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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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Herrn.
    »Warum verweilst du und widerstehst, obwohl du weißt, dass Christus, der Herr, deine Wege ins Nichts lenkt?«
    Lilyth blinzelte. Ihr steifer Körper verlor an Spannung. Jean fühlte es in ihrem Arm, sah es an ihrer Haltung, doch es konnte eine Finte sein. Wenn er losließ, musste die Hand nur vorzucken, um die Schlagader zu treffen.
    »Recede ergo – weiche also, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.« Zu jedem Namen zeichnete der Priester ein Kreuz auf ihre Stirn. »Mach Platz dem Heiligen Geist durch das Zeichen des heiligen Kreuzes …« Ein weiteres Kreuz auf ihrem Haupt. »… unseres Herrn Jesus Christus, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit.«
    »Amen«, entfuhr es selbst Jean.
    Das Erkennen kehrte in Lilyths Blick zurück, während sie im Rollstuhl zusammensank. Vorsichtig probierte er, ob er ihre Finger lösen konnte. Sie leisteten nicht mehr Widerstand als seine eigenen, die sich um die Schneide gekrampft hatten. »Holen Sie einen Arzt!«, rief er der besorgt näher kommenden Dame zu. »Und Sie halten ihr besser die Augen zu«, wies er Gaillards Helfer an. Lilyth sollte nicht sehen, was die Klinge mit ihrer beider Händen angerichtet hatte.

    »Rafe! Hast du mir einen Schreck eingejagt!« Sophie atmete auf, doch ein Rest Anspannung blieb. »Bist du verrückt, hierherzukommen? Was, wenn Madame Guimard nach Hause kommt?«
    Er zuckte die Achseln und schloss die Zimmertür hinter sich. »Solange ich nicht auf dem Flur herumstehe, sieht sie mich so schnell nicht.«
    Sie rührte sich nicht vom Fenster weg. Ihr war, als sei der Raum zu klein für sie beide, als könne er Rafes überwältigende Präsenz nur fassen, indem sie erdrückt wurde. Alles war zu nah, sein wissendes Lächeln, der warme Körper, das Fenster in ihrem Rücken und das Bett. »Ich … will, dass du gehst.«
    Stattdessen kam er näher. Zwei Schritte genügten, und er hätte nur noch die Hand ausstrecken müssen, um sie zu berühren. »Du weißt, dass ich nichts tun kann, was du nicht willst. Also wovor hast du Angst?«
    Sie merkte, dass sie tatsächlich zitterte. »Vor dem, was ich wollen könnte.« Wusste er das nicht besser als sie? »An unserer Lage hat sich nichts verändert.«
    »Aus meiner Sicht hat es das nie.«
    Ja, du wusstest von Anfang an, dass ich dein wehrloses Opfer war. Was musst du über mich gelacht haben.  
    Er grinste. »Stellenweise war es amüsant.«
    »Würdest du aufhören, meine Gedanken zu lesen? Das ist furchtbar.«
    »Furchtbar ist, hier vor dir zu stehen und dich nicht berühren zu dürfen«, meinte er und setzte zu einem weiteren Schritt an.
    »Nein!« Rasch hielt sie ihn mit der flachen Hand gegen seine Brust auf Distanz. Es mochte verhindern, dass er sie küsste, doch selbst durch das T-Shirt weckte seine feste, warme Haut in ihr den Wunsch, darüber zu streichen und ihm näher zu sein. Seine Hand legte sich über ihre. Sie brachte es nicht über sich, sie fortzuziehen. »Ich … kann das nicht. Ich muss nachdenken.«
    »Sieh mir in die Augen und sag, dass ich gehen soll.«
    Es waren die Tränen, die es ihr erlaubten, aufzusehen, doch sie hielt seinem Blick nicht stand. »Wenn … ich dich frage, ob … du dich wirklich ein kleines bisschen an mich erinnerst, wirst du mir dann die Wahrheit sagen?«
    Er drehte ihre Hand um und küsste die Erhebung unterhalb ihres Daumens, doch seine Augen funkelten. »Würde ich dir sagen, wenn ich lüge?«
    Sie seufzte. Nein, natürlich nicht. »Ich muss es trotzdem wissen. Hast du mir das nur vorgespielt?« Endlich gelang es ihr, ihm wieder in die Augen zu sehen. Sie musste. Wenn es auch nur die geringste Chance gab, eine Lüge zu erkennen, dann in seinem Blick.
    Das Schelmische wich aus seiner Miene. Er hätte ein Meister der Täuschung sein müssen, um sie so ernst und direkt anzusehen, ohne sich zu verraten. Und genau das war er. »Es … ist keine richtige Erinnerung in dem Sinne, dass ich plötzlich wieder wüsste, wer du bist«, gab er zu. »Aber manchmal, wenn du mich auf eine bestimmte Art ansiehst, dann spüre ich einen Stich, hier …« Er führte ihre Hand zurück auf seine Brust. »… wo das Herz ist. Seit es das erste Mal geschehen ist, wusste ich, dass zwischen uns etwas Besonderes vorgeht – dass ich dich wirklich kenne.«
    Warm rannen die Tränen über ihre Wangen, aber sie konnte nicht vergessen, wer er war. Zorn mischte sich in ihre Verzweiflung. »Das ist nicht

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