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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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Angst und spiegelndes Licht geschoben. »Du … du willst mir doch nicht weismachen, dass sie der Geist der heiligen Geneviève ist, nach der hier Kirchen und Straßen benannt sind?«
    Das Schmunzeln weitete sich zu einem nachsichtigen Lächeln. »Nein, sie trägt diesen Namen, weil sie dieselbe Funktion erfüllt. Ob gefallen oder nicht, Engel erhalten ihren Namen nach ihrer Aufgabe. Geneviève ist der Schutzengel von Paris. Deshalb sorgt sie sich ebenso wie ich darum, was hier gespielt wird.«
    »Das weiß sie nicht? Ist Gott denn nicht allwissend?« Sie konnte sich einen etwas spöttischen Unterton nicht verkneifen, obwohl sie nicht mehr sicher war, was sie glaubte und was nicht.
    Jean zuckte die Achseln. Das Lächeln war ihm vergangen. »Mag sein, dass er das ist. Sollte dem so sein, teilt er sein Wissen jedenfalls nicht mit mir – und leider auch nicht immer mit Geneviève. Wir sind darauf angewiesen, die Dämonen oder ihre Diener zum Reden zu bringen. Ich will nur, dass du weißt, worauf du dich aus gut gemeinter Liebe einlässt.«
    Sophie atmete tief durch und nahm noch einen Schluck Wein in der Hoffnung, ihre Nerven zu beruhigen. Sie wollte ihm ja gern glauben. Nein, noch lieber wollte sie Gewissheit haben, dass er im Unrecht, dass Rafe nur ein verstörter Mann mit Gedächtnisverlust war und sie sich das andere nur eingebildet hatte. Solange sie weder das eine noch das andere sicher wusste, würde sie keinen Frieden finden. »Gibt es keine Möglichkeit, wie ich überprüfen kann, ob du die Wahrheit über Rafe sagst?«
    »Frag ihn nach seinem wahren Namen.«
    »Hast du nicht selbst gesagt, dass sie Meister darin sind, Menschen hinters Licht zu führen? Warum sollte er mich dann nicht einfach anlügen?«
    »Das kann er nicht, wenn du es richtig machst.«
    »Und wie soll das gehen?«
    »Ich werde es dir zeigen.«

W   eiße Farbe tropfte von der zotteligen Rolle und prasselte auf die ausgelegten Zeitungen. Seufzend strich sich Sophie mit dem Unterarm ein paar Strähnen aus der verschwitzten Stirn. Heute ist einfach nicht mein Tag. Es war viel zu heiß, um zu arbeiten. Die Luft, die durch die offene Tür hereinwehte, glich einem Wind aus der Sahara, doch bei geschlossener Tür wurde es so stickig, dass sie glaubte, in den Farbdämpfen umzukommen. Außerdem fand sie nie das richtige Maß zwischen dem Abstreifen der überflüssigen und dem Belassen von genug Wandfarbe für einen deckenden Anstrich.
    Das Elend hatte damit angefangen, dass sie in der Post die ersten beiden Absagen gefunden hatte. Oder war es doch schon nach dem Aufstehen gewesen, als sie sich an der heißen Kaffeekanne verbrannt hatte? So oder so war auch Madame Guimard ihre schlechte Laune aufgefallen. Lustlos hatte sie einen neuen Schwung Bewerbungen auf den Weg gebracht, während ihre Gedanken darum gekreist waren, ob Rafe sehr sauer war, weil sie ihn versetzt hatte. Auch das Gespräch mit Jean hatte sie mehr beschäftigt, als ihr lieb gewesen war, und tat es noch. Sollte sie wirklich durchziehen, was sie sich vorgenommen hatte? Sie hatte Angst davor, sich lächerlich zu machen, fürchtete Rafes Reaktion und ihn endgültig zu verlieren. Aber sie wusste auch, dass sie so nicht weitermachen konnte.
    Gereizt hängte sie die Rolle in den Farbeimer und ging zum Tresen hinüber, auf dem sie ihre Tasche abgestellt hatte. Es hatte keinen Sinn, die Sache weiter vor sich herzuschieben. Sie holte das Handy heraus, um im Telefonbuch nach Rafes Nummer zu suchen. Oma, Papa, Patrick, Rebecca, Stefan …  Moment mal! Sie manövrierte sich im Alphabet wieder zurück und ging die Einträge noch einmal durch. Es änderte nichts. Rafes Schwester war der einzige Name, der mit »R« begann. Verwirrt rief sie seine letzte Nachricht auf. Wie konnte das Handy als Absender »Rafe« anzeigen, wenn er nicht im Verzeichnis gespeichert war? Sie versuchte, die Nummer zu finden, indem sie die Rückruffunktion wählte, doch es erschien lediglich sein Name. War das normal? Sie überprüfte es anhand einer SMS von Lara. Anstelle des Namens wurde die Nummer angezeigt. Ihre Hand begann zu zittern.
    Das ist noch kein Beweis, sagte sie sich und schüttelte die plötzliche Beklemmung ab. Bestimmt hatte es mit einer ganz gewöhnlichen Möglichkeit zu tun, die eigene Nummer zu unterdrücken, wenn man irgendwo anrief. Doch es hatte sie so nervös gemacht, dass sie sich nicht mehr traute, mit ihm zu sprechen. Ihre Stimme würde dünn und unsicher klingen, und was sollte sie ihm

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