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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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behalten sollen! Warum hab ich ihr nicht einfach gesagt, Richet habe recht und ihr Dämon sei ein verdammter Lügner? Sie hätte es geschluckt, oder nicht? Aber nein, er war ja der aufrechte Idiot, der niemals seine wahre Meinung verleugnete. Hatte er sie damit endgültig in die Arme des Verführers getrieben? Die Vorstellung ließ ihn mit den Zähnen knirschen.
    »Pater noster, qui es in caelis – Vater unser im Himmel«, beteten Gaillard und seine Helfer.
    Jean hoffte, dass niemand seinen unterdrückten Zorn gehört hatte. Wenn er sie gegen sich aufbrachte, würde es nur das Ritual stören. Es war seine eigene Dummheit, eine Frau zu begehren, die einen anderen liebte. Und ausgerechnet gegen die Ausstrahlung eines gefallenen Engels kam kein Mann der Welt an. Nur zu gut erinnerte er sich daran, was Naamahs verheißungsvolle Blicke in ihm ausgelöst hatten, als …  Das gehört jetzt wirklich nicht hierher!, ermahnte er sich scharf und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Gaillard.
    »Domine sancte – heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott, Vater unseres Herrn Jesus Christus: Du hast den widerspenstigen und abtrünnigen Geist dem Feuer der Hölle übergeben und deinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt, um den brüllenden Löwen zu zerschmettern. Wende dich rasch uns zu, errette diesen Menschen, den du zu deinem Abbild erschaffen hast, aus seinem Unglück und vor dem Dämon, der am Mittag wütet …«
    Allmählich kommen wir der Sache näher. Ob dem Dämon schon etwas ungemütlich wurde? Von jetzt an musste er Lilyth im Auge behalten. Es gab keine Garantie für einen Erfolg. Manchmal geschah während eines Exorzismus überhaupt nichts, weil die Zeichen falsch gedeutet worden waren oder der Dämon einfach widerstand. Doch es galt, schon geringe Veränderungen an Lilyth wahrzunehmen, damit ihnen nichts Wichtiges entging.
    »Praecipio tibi – ich befehle dir, wer immer du bist, unreiner Geist, dir und deinem ganzen Gefolge, die ihr diese Dienerin Gottes in eurer Gewalt habt …«
    Dienerin Gottes. Jean war froh, dass Lilyth die lateinischen Worte nicht verstand, denn es musste ihr – allerdings auch dem Dämon – wie Hohn erscheinen, als Dienerin Gottes bezeichnet zu werden. Sie hatte sich bei einer schwarzen Messe freiwillig den Wächtern geweiht. Eine deutlichere Einladung konnte ein Mensch einem Dämon nicht aussprechen.
    »Nenne mir deinen Namen, tue den Tag und die Stunde deiner Ausfahrt mit irgendeinem Zeichen kund!«
    Der Priester wartete. Nichts geschah. »Gehorche mir, Gottes unwürdigem Diener, in allem! Füge diesem Geschöpf Gottes, den Umstehenden oder ihren Habseligkeiten keinen Schaden zu!«
    Lilyth sah unsicher von Gaillard zu Jean. Offenbar war sie nicht sicher, ob der Abbé irgendetwas von ihr wollte, obwohl sie doch kein Latein verstand. Jean schüttelte sacht den Kopf und machte eine beruhigende Geste.
    »Nenne deinen Namen! Gehorche mir im Namen des Herrn des Weltgerichts, das über dich und die deinen kommen wird!«, befahl Gaillard schärfer.
    Jean bemerkte, dass Lilyths Finger zitterten. Krampfhaft schlossen sie sich um das Kruzifix.
    »Dicas mihi nomen tuum! Wer bist du, der diese Dienerin Gottes quält?«
    Ein Lachen platzte aus ihrem Mund, doch ihr erschrockener Blick verriet selbst jenen, die ihre Stimme nicht kannten, dass es nicht ihr eigenes war. Sie ließ das Kreuz fahren und presste die Hände auf ihre Lippen.
    »Nein, lass ihn reden!«, zischte Jean, während Gaillard hektisch mit dem erhobenen Zeigefinger wedelte. Es war unnötig. Lilyths verbundene Arme fielen plötzlich schlaff in ihren Schoß zurück. Lediglich ihre Finger zuckten.
    »Sie gehört Sammael«, tönte es rau aus ihrem Mund.
    Sammael, das Gift Gottes. Jean wechselte einen erstaunten Blick mit Gaillard. Sammael war einer jener Wächter, die sich irdische Frauen genommen hatten, doch einige Schriften der Kabbala behaupteten, er sei der oberste Herrscher des Bösen – gemeinsam mit der Dämonenkönigin Lilith.
    »Sammael wurde vom Engel des Herrn gebunden und bis auf den Tag des Gerichts von dieser Welt verbannt«, erwiderte der Priester. »Wer bist du, dass du uns weismachen willst, in seinem Namen zu sprechen?«
    Lilyth setzte zu einer Erklärung an, als sich ihr Gesicht zu einer hässlichen Grimasse verzerrte. Angst und Wut kämpften darin um die Vorherrschaft. Ein Fauchen entrang sich ihrer Kehle, das in einem Wimmern verging.
    Jean konnte ihren furchtsamen Blick kaum ertragen, doch

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