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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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gefunden, dass so viele ansonsten vernünftig und intelligent wirkende Frauen offenbar den Verstand verloren, sobald sie in seine Nähe kamen. Und ganz egal, welche Wirkung er auf sie hatte, bei allen Göttern würde sie nie im Leben ein Teil dieser geistlosen Horde werden. Eher würde sie sich von der nächsten Klippe stürzen.
    Sie seufzte. Das wäre allerdings eine ziemlich bedeutungslose Geste. Auch wenn sie sich jetzt im Endstadium der Krankheit befand, war doch mehr als nur ein Sturz von einer Klippe nötig, um sie zu töten.
    Das bratende Hühnchen knackte und knisterte, ein Fettspritzer traf sie am Hals. Im Vergleich zu der sengenden Qual, die das Sonnenlicht ausgelöst hatte, war das Brennen geringfügig, doch es reichte aus, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken. Sie riss die Augen auf. Die kleine Verbrennung war bereits geheilt, als sie den Ölfleck mit dem Daumen fortwischte. Sie stupste das Hühnchen mit dem … Hilfsmittel – dem Pfannenwender, verdammt – an und wendete die Fleischstücke.
    Zurück zu Rune.
    Er war zu leise. Er bewegte sich mit der sinnlichen, raubtierhaften Anmut einer Katze. Außerdem war er so schnell, dass ihr das Herz stehen bleiben würde, wenn es nicht schon längst aufgehört hätte zu schlagen. Sie nahm ihre Unterlippe zwischen die Zähne und saugte daran, während sie nachdachte.
    Könnte sie ihn in einem direkten Kampf besiegen? Sie war schneller und stärker als die meisten. Ihren Zögling Julian, den offiziellen König der Nachtwesen, vermochte sie zu besiegen, und das konnten nicht viele Lebewesen von sich behaupten. Sie hatte Julian in der Blütezeit des Römischen Reichs verwandelt, und er war selbst ein sehr alter Vampyr mit großer magischer Macht. Aber mit Rune würde sie es ohne ernstliche Anstrengung und beachtlichem Magieeinsatz kaum aufnehmen können.
    Sie saugte fester an ihrer Unterlippe. Er war als Verbündeter hier, der ihr helfen wollte. Es gab keinen Grund, anzunehmen, dass sich die Dinge in diese Richtung entwickeln würden. Aber für alle Fälle würde sie ein paar Nachforschungen darüber anstellen, welche Zaubersprüche man im Kampf gegen einen Greifen einsetzen konnte. Es konnte nicht schaden, vorbereitet zu sein, und es konnte auch nicht schaden, mit schmutzigen Tricks zu kämpfen, wenn die Situation es erforderte. Die beste Methode, wirklich alte Kreaturen mit magischer Macht zu besiegen, war das Überraschungsmoment.
    Das leise Rascheln einer umgeblätterten Seite. Neben dem brutzelnden Fleisch und dem kaum hörbaren Geräusch von Runes ruhigen Atemzügen war es der einzige Laut in der Küche. Seit er angefangen hatte zu lesen, hatte er zehnmal umgeblättert, und sie wusste nur zu gut, wie dicht der Stoff war, den er las.
    Von Aristoteles höchstpersönlich hatte sie die Gesetze der Logik erlernt, und sie hatte jeden Gelehrten studiert, der die Entwicklung dieser wissenschaftlichen Methode vorangetrieben hatte. Die Notizbücher, die Rune gerade las, beinhalteten einige ihrer hochkarätigsten Gedanken. Sie enthielten historische Fakten, einige seltene Zeitzeugenberichte und Informationsfetzen zu allem, was sie irgendwie hatte auftreiben können, um ihre Forschung voranzubringen.
    Im Laufe ihres Lebens hatte sie ein sagenhaftes Vermögen angehäuft. Auf der ganzen Welt verstreut besaß sie vielerlei Anwesen, unter anderem in New York, London, an der französischen Riviera, in Marokko und in Alexandria in Ägypten. Sie besaß unersetzliche historische Kunstgegenstände, Diamanten und Saphire, so groß wie Enteneier. Doch ihr wertvollster Schatz lag vor Rune auf dem Tisch ausgebreitet.
    Eine Seite wurde umgeblättert. Jetzt war er auf Seite elf und hatte noch kein einziges Mal um eine Erläuterung gebeten. Also war er auch noch viel zu intelligent. Ein intelligenter Mann war ein gefährlicher Mann und umso schwerer zu überraschen. Sie täte gut daran, das nicht zu vergessen.
    Sie schnitt das größte Stück Hühnerfleisch ein und betrachtete es prüfend. Innen war es durch und durch weiß und außen knusprig braun. Er war der Typ, dem das gefallen würde. Sie häufte das Fleisch auf einen Teller und nahm die Pfanne vom Herd.
    Dann warf sie einen Blick über die Schulter. Rune hatte sich zurückgelehnt. Er räkelte sich in seinem Stuhl, hatte die langen Beine von sich gestreckt und beobachtete sie aufmerksam. Und so allein mit ihm in der stillen Einsamkeit der sonnenbeschienenen Küche glich das einer beträchtlichen Naturgewalt. Er zog sie an wie ein

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