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Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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weiteratmen.
    Verfluchtes Frauenzimmer! Vielleicht lag
die Übelkeit gar nicht so sehr am Gestank, sondern daran, dass er gerade zum
ersten Mal einen Menschen erschossen hatte. Immer wieder wanderte sein Blick zu
Sylvaine Lenoirs Leiche, die ausgestreckt in Blut und Schmutz am Boden lag.
Pflichtschuldig hatten Massignon und er sie auf Lebenszeichen untersucht,
obwohl die Einschusslöcher in ihrem Oberkörper eine deutliche Sprache sprachen.
Er hatte das nicht gewollt. Warum musste sie auch mit diesem Irrsinn
weitermachen, obwohl sie doch umstellt gewesen war? »Merde!« Er trat gegen eine
der umgefallenen schwarzen Kerzen, die in hohem Bogen durch den Raum flog und
gegen die Wand knallte. Gerade so wie dieser große Kerl, der eben wieder zu
sich kam. War durch die Luft gesegelt wie die davongeschleuderte Puppe eines
zornigen Mädchens. Wie hatte Jean das nur angestellt?
    »Halten Sie still, Monsieur!«, befahl Massignon dem erwachenden
Hünen, dem sie zuvor Handschellen angelegt hatte. »Sie sind verhaftet. Sie
waren bewusstlos, aber Hilfe ist auf dem Weg hierher.«
    Das hoffen wir jedenfalls. Doch Tiévant
bezweifelte, dass der Kollege, der losgelaufen war, um die Ambulanz, Capitaine
Lacour und ein Team der Spurensicherung zu verständigen, bereits an der
Oberfläche war. Ach ja, die Spurensicherung … Er verzog den Mund. Die Kerze war
noch ein Stück über den Boden gerollt und dann liegen geblieben. Was soll’s? Sie hatten alles gesehen. Der Fall war klar. Es
wurden keine Indizien gebraucht, um zu verstehen, dass das Mädchen mit dem
aufgeschlitzten Hals tot war. Blitzschnell wie eine beißende Schlange war
Lenoirs Arm vorgezuckt. Er konnte das Aufblitzen der Klinge so deutlich vor
sich sehen, als passiere es noch einmal. Sein Finger am Abzug hatte sofort
zugedrückt, die Kugel in den Brustkorb getroffen, doch es war zu spät, zu spät
gewesen … Blut war hervorgesprudelt, hatte sich mit dem entweichenden Atem zu
Regen vermischt. Alles war zu schnell gegangen, zu schnell. Er hatte nicht mehr
gewusst, wo er zuerst hinsehen, zuerst reagieren sollte, als plötzlich auch
noch der Hüne durch die Luft geschleudert worden war und Jean, der eben noch
wehrlos am Boden gelegen hatte, nicht nur auf den Beinen war, sondern auch noch
den völlig überrumpelten Dupont zur Seite gestoßen und ihm dabei die Waffe aus
der Hand geprellt hatte. Auf und davon, verschwunden in den Gängen der
Katakomben war er gewesen, bevor Tiévant überhaupt entschieden hatte, dass er
und Dupont als Erstes die übrigen Verbrecher gefangen nehmen mussten, während
Massignon vergeblich versuchte, die Blutung des Mädchens zu stillen, das zu Boden
gestürzt war.
    Dort lag es noch immer, wächsern bleich im Schein der Taschenlampen
und der verbliebenen Kerzen. Schwarze Seidenbänder, die noch vage die Form
eines Pentagramms andeuteten, wanden sich unter ihr und ihrem Blut wie
Schlangen. Vielleicht hatten die Spinner doch recht, die behaupteten, dass sich
in der Tiefe des Untergrunds ein Tor zur Hölle verbarg. Verfluchtes
Labyrinth! Gefühlte Ewigkeiten hatten sie gebraucht, um den Eingang im
Brunnenschacht, die richtigen Türen und Abzweigungen zu finden. Einmal hatten
sie umgedreht, als sie merkten, dass der Schlamm im Gang vor ihnen unberührt
war. Zweimal waren sie nach langem Marsch in Sackgassen gelandet, sodass sie
schon hatten aufgeben und umkehren wollen, bevor sie endlich auf die
Kreidemarkierungen gestoßen waren.
    Zu spät! Wie konnte man so krank sein, ein
junges Mädchen für irgendwelchen Teufelshokuspokus zu ermorden? Er musterte
Charles Arnaud, der in Handschellen an die Wand gelehnt saß. Trotz der Kühle
hier unten glitzerten Schweißtropfen auf seiner Stirn. Dieses Mal würde sein
selbstherrlicher Schwager ihn nicht retten können. Und dieser da … Tiévants
Blick blieb auf dem Weg zu dem jüngeren Kerl an etwas Hellem hängen, das auf
dem Boden lag. Überrascht bückte er sich, um es aufzuheben. Es war eine Art
Röhre, etwa so lang und dick wie sein Daumen, vielleicht aus Speckstein
geschnitten oder aus Ton geformt – so genau kannte er sich da nicht aus.
Rundherum hatte jemand Bilder und Zeichen hineingeritzt, ein winziges Relief.
Es sah alt aus, entweder abgegriffen oder verwittert. Ein
weiteres Utensil für satanische Rituale? Doch auf den ersten Blick
erinnerte nichts daran.
    »Was hast du gefunden?«, erkundigte sich seine Kollegin.
    »Nichts Besonderes. Könnte ein Stück Knochen sein, das irgendein
souvenirjagender

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