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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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erwiderte ihren Blick mit milder Belustigung. »Das käme sehr auf die Perspektive an. Aber bis du mir nahegelegt hast, für dich etwas anderes zu sein, war ich ganz zufrieden damit.«
    »Du bist vollkommen verrückt!« Verwirrt und gereizt stapfte sie weiter, entdeckte erst jetzt, dass die Straße ein gutes Stück vor ihr an einer niedrigen Mauer zu enden schien, während sich die Häuserschlucht dahinter fortsetzte. Rote Geranien leuchteten ihr von der Mauer entgegen.
    Sie kam keine drei Schritte weit, bevor Rafe ihr den Weg abschnitt. Er musste sie nicht einmal festhalten, hob nur leicht den Arm, um sie abzufangen. Was ihre Füße an den Boden fesselte, waren seine Augen. Sie versuchte, darin zu lesen, während sein Gesicht näher kam, doch die blauen Tiefen blieben unergründlich. Lange Wimpern senkten sich, als er den Blick auf ihre Lippen richtete. Ergeben schloss sie die Lider. Es war ihr gleich, ob er zugab, Rafe zu sein oder nicht. Zu viele Nächte hatte sie sich vor Sehnsucht und Trauer in den Schlaf geweint, um ihn jetzt zurückzustoßen.
    Als seine warmen Lippen die ihren berührten, griff sie instinktiv nach ihm, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Der Kuss währte nur kurz, blieb eine Andeutung dessen, was möglich war. Sie wollte nicht, dass er sich ihr so schnell wieder entzog, doch sie wagte nicht zu fordern – noch nicht. Er hatte nach ihrem Namen fragen müssen. Offenbar wusste er nicht, wer sie war, hatte vielleicht nur eine Ahnung, dass er sie von irgendwoher kannte. Mühsam kämpfte sie darum, wieder kühl und überlegt zu werden. »Du hast das Gedächtnis verloren, nicht wahr?«
    »Ja.« Es klang so aufrichtig, dass kein Zweifel möglich war. »Ich habe dir wohl viel bedeutet.«
    »Alles.«
    Er nickte ernst, dann grinste er plötzlich, nahm ihre Hand und zog sie hinter sich her. »Komm, die Zeit läuft uns davon!«
    Die Mauer war doch nicht ganz das Ende der Rue Rollin. Sophie spähte darüber, während Rafe sie auf eine Lücke zwischen Mauer und angrenzendem Haus zuführte, und staunte über den Abgrund, der sich dahinter auftat. Etliche Meter tiefer lag ein kleiner Platz, der an die breite, belebte Rue Monge grenzte. Blumentöpfe mit weiteren Geranien zierten die steinernen Geländer der Treppen, die zu beiden Seiten hinabführten. Sophie konnte sich nicht erinnern, jemals eine Straße gesehen zu haben, die in einem so jähen Absturz endete. Am Fuß der Wand sprudelte Wasser ins Becken eines Springbrunnens. Trotz der hohen Häuser zu beiden Seiten wirkte es fast wie ein Dorfplatz mitten in der Großstadt, und mit etwas Phantasie sogar wie eine felsige Klamm, an deren Grund eine Quelle entsprang.
    »Es ist hübsch«, befand sie, als Rafe auf dem Platz innehielt, damit sie sich umsehen konnte.
    »Das hier?«, staunte er. »Das ist aber nicht das, was ich dir zeigen wollte.«
    »Was denn dann?«
    »Es ist nicht mehr weit.«
    Sie überquerten die Rue Monge und betraten die gegenüberliegende Seitenstraße. Ein Rumpeln und Zittern unter ihren Füßen verriet, dass die Métro ganz in der Nähe durch den Untergrund brauste. Während rechts mehrstöckige Häuser den Eindruck eines gewöhnlichen Straßenzugs erweckten, schloss sich zur Linken schon nach dem ersten Haus ein Gitterzaun an, hinter dem sich ein Wall aus dunklem, dichtem Gestrüpp erhob, der von mächtigen Bäumen überragt wurde. Verglichen mit den lichten und gepflegten Parks der Stadt wirkte dieses düstere Dickicht abweisend und verwunschen. Unwillkürlich fragte sich Sophie, welchen geheimnisvollen Ort es verbarg.
    Sie folgte Rafe durch ein Tor, hinter dem sich der Weg gabelte. Ein Arm führte zwischen Zaun und Gesträuch entlang, der andere mitten durch den Wall wie eine Schlucht. Die Kronen der Bäume wölbten sich darüber und hüllten ihn in Schatten, doch am anderen Ende schimmerte es hell. Auf einer Bank am Wegrand ließ ein ergrauter Moslem die Perlen einer Gebetsschnur durch die Finger gleiten. Stumm beobachtete er, wie Rafe Sophie an ihm vorüberführte. Sie nickte ihm grüßend zu, doch er zeigte keine Regung, folgte ihr nur mit den Augen.
    »Wo sind wir hier?«, wollte sie von Rafe wissen, um die bedrückende Atmosphäre abzustreifen.
    »Wirst du gleich sehen«, wich er aus und lächelte verschmitzt.
    Der sandige, aber harte Boden knirschte unter ihren Sohlen, und das Gestrüpp wich zu beiden Seiten massivem Mauerwerk. Sophie kam es vor, als laufe sie auf dem Grund eines schmalen, aber tiefen, ausgetrockneten

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