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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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Augen nur nicht so unergründlich gewesen wären … »Ich bin Rafe – der Mann, den du liebst.«
    Sie spürte etwas Warmes über ihre Wange laufen. »Sag, dass du Rafael Wagner und niemals gestorben bist.« Seine Hand näherte sich ihrem Gesicht, doch sie wich zurück.
    »Ich bin nicht tot, und auch wenn ich es nicht mehr weiß, wird mein Name wohl Rafael Wagner sein.«
    »Du windest dich raus.« Es war genau so, wie Jean es vorausgesagt hatte. Sie stand auf und wich noch weiter zurück, während sie in ihre Tasche griff.
    »Das bildest du dir nur ein. Ich habe doch …«
    »Bleib zurück!«, fuhr sie ihn an, als er ihr folgen wollte. Sie zog das handgroße, hölzerne Kreuz hervor, das ihr Jean überlassen hatte, und hielt es ihm entgegen wie einen Schutzschild.
    »Das ist jetzt nicht dein Ernst.« Sein Ausdruck schwankte zwischen Spott und Besorgnis.
    Ich mache alles kaputt. Er muss mich für eine Irre halten. Ihre Hand zitterte. Jetzt war es zu spät. Wenn nicht alles umsonst gewesen sein sollte, musste sie weitermachen. »Nenne deinen wahren Namen!«
    »Sophie, leg das Kreuz weg. Das ist lächerlich, und das weißt du auch.«
    »Im Namen dessen, der am Kreuz gelitten hat, befehle ich dir: Nenne deinen wahren Namen!«
    Ärger blitzte in seinen Augen auf. »Hör mit dem Unsinn auf, Sophie! Wenn dir die Hitze nicht bekommt, sollten wir besser zum Arzt gehen.«
    »Er weiß genau, wo er dich packen muss«, hatte Jean prophezeit. »Er wird säuseln und flehen und drohen und schreien.« Sie hatte sich trotzdem nicht vorstellen können, was es bedeutete. Der Schmerz, ihn ein zweites Mal zu verlieren, zerriss ihr das Herz. Weitere Tränen rannen über ihr Gesicht. »Praecipio tibi, quicumque es, spiritus immunde!«
    Täuschte sie der Tränenschleier oder flackerte es in seinem Gesicht?
    »Hör auf!«, herrschte er sie an.
    »Dicas mihi nomen tuum …«
    Er griff nach ihr. Sie zuckte zurück, prallte mit dem Rücken gegen die Wand, stieß die letzten Worte heraus: »… cum aliquo signo!«
    Haut platzte auf, als blutige Krallen aus seinen Fingern schossen.

    Jean drückte die Zigarette in der weiten Schale aus, die für diesen Zweck über dem Mülleimer vor dem Klinikeingang angebracht worden war. Schon die dritte heute … Wenn es mit Sophie so weiterging, würde er in die Ein-Päckchen-pro-Tag-Ära zurückfallen, obwohl ihm dazu das Geld fehlte. Nein, sagte er sich, während er das klimatisierte Krankenhaus betrat, es ist nicht fair, Sophie dafür verantwortlich zu machen. Mit seinen Schwächen musste er schon selbst fertig werden, auch wenn er ihretwegen nervös war. Er hatte ihr angeboten, sie zu begleiten, und sie hatte abgelehnt. Welche Frau hätte ihn schon mit zu einem Rendezvous mit ihrem Liebhaber genommen, solange sie hoffte, dass alles nur ein Irrtum war? In ihrer Vorstellung war es wohl schon schrecklich genug, die Blamage vor dem Verdächtigen zu erleiden, sollte sich seine Unschuld herausstellen. Schließlich wusste sie nicht, was sie erwartete, wenn die Formel Wirkung zeigte.
    Gemeinsam mit anderen Besuchern betrat er einen der Fahrstühle und stellte fest, dass bereits jemand für das richtige Stockwerk gedrückt hatte. Hämatologie. Unglaublich, welche Spezialabteilungen es in modernen Kliniken gab. Das war zumindest mal eine, mit der er noch nie zu tun gehabt hatte, denn Platzwunden und Knochenbrüche behandelte man dort nicht. Ob Sophie …
    Merde! Er musste endlich aufhören, sich Sorgen um sie zu machen. Ihr würde schon nichts Schlimmes passieren. Es war gut, dass Lilyth ihn angerufen und gebeten hatte, zu ihr ins Krankenhaus zu kommen. Dass sie dort gelandet war, darüber sollte er sich allmählich Gedanken machen. Sophie wäre ohnehin nur sauer geworden, wenn sie gemerkt hätte, dass er sie beschattet hatte, seit sie aus seiner Tür spaziert war.
    Die Tür des Fahrstuhls glitt zur Seite, und Jean zwängte sich durch die gedrängt stehenden Leute hinaus, weil er gegenüber einen Kaffeeautomaten entdeckt hatte. Das Zeug schmeckte vermutlich nach Spülwasser, aber er brauchte dringend Koffein. Nach fünfundzwanzig Stunden ohne Schlaf war ihm egal, wo er es herbekam. Die dunkelbraune Brühe, die spritzend aus dem Kasten schoss, war immerhin heiß genug, um ihm durch den Pappbecher hindurch die Finger zu verbrennen, wenn er ihn nicht am obersten Rand hielt. Was wiederum der Stabilität nicht zuträglich war. Gereizt stellte er ihn auf einem Fensterbrett ab, um zu warten, bis er etwas

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