Der Kuss der Sirene
vergrabe die Hände in den Taschen meiner Fleecejacke.
Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich wirklich herkommen sollte. SchlieÃlich habe ich es einfach nicht über mich gebracht, zu Hause zu bleiben. Also, hier stehe ich nun, trage die Jeans, die mir am besten steht und einen weichen, cremefarbenen Rollkragenpullover unter meiner Jacke. Mein Haar habe ich heute sogar offen gelassen, in weichen Wellen fällt es mir über die Schultern.
Als Coles schwarzer Range Rover vorfährt, liegen meine Nerven blank. Zu meiner Ãberraschung beruhige ich mich wieder, als ich ihn aus dem Wagen steigen sehe. Und als er auf mich zukommt, spüre ich, wie sich meine Mundwinkel zu einem Grinsen verziehen.
Er lächelt zurück und streckt die Hand nach meiner aus. »Ah, wie ich sehe, hast du dein umwerfendes Lächeln nicht verloren«, sagt er.
Ich werde rot und sehe auf die Spitzen meiner abgewetzten schwarzen Ballerinas. Er drückt mir die Hand und wir gehen zum Eingang, wo er zwei Karten für die Komödie kauft, die in dem einzigen Kinosaal gezeigt wird. Er bestellt einen riesigen Eimer Popcorn, eine Tüte M&Ms und eine Cola. Wir suchen uns einen Platz im hintersten, dunkelsten Winkel des Kinos. Es ist fast leer bis auf ein älteres Pärchen ganz vorn und zwei Mädchen, die an der gegenüberliegenden Seite ganz hinten in der Ecke sitzen.
Ich lasse mich in den Sitz an der Wand fallen und lehne mich zurück. Unsere Schultern berühren sich, während die Vorschau über die Leinwand flimmert. Cole stellt die groÃe Cola in den Becherhalter zwischen uns.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagt er und stützt sich auf einen Ellbogen, während ich mich tiefer in meinen Sitz sinken lasse.
Ich nicke. »Klar«, antworte ich, als hätte ich niemals daran gedacht, ihn zu versetzen.
»Ich muss zugeben, ich hab einen Moment lang geglaubt, du lässt mich stehen.« Er grinst, doch in seinen Worten schwingt ein Hauch von Nervosität mit.
Ich hebe eine Augenbraue, so als wäre ich überrascht, aber mir ist klar, dass er mir das nicht abkauft. »Okay, beinahe wäre ich zu Hause geblieben.«
Er neigt den Kopf zur Seite und ein feines Lächeln umspielt seine Lippen. »Ich werde versuchen so zu tun, als würde das nicht an meinem Ego kratzen.«
Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Mein Verstand sagt mir, dass es mit uns beiden niemals gut gehen kann. Aber ich will es einfach nicht wahrhaben. Am liebsten würde ich für immer hier sitzen bleiben, während sein liebevoller Blick auf mir ruht.
Musik schallt aus den Lautsprechern. Auf der Leinwand erscheinen die Hollywood Hills. Die Kamera schwenkt auf ein blaues Cabriolet mit einer hübschen Blondine am Steuer. Cole streckt den Arm aus und nimmt meine Hand. Er wirkt so selbstsicher. Warum sollte ich das nicht auch sein?
Ich lächle wieder und vergrabe mich noch tiefer in meinen Sitz. Ich muss die Zweifel in meinem Hinterkopf zum Schweigen bringen. Ich kuschele mich an ihn und es kommt mir seltsam vor, dass ich jemals geglaubt habe, auf diese Nähe verzichten zu können.
Der Film ist länger als erwartet. Als wir aus dem Kino kommen, ist es schon nach sieben. Ich habe extra eine frühe Vorstellung ausgesucht, damit ich noch zu meinem See kann.
Cole hakt seinen kleinen Finger in meinen. Darüber bin ich froh, denn ich brauche einen Anker. Sonst würde ich davontreiben.
Es dämmert schon leicht, aber es nieselt nicht mehr. Die Wolken haben sich ein wenig gelichtet, doch der Beton glänzt immer noch vom Regen. Cole zieht mich vom Parkplatz weg. »Lass uns spazieren gehen.«
Dieser Abend wird nicht so schnell enden. Dafür wird Cole sorgen. Ich erwidere seinen Blick und lächle. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal so glücklich, so zufrieden gefühlt habe. Ich würde ihm überallhin folgen.
Doch schon nach fünf Schritten wird mir klar, dass wir in Richtung Meer laufen. Ich bekomme Angst. Die Sonne berührt schon fast den Horizont, zu dieser Zeit darf ich mich auf keinen Fall mit Cole in der Nähe des Wassers aufhalten. Ich will stehen bleiben, doch unsere Finger sind immer noch eingehakt, also werde ich nur langsamer, stolpere neben ihm her, bis er von sich aus stehen bleibt.
»Stimmt etwas nicht?«
»Ich muss nach Hause«, sage ich knapp. »Ich kann ⦠Ich kann meine GroÃmutter nicht so lange allein
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