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Der Kuss der Sirene

Der Kuss der Sirene

Titel: Der Kuss der Sirene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mandy Hubbard
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um uns ineinander zu verlieben. Sein Geburtstag ist in ein paar Tagen. Wenn wir nicht zusammenkommen, wird sich sein Schicksal erfüllen. Warum überrascht es mich dann, die Worte »Ich liebe dich« zu hören? Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut.
    Â»Das ist der Augenblick, in dem du sagst …«
    Â»Warum?« Ich blicke weiterhin unverwandt aufs Meer hinaus.
    Â»Das wollte ich eigentlich nicht hören.«
    Ich seufze, meide aber immer noch jeden Blickkontakt. »Ich weiß. Aber warum liebst du mich?«
    Â»Wie meinst du das? Ich liebe alles an dir. Du bist unglaublich.«
    Ich verkneife mir ein Stirnrunzeln. »Was magst du am meisten an mir?« Gott, wie erbärmlich das klingt! Als wäre ich auf irgendwelche Lobhudeleien aus. Trotzdem möchte ich es genau wissen.
    Er wird ganz still. Ich würde nicht einmal merken, dass er neben mir sitzt, wenn er nicht seinen Arm um mich gelegt hätte. »Du bist wunderschön. Und klug.«
    Ich habe auf einmal einen Kloß im Hals. Er sollte wissen, dass Schönheit die falsche Antwort ist. Ich bin dazu verflucht , schön zu sein. Und klug? Das klingt unaufrichtig. Erik und ich hatten nie auch nur ein einziges tiefer gehendes Gespräch. Er hat mich nicht einmal gefragt, was ich außer Englisch noch für Kurse belegt habe. Er weiß nicht, dass ich nur Leistungskurse besuche. Wie kommt er also darauf, dass ich intelligent bin?
    Etwas in meiner Brust krümmt sich zusammen. Entweder liebt er mich nur, weil ich ihm ein normales Leben ermöglichen kann. Oder er tut nur so.
    Ich frage mich, was Cole gesagt hätte, wenn ich ihm dieselbe Frage gestellt hätte. Auf keinen Fall: »Weil du klug bist.« Ich verdränge meine negativen Gedanken und lächle in der Hoffnung, Erik zu täuschen.

Kapitel 28
    Nach fast zwanzig Minuten – in denen wir schweigend vor- und zurückschaukeln und aufs Meer hinausstarren – wird mir langsam unbehaglich zumute. Diese drei kleinen Worte stehen zwischen uns. Er wartet wohl immer noch darauf, dass ich sein Geständnis erwidere.
    Als ich die Spannung zwischen uns kaum mehr aushalte, ergreift Erik das Wort. »Sienna hat gestern Abend die Port Street erwähnt. Ich dachte, wir könnten dort heute einen Spaziergang machen. Klingt doch ganz lustig.«
    Ich nicke und bin erleichtert, dass er einfach so tut, als wäre nichts geschehen.
    Die Port Street ist die Strandpromenade, ganz in der Nähe hat auch der Rummel neulich gastiert. Auf dieser Touristenmeile reihen sich Salzwasser-Toffee-Stände, Antiquitätengeschäfte und Souvenirläden aneinander. Dort kann man getrocknete Seesterne, Fläschchen mit gefärbtem Sand, Miniatursegelboote aus Holz und Drachenfiguren kaufen.
    In zwanzig Minuten sind wir dort, wieder nah am Meer. Ich verstehe, dass Erik ganz normale Dinge mit mir unternehmen will. Er weiß, dass das Meer eine Versuchung für mich ist, aber er glaubt, ich könnte es eines Tages lieben, wenn ich von meinem Fluch befreit bin.
    Aber es ärgert mich, dass er gar nicht darüber nachdenkt, dass ich dort auch wieder jemanden töten könnte. Warum hat er nie gefragt, was in jener Nacht mit mir und Steven passiert ist? Warum hat er nie gefragt, was für ein Mensch ich war, bevor er herkam?
    Aber ich habe Erik auch nie nach seinem alten Leben gefragt oder nach seiner alten Schule. War ich die ganze Zeit über von seinem Versprechen so geblendet, dass ich ihn nie wirklich gesehen habe?
    Ich versuche diese Gedanken beiseitezuschieben. Erik strengt sich wirklich an. Er liebt mich oder glaubt zumindest, es zu tun.
    Ich selbst bin mir allerdings immer noch nicht klar darüber, was ich für ihn empfinde. Die letzten Wochen waren ein Märchen. Aber warum sollten Märchen nicht Wirklichkeit werden? Ihren Zauber aber entfalten sie nur in Büchern. Denn wer blickt schon unter die glatte Oberfläche einer Märchenfigur? Was wissen wir schon über Aschenputtels Liebsten, außer dass er attraktiv und ein Prinz ist?
    Das alles hat mir Eriks »Ich liebe dich« heute Morgen plötzlich vor Augen geführt: dass ich meinen »Prinzen« nicht wirklich kenne.
    Ich schlucke und versuche mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Ich lebe schon so lange in dieser Stadt, und trotzdem ist es Jahre her, seit ich das letzte Mal an diesem Küstenabschnitt entlanggelaufen bin. Auf der linken Straßenseite sind die

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