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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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daraus hervor. Der Hai wand sich, schnappte nach Cel, konnte ihn jedoch nicht erreichen und tauchte dann ab. Cel musste den Speer loslassen, um nicht mit in die Tiefe gerissen zu werden.
    Lysandra warf ihm ein Seil zu, das er sogleich ergriff. So schnell sie konnten, zogen sie Cel aus dem Wasser. Der Hai war inzwischen wieder aufgetaucht und tobte wenige Meter von ihnen entfernt. Er versuchte nach Cel zu schnappen, doch fand er ihn nicht, zumal bereits andere Haie aufgetaucht waren, angelockt durch das Blut im Wasser, das auch ihr Ziel war, sodass sie Cel noch rechtzeitig an Bord ziehen konnten.
    Die Wellen, die die anderen Haie schlugen, schienen den großen Hai zu irritieren. Sie waren kleiner als er, doch dafür waren sie zu neunt. Die Haie griffen ihren größeren Artgenossen an und zerrissen ihn.
    Kaum lag Cel auf den feuchten Planken, gab Hiram den Befehl zum Rudern. Die kleineren Haie stellten laut ihm aufgrund ihrer Größe für das Schiff keine Gefahr dar. Auch waren sie mit dem größeren Hai, der sich trotz zahlreicher Verletzungen immer noch wehrte, beschäftigt. Einen der kleinen Haie hatte er getötet. Auch dieser wurde von seinen Artgenossen gefressen. Doch waren sie an dem noch zappelnden, blutenden großen Hai weitaus mehr interessiert. Das Meer sah aus, als wäre es aus Blut. Zum Glück machten die Haie keine Anstalten, dem Schiff zu folgen.
    Lysandra trat zu Cel, um ihm eine Decke zu bringen. Hustend spuckte er etwas Meerwasser aus. Wasser troff aus seinem Haar und von seiner Kleidung. Er zog sich aus und wickelte sich in die Decke ein. Auch für sich nahm sie eine, denn die Nacht war noch nicht vorbei.
    »Das war knapp gewesen, sehr knapp!« Hiram wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Untersucht das Schiff auf Schäden. Sie müssen so schnell wie möglich repariert werden!«
    Glücklicherweise hielten sich die Schäden in Grenzen, doch befürchtete Hiram, dass ein weiterer derartiger Angriff oder ein Sturm ihr Ende sein könnte. Lysandra betete zu Apollon und Athene um ein sicheres Geleit bis zu den Zinninseln.
    »So eine Fahrt habe ich noch niemals mitgemacht und so ein Ungetüm von Hai habe ich auch noch nie gesehen und ich bin seit über fünfzehn Jahren auf See.« Belzzasars Stimme bebte. Er war blasser als gewöhnlich.
    Sie sah Cel an, doch sein Blick war aufs Meer gerichtet. Dann wandte er sich ihr zu und schlang die Arme um sie.
    »Nur wegen mir sind du und alle anderen hier in Lebensgefahr. Nur wegen mir, meiner Selbstsucht und meiner Angst, Sirona zu verlieren. Die Leute meines Volkes verachten mich, weil ich weiß, dass es nach dem Tod anders ist, als sie es sich vorstellen.«
    Gemeinsam mit Cel ging sie hinter Hirams Kajüte, wo einigermaßen Sichtschutz bestand. »Das war kein gewöhnlicher Hai«, sagte Cel.
    »Genau dies sagte Belzzasar auch. Er hätte sich ungewöhnlich verhalten und er hätte in seinen fünfzehn Jahren auf See noch nie einen derart großen Hai gesehen. Du sagtest, dein Volk würde dich verachten, weil du weißt, wie es nach dem Tode sei«, sagte Lysandra.
    Cel nickte. »Ich kann den Tod sehen und die Geister der Toten. Mein Volk stellt sich die Anderswelt als einen Ort des Frohsinns vor, sodass sie freudig im Kampf sterben und den Tod nicht fürchten, denn das wahre Leben beginnt erst danach, befreit von der Mühsal des Erdendaseins. Dem ist jedoch nicht so. Die erdgebundenen Toten irren herum und wissen oft nicht, dass sie tot sind. Sie sind verwirrt und orientierungslos, bis sie weggezogen werden. Wie dieser Ort ist, weiß ich nicht, doch wir werden es herausfinden. Doch nach all den Jahren auf thrakischem und makedonischem Boden, wo das Jenseits anders gesehen wird als bei uns, habe ich meine Meinung darüber geändert.«
    »Irgendjemand ist hinter uns her. Das können keine Zufälle sein«, sagte Lysandra. Sie wickelte eine Decke um sich.
    »Das befürchte ich schon länger, doch komme ich ohne das Schiff nicht zu den Zinninseln. Wenn Sirona nicht wäre, würde ich eure Leben nicht riskieren und schon gar nicht deins. Ich kann nur hoffen, dass dir nichts passiert, denn dieser Preis wäre einfach zu hoch.« Seine Stimme bebte. Unendliche Wehmut lag in seinen Augen.
    Sachte berührte Lysandra seine Wange, die er erst rasiert haben musste. »Ich bin freiwillig hier. Mein Leben ist ohnehin zu Ende. Ich habe nichts zu verlieren.«
    »Weil du zurück nach Delphoí musst?«
    Sie nickte. »Ich habe es Nerea geschworen. Wenn ich Sirona und dich retten kann, werde

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