bin, hätte es Benson sein können, der zu einem Klumpen verbrannt wird.
Er wäre gestorben, weil ich ihn verlassen habe.
Als dieser Gedanke in mein Bewusstsein vorgedrungen ist, genügt es nicht mehr, seine Hand zu halten. Ich schlinge meinen Arm um seinen, drücke ihn an meine Brust, den Kopf leicht an seine Schulter gelehnt, während er fährt. Ich muss die Wärme seiner Haut spüren, das Geräusch seines Atems, das entfernte Schlagen seines Herzens. Alles Zeichen, dass er noch lebt.
Dass er noch mir gehört.
Und ich verspreche mir in Gedanken, es niemals zuzulassen, dass diese Leute ihn mir wegnehmen.
Ich wünsche mir einfach, ich hätte eine bessere Vorstellung davon, wer diese Leute sind. Oder zumindest, wer genau die Sache im Hotel abgezogen hat. Leider habe ich mehrere Möglichkeiten. Reese und Jay – aber ich glaube nicht, dass sie so etwas tun würden. Gewalt dieser Art erscheint mir eher das Ding des Sonnenbrillentyps zu sein. Aber für wen arbeitet er? Für die Reduciata? Diese ganze Sache wäre um einiges leichter, wenn ich wüsste, vor wem ich eigentlich davonlaufe.
Wir sind noch ungefähr zwei Kilometer von Camden entfernt, als sich ein Kloß in meinem Magen bildet. Wieder in eine Stadt zu fahren, in der ich schon zweimal war, scheint mir mehr als ein bisschen gefährlich, auch wenn wir nicht genau an denselben Ort gehen. In einer so kleinen Stadt wie Camden ist es kein großer Unterschied, ob ich zu Quinns Haus oder zu seinem Versteck fahre. Wer auch immer uns folgt, er muss wissen, dass wir gestern hier waren, bevor wir zum Holiday Inn weitergefahren sind. Es ist wahrscheinlich, dass derjenige auch von dem ersten Mal weiß, als wir hier gehalten haben. Ich stelle mir vor, wie sie mit gezogenen Waffen auf der Lauer liegen, und es kommt mir nicht sehr unwirklich vor.
»Bereit?«, fragt Benson, als das Ortsschild von Camden in Sicht kommt.
Ich weiß nicht, ob ich mehr Angst davor habe, was da auf uns warten könnte … oder dass nichts sein wird. Kein Haus, keine Antworten, nicht einmal Hinweise. Wenn ich hier keine Antworten finde, bin ich mir nicht sicher, ob wir genug haben, um bis morgen zu überleben. »So bereit es eben geht.«
Nach ein paar Minuten biegen wir in eine Straße außerhalb von Camden ein, und ich spüre, wie sich meine Brust endlich langsam entspannt, als die Gebäude spärlicher werden. Weniger Orte, an denen sich ein Mörder verstecken könnte. Ich hätte gern nur einen Tag, ohne dass jemand versucht, mich umzubringen. Das scheint mir nicht zu viel verlangt.
Wir fahren jetzt auf einer holprigen Landstraße durch einen Wald. »Da müsste bald eine Straße kommen«, sage ich und beuge mich suchend vor.
Benson deutet auf einen kaum noch sichtbaren Feldweg, der von jahrzehntelanger Vernachlässigung spricht, und das Auto verlässt rumpelnd das Straßenpflaster. Er grinst. »Bin froh, dass du keine Serienmörderin bist«, sagt er und beugt sich herüber, um mich mit der Schulter anzustupsen. »Denn das hier wäre ein Superplatz, um eine Leiche loszuwerden.«
Danke für dieses Bild im Kopf , denke ich, obwohl ich weiß, dass er mich mit dieser Bemerkung nur aufheitern wollte. Irgendwie fühlt sich dadurch alles aber nur noch ernster an. Gefährlicher. »Wenigstens haben wir keinen gesehen, der uns verfolgt«, bringe ich als Antwort heraus. Ich kann fühlen , wie das Haus sich uns nähert, nicht umgekehrt. »Es kommt gleich«, sage ich und spähe zwischen die Bäume. Ich entdecke einen Pfad, der fast völlig überwuchert ist und selbst für einen Kleinwagen nicht annähernd breit genug, und weise Benson darauf hin.
»Also zu Fuß weiter?«, fragt er, und ich nicke wortlos. Meine Kehle ist wie eingefroren.
Es ist das komplette Gegenteil von gestern Abend: Die Sonne scheint heute mit voller Kraft und schmilzt den ganzen Schnee, der vor zwei Nächten gefallen ist. Ich würde es gern als gutes
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