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Der Kuss der Sirene

Der Kuss der Sirene

Titel: Der Kuss der Sirene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mandy Hubbard
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geschlossenen Klodeckel. Dort bleibe ich sitzen, bis die Pausenglocke läutet und ich nach Hause gehen kann.
    Um mich von Erik abzulenken, schicke ich Cole eine SMS .
    Was machst du gerade?
    Ich sitze im Esszimmer und klopfe mit den Zehen aufs Parkett. Grandma ist beim Bastelabend im Seniorenzentrum und das leere Haus macht mich ganz verrückt.
    Nichts. Wollen wir uns bei mir einen Film ansehen?
    Genau auf diese Einladung habe ich gewartet. In zwanzig Minuten , texte ich zurück.
    Ich flitze ins Bad und checke meine Frisur. Das ist natürlich total albern, denn eine Sirene sieht immer perfekt aus. Ich kämme mich trotzdem und putze mir danach die Zähne. Nach einem letzten, prüfenden Blick in den Spiegel mache mich auf den Weg zu Cole.
    Wenig später sitze ich auf einer Ledercouch im Heimkino seines Hauses. Warum hat er mich eigentlich neulich ins Kino eingeladen, wo er doch zu Hause eins hat?
    Cole steht neben einer kleinen Popcornmaschine und füllt eine Papiertüte. Auf der Leinwand laufen Filmtrailer.
    Er überreicht mir das Popcorn und eine der beiden Colaflaschen, die er für uns mitgebracht hat. Dann zieht er eine Decke von der Couchlehne. Wir machen es uns gemütlich und er deckt uns die Beine zu. Spärliches Licht kommt von der Leinwand und ein paar gedimmten Wandleuchtern an der Rückseite des Raumes. Ich wünschte, wir könnten für immer in diesem abgeschiedenen Paradies bleiben. Keine Komplikationen. Kein Schwimmen.
    Cole rutscht näher, bis wir uns berühren. Ich lehne mich an ihn, es ist warm und kuschelig unter der Decke.
    Â»Bist du okay?«
    Ich sehe ihn spöttisch an. »Das fragst du mich mindestens dreimal am Tag.«
    Er zuckt zusammen. »Oje, so oft?«
    Â»Ja. Warum tust du das?«
    Er blickt kurz weg und kaut auf seiner Unterlippe. »Ich fühle mich schuldig, weil ich nicht schon eher auf dich zugekommen bin.«
    Ich lege meinen Kopf an seine Schulter. »Warum verändert sich in diesem Jahr alles? Warum ausgerechnet jetzt?«
    Er nimmt einen Schluck aus seiner Colaflasche. Nachdem er sich den Mund abgewischt hat, sagt er: »Ich weiß es nicht. Als ich dich am ersten Schultag sah, hattest du den Kopf auf den Tisch gelegt und die Augen geschlossen. Du sahst so … friedlich aus. Und dann bist du aufgefahren und hast mich sofort blöd angemacht.«
    Ich grinse und gebe ihm einen Klaps auf den Arm.
    Er lächelt, doch dann wird er wieder ernst. »Du bist ziemlich einschüchternd.«
    Â»Du lügst«, schnaube ich. »Du lässt dich doch von niemandem einschüchtern. Schon gar nicht von einem Mädchen.«
    Â»Du hast einen Schutzwall um dich aufgebaut. Dagegen ist die Chinesische Mauer ein Gartenzaun. Du bist … unnahbar. Ständig schaust du beim Gehen auf den Boden. Kein Wunder, dass du nicht siehst, wenn dich jemand anlächelt. Und wenn man dich anspricht, kriegt man sofort eins drauf.«
    Ich bin verlegen. Mir war nicht klar, wie sehr ich andere Menschen auf Abstand halte.
    Wir sitzen so dicht beieinander, dass sich unsere Nasen fast berühren. Er senkt die Stimme. »Aber du bist das Risiko wert.«
    Ich schließe die Augen. Diesmal berühren sich nicht nur unsere Lippen. Seine Finger tasten nach meinem Nacken und er zieht mich zu sich heran. Sein Kuss wird inniger und ich halte den Atem an.
    Als er sich wieder zurücklehnt, nehme ich sein Gesicht in beide Hände, ziehe ihn zu mir und presse meine Lippen auf seine. Dieser Kuss ist nicht sanft und unschuldig, sondern fordernd. Ich will ihn. Ich brauche ihn. Ich war zwei Jahre allein und jetzt möchte ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen.
    Ich knabbere an seiner Unterlippe und ziehe ihn so nah wie möglich zu mir heran. Ich küsse ihn noch heftiger, schneller, länger, bis meine Lunge stärker brennt als nach fünfzehn Minuten unter Wasser. Meine Hände wandern über seinen Rücken. Meine Finger graben sich in seine Locken. Ich will alles vergessen. Ich möchte nur bei ihm sein, die Einsamkeit endlich hinter mir lassen.
    Schließlich weicht er atemlos zurück, sieht mich mit großen Augen an, in denen sich der Lichtreflex von der Leinwand spiegelt. »Wow, ich … ich hätte nie gedacht …« Er scheint seine Gedanken zu sammeln. »Die ganze Zeit hast du niemanden an dich rangelassen und jetzt …« Er nimmt meine Hand.
    Â»Was?«
    Er sieht mir direkt in die Augen.

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