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Der Kuss der Russalka

Der Kuss der Russalka

Titel: Der Kuss der Russalka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Querverstrebungen hier einsetzt, reißt Euch der erste Seilzug, der von dieser Seite kommt, diesen Balken hier weg.« Er kniff die Augen zusammen und betrachtete das Blatt lange. Die Gehilfen wagten nicht zu atmen. »Und ich glaube zu sehen«, fuhr er langsam fort, »dass sich hier ein Fehler eingeschlichen hat. Dieser Winkel hier kann unmöglich stimmen.« Johannes sah, wie Trezzini eine Augenbraue hochzog.
    Michael holte ein weiteres Stück Papier, rechnete und verharrte, griff nach Zirkel und Lineal und zeichnete schließlich seinen eigenen Vorschlag auf. Der Architekt beugte sich über das Blatt, betrachtete es lange, ließ seinen Blick zwischen den beiden Skizzen hin- und herwandern. Dann hellte sich sein Gesicht auf.
    »Da seht Ihr es«, sagte Sund ruhig. »Meister Brehm wird Euch ein Gerüst bauen, das selbst die schwersten Steine nicht in die Knie zwingen werden.«
    In diesem Moment erkannte Johannes, dass er Zeuge eines von allen Beteiligten ausgeführten Spiels geworden war – Trezzini hatte Michael eine Skizze mit einer falschen Berechnung gegeben um zu prüfen, wie gut er sein Handwerk verstand.
    »Ihr fangt morgen an«, erklärte Trezzini. »Lasst uns alles Weitere besprechen.«
    So schnell, wie sie in die Werkstatt gefegt waren, verließen sie den Ort wieder und gingen auf das Haus zu, wo Marfa schon dabei war, alle Köstlichkeiten, die sie in der zugigen Speisekammer hatte, auf den Tisch zu stellen. Johannes und die Gehilfen atmeten auf. Neben Johannes regte sich eine Holzplatte, die gegen einen Tisch gelehnt war. Mit einem Ächzen kroch Iwan wieder hervor. Sägespäne hingen in seinem Bart, den er so liebevoll glatt strich als sei er ein Kind, das er gerade noch rechtzeitig vor einem Mörder verborgen hatte. Er warf Johannes einen mürrischen Blick zu, setzte sich wieder an die Sägebank und arbeitete weiter, als wäre nichts geschehen.
    * * *
    Spät am Abend trat Johannes mit schmerzenden Händen und knurrendem Magen in das Haus und sah seinen Onkel und Carsten Sund am Tisch sitzen. Der hohe Besuch war längst gegangen, doch die beiden studierten immer noch einen ganzen Berg mit Bauzeichnungen und Plänen. Michael machte sich unermüdlich Notizen. Rechts von ihm saß Marfa und begutachtete eine Skizze. Verschütteter Wein am Rand des Tisches ließ darauf schließen, dass sie bereits lange über den Plänen brüteten. Johannes nahm sich ein Stück Brot und ging zum Feuer, wo die Kascha köchelte. Mit einem Holzlöffel schöpfte er ein wenig davon in eine Schüssel und setzte sich auf den Schemel, auf dem er sonst saß, wenn er Teile für seine Schiffsmodelle schnitzte.
    »Ah, Johannes!«, rief Sund, der ihn hinter seinem Papierstapel erst jetzt wahrnahm. »Ab morgen gibt es noch mehr Arbeit!« Er strahlte, als müsste Johannes einen Freudensprung machen, und beugte sich wieder über einen Plan. Sein dickes Gesicht sah konzentriert aus und auch ein wenig besorgt. »Ich sag’s nicht gerne, Michael«, meinte er, »aber ich glaube, eine große Flut genügt, um diese Stadt einfach wegzuspülen. Sieh dir die Kanäle an! Nicht tief genug, um das Hochwasser aufzufangen. Hat auch einer der Kanalbauer gestern gesagt.«
    Johannes wurde neugierig. Er stand auf und schob sich unauffällig an den Tisch heran.
    »Hat Zar Peter diesen Plan gezeichnet?«, fragte Marfa.
    Sund lachte. »Natürlich – man könnte meinen, er hätte nicht genug mit den Schweden zu tun, nein, er muss auch höchstpersönlich an den Plänen herummalen. Sogar auf den Schlachtfeldern entwirft er noch Bauskizzen. Seht euch das an! Das Palastufer – und hier werden die Adligen wohnen.« Mit seinem dicken Finger tippte er auf einen schraffierten Bereich auf der linken Newaseite. »Und hier, die ganze Wassilijewskij-Insel – da wird kein Platz sein für einen Baum, wo er nicht hingehört.«
    »Er wird Tausende von Leuten brauchen, um die Insel zu besiedeln«, sagte Johannes.
    »Das ist nun wirklich keine Schwierigkeit«, warf Marfa in ihrer nüchternen Art ein. »Sein Befehl genügt und die Soldaten, die Adligen und Bürger werden sich auf den Weg machen, ob sie wollen oder nicht. Der Zar befiehlt, sie gehorchen. Und die Steine für ihre Häuser müssen sie vermutlich auch noch selbst mitbringen.«
    Michael nickte. »Man sagt, er überlege bereits, alle wohlhabenden Bürger zu verpflichten, sich hier in Piterburch ein Zweithaus zu errichten. Wer mehr als fünfhundert Bauern besitzt, soll sogar zweistöckig bauen.«
    »Auf einer zugeteilten

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