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Der Kuss des Killers

Der Kuss des Killers

Titel: Der Kuss des Killers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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Eve sie gegen die Blicke der meisten abschirmte und ihre Stimme ein kaum hörbares Flüstern war, wandten sich ihr mehrere Gäste neugierig zu.
    »Sie standen unter Drogen, Alice. Sie wurden vergewaltigt. Es gibt nichts, dessen Sie sich schämen müssten.«
    Der Blick, mit dem das Mädchen sie bedachte, brach Eve beinahe das Herz. »Weshalb schäme ich mich dann derart? Ich war noch Jungfrau und es hat mir wehgetan, aber selbst das hat mich erregt. Auf eine unerträgliche Art. Das, was ich dabei empfand, war enorm, ja geradezu monströs. Sie haben mich benutzt und ich habe sie angefleht, mich noch einmal zu benutzen. Was dann auch sämtliche Teilnehmer an dem Hexensabbat taten. Bis die Sonne aufging, war ich endgültig verloren, war ich ihre Sklavin. Ich wachte im Bett zwischen den beiden auf. Zwischen Alban und Selina. Ich war bereits ihr Lehrling. Und zugleich ihr Spielzeug.«
    Weinend hob sie den Kelch an ihre Lippen. »Auf sexuellem Gebiet gab es nichts, was ich ihnen oder einem von ihnen auserwählten Wesen nicht gestattet hätte. Und in meiner Arroganz wurde ich achtlos. Jemand erzählte meinem Großvater davon. Er hat mir nie einen Namen genannt, aber ich wusste, dass es ein Hexer war. Großvater stellte mich zur Rede, aber ich habe ihn nur ausgelacht und ihn davor gewarnt, sich in mein Leben einzumischen. Ich dachte, das hätte er getan.«
    Schweigend schob Eve ihr Wasserglas über den Tisch, Alice nahm es dankbar an und hob es begierig an ihren Mund. »Vor ein paar Monaten kam ich dahinter, dass Selina und Alban private Rituale abhielten. Ich war einen Tag früher als erwartet vom College zurückgekommen, ging zu ihrem Haus und hörte den zeremoniellen Gesang. Ich öffnete die Tür des Ritualzimmers. Die beiden waren dort und brachten ein Opfer.« Ihre Hände bebten. »Dieses Mal war es keine Ziege, sondern ein Kind. Ein kleiner Junge.«
    Eve packte Alice am Handgelenk. »Sie haben gesehen, wie die beiden ein Kind ermordet haben?«
    »Ermordet ist für das, was sie getan haben, ein viel zu harmloses Wort.« Vor lauter Entsetzen versiegten ihre Tränen. »Bitten Sie mich nicht, Ihnen Genaueres zu erzählen. Tun Sie mir das nicht an.«
    Eve wusste, sie würde darum bitten müssen, doch nicht sofort. »Erzählen Sie mir nur, was Sie erzählen können.«
    »Ich habe Selina gesehen und das Messer. Das Blut. Die Schreie. Ich schwöre, man konnte auch die Schreie sehen. Sie hingen wie schwarze Flecken in der Luft. Es war zu spät, um es noch zu verhindern.«
    Sie sah Eve ins Gesicht und ihre tränennassen Augen flehten, ihr wenigstens diesen letzten Satz zu glauben. »Selbst wenn ich die Macht oder den Mut besessen hätte, um es zu versuchen, kam ich zu spät, um noch etwas für den Jungen tun zu können.«
    »Sie waren allein und standen unter Schock«, kam Eves vorsichtige Antwort. »Die Frau war bewaffnet, der Junge war tot. Sie hätten ihm nicht helfen können.«
    Lange starrte Alice sie reglos an, dann verbarg sie ihr Gesicht in ihren Händen und erklärte schluchzend: »Ich versuche das zu glauben. Ich versuche es so sehr. Mit diesem Wissen leben zu müssen, macht mich langsam, aber sicher kaputt. Ich lief davon. Ich lief blind davon.«
    »Sie können, was geschehen ist, nicht ändern.« Nach wie vor hielt Eve die Hand der jungen Frau. Sie hatte selbst einmal ein verstümmeltes Kind entdeckt, war selbst zu spät gekommen. Sekunden zu spät. Sie war nicht davongelaufen, sondern hatte den Mörder getötet. Doch davon war das Kind nicht zu neuem Leben erwacht. »Sie können es nicht ändern. Sie müssen damit leben.«
    »Ich weiß. Das sagt Isis auch.« Alice atmete zitternd ein und ließ ihre Hände wieder sinken. »Sie waren derart in ihr Tun vertieft, dass sie mich nicht gesehen haben. Oder zumindest bete ich, dass ich nicht von ihnen gesehen worden bin. Ich bin weder zu meinem Großvater noch zur Polizei gegangen. Dazu hatte ich viel zu große Angst. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging, aber schließlich ging ich zu Isis, der Hohepriesterin, die mich als Hexe initiiert hat. Sie nahm mich bei sich auf, nach allem, was ich getan hatte, nahm sie mich trotzdem bei sich auf. «
    »Sie haben Frank nichts von dem erzählt, was Sie gesehen haben?«
    Alice zuckte gequält. »Nicht sofort. Erst brauchte ich Zeit, um nachzudenken und mich innerlich zu reinigen. Isis hat einige Reinigungs- und Heilungsrituale mit mir durchgeführt. Isis und ich hielten es für das Beste, dass ich eine Weile abgeschieden lebte und

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