Der Kuss des Lustdämons
Witwen unter den Hexen.“
Sie war aufgrund ihres Aussehens also würdig, die Galpyre zu vertreten. War das ein verstecktes Kompliment?
„Frauen, sagt Ihr?“
„Keine gewöhnlichen Frauen, es sind magische Weiber. Wer ihnen verfällt, der ist dem Tode geweiht. Sie suchen sich Männer, um sich mit ihnen zu paaren. In dem Moment, wo der Mann seinen Orgasmus entlädt, zeigen sie ihr wahres Angesicht. Sie entreißen ihrem Opfer die Männlichkeit und verschlingen sie. Diese Hexen glauben fest daran, dass so die Energie ihres Opfers in sie übergeht und ihre Macht vergrößert wird. Dieses Ritual ist für sie wie ein Rauschmittel. Sie verschonen niemanden, denn ihre Gier nach Macht ist groß. Sie ernähren sich ausschließlich von Männerfleisch. Aber durch unsere Armee wird ihnen die Jagd auf Menschen fast unmöglich gemacht.“
„Dann müssen sie ja sehr ausgehungert sein.“ Innerlich schalt sie ihre vorlaute Art, die immer dann zum Vorschein kam, wenn es eigentlich günstiger wäre, die Klappe zu halten.
„In Zeiten der Not fressen die Galpyre ihre eigene Brut. Der männliche Nachwuchs wird in unterirdischen Höhlen eingepfercht. Solange wie es geht, werden sie lebendig gehalten, während sie Stück für Stück verspeist werden. Doch in Zeiten des Hungers können sie kaum sich selbst ernähren, ohne ihre Vorräte aufzubrauchen. Und so verhungern fast alle ihrer weiblichen Nachkommen. Die Verzweiflung darüber macht sie stark, aber auch sehr unvorsichtig. So gelingt es immer wieder, einige der Bestien zu töten. Bis auf uns Krieger haben sie keine natürlichen Feinde.“
Celice schüttelte sich. Wollte sie das wirklich wissen?
„Und Ihr gehört also zu den Senarya, Jade?“, fragte sie leise.
„Ja. Ich bin ihr Anführer.“ Stolz klang aus seiner Stimme.
„Ihr Anführer? Oh.“ Sie krallte sich in das Holz des Geländers und biss sich auf die Unterlippe. Wie konnte sie nur glauben, eine Chance bei ihm zu haben?
„Geht jetzt. Man erwartet Euch schon.“ Er nickte ihr zu.
„Lebt wohl, Jade.“ Ohne sich noch einmal umzusehen ging sie die Treppe hinauf.
„Wir werden uns wiedersehen, das verspreche ich Euch.“
Ja, sie würde ihn wiedersehen. Doch er würde niemals ihr gehören können. Sie glaubte ein Déjà-vu zu haben. Dieser Schmerz im Herzen kam ihr so bekannt vor.
Sie kam in einen fensterlosen Raum, der von Kerzenleuchtern und dem Feuer im Kamin erhellt wurde. Celice fiel es leicht, die Kammerzofe weder anzusehen noch mit ihr zu sprechen. Wortlos ließ sie sich die Lumpen ausziehen und stieg in einen mit Wasser gefüllten Zuber. Die Zofe warf die Fetzen in die Flammen des Kamins, wo ein silberner Kessel erhitzt wurde. Daneben stand ein Stuhl, auf dem sich ein nachtblaues Seidengewand mit silbernen Blumenstickereien befand. Celice winkelte ihre Beine an und starrte auf ihre Hände. Das Blut wurde zu kleinen Wolken im Wasser.
In ihre blonden Locken wurde ein Aufguss mit Kamille einmassiert und dann mit einem Leinentuch umwickelt. Die Zofe goss abwechselnd warmes Wasser und Rosenöl aus einem metallenen Krug in den Badezuber. Dann begann sie die Haut der jungen Frau mit einer weichen Bürste zu säubern. Im Wasser spiegelten sich Jades Gesichtszüge wider. Die Oberfläche legte sich in kleine Wellen. Celice starrte ihre Hand an, auf der sich nur noch eine kleine Narbe befand. Warum tat ihr seine Ablehnung so weh?
Die Welt verschwamm und sie glitt in den Raum zwischen ihren Gedanken.
Leicht wie Nebel legte sich das Gewand um ihren Körper. Ein tief geschnittenes Hemd mit dünnen Trägern und eine Hose, sowie seidene Tücher, die an Armreifen festgemacht waren. Ihre Haare kämmte die Zofe ihr streng nach hinten und band sie zu einem Zopf, der mit Schmuck aus Silber und Diamanten verziert wurde. Um ihre Taille schmiegte sich ein Gürtel. Ihre bloßen Füße wurden mit einigen Glöckchenketten geschmückt. In ihrem Bauchnabel wurde ein blauer Saphir mit einer Schicht Harz fixiert. Bevor die Zofe ihre Augen schminkte, behandelte sie ihre Lider nochmals mit einer Tinktur. Ihr Mund wurde mit einer blutroten Paste bestrichen, die nach Wachs und Honig schmeckte. Zuletzt verschleierte man ihr Gesicht mit einem silberdurchwirkten Tuch.
Wenig später führte man sie durch fensterlose Flure, die wirkten, als wären sie direkt durch ein riesiges Gebirge getrieben worden. In die Steinwände waren Kuhlen eingearbeitet, in denen Kerzen brannten. Ein weinroter Teppich rieb unter ihren Fußsohlen.
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