Der Kuss des Lustdämons
leider keine andere Wahl. Mit starrem Gesichtsausdruck stieg sie von ihm herunter und setzte sich auf den zweiten Klappstuhl, der direkt vor ihm stand. Lasziv schlug sie ihre Beine übereinander. Sie war ein niedliches Püppchen, wenn er sie an seinen Fäden hielt. Aber er wollte ja fair bleiben. Jade schloss seine Augen.
„Und was hast du erfahren?“
Der leere Ausdruck ihrer Pupillen verschwand. „Sie heißt Celice Julien, 32 Jahre alt, ist Fotografin für das Luv’n Fashion. Ist wohl durch ihre Arbeiten zum aktuell angesagtesten Modemagazin geworden. Sie fährt jeden Morgen von Spandau aus mit einem neongrünen Fahrrad zu ihrer Arbeitsstelle hier um die Ecke. Momentan steckt sie in ihrer größten Lebenskrise, weil ihr Freund sie wegen einer anderen verlassen hat. Die Familie ist in Übersee verschollen, sie hat hier nur eine Freundin und ihre Arbeit. Sie ist ein Morgenmuffel und Cappuccinosüchtig. Ach ja, ihr Lieblingsessen ist Sauerbraten mit Rotkohl und Klößen.“
Jade hob die Hand. „Ähm. Ja. Unglaublich. Woher hast du die ganzen Infos?“
„Oh, ich habe ihre beste Freundin vor der Haustür abgefangen. Diese Kyra hat geredet wie ein Wasserfall. Ehrlich, ich habe noch nie so ein geschwätziges Weib erlebt. Aber heiß! Absolut heiß, das Luder!“
Jade schmunzelte. Wenn Missy so von einer Frau sprach ...
„Das Beste habe ich ja noch vergessen. Sie meinte für den Fetischbereich des Magazins würden noch Models gesucht. Na, wenn das nicht die perfekte Einladung für uns ist.“
Jade lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und fuhr sich über den Kinnbart. Er und modeln? Auf die Idee war er noch gar nicht gekommen. „Nun hab dich nicht so, du wirst schon nicht im Blitzlichtgewitter sterben. Und du bist ja nicht allein. Ich werde mir diese Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen.“ Das könnte kompliziert sein. Celice kannte sein Gesicht aus ihrem Traum, da seine dunkle Seite zunächst seine Gestalt angenommen hatte.
„Mist!“ Er erhob sich und ging wortlos an Missy vorbei.
Sie stand ebenfalls auf. „Wo willst du hin? Hey!“
Der Rotschopf hatte keine Ahnung. Ihr die ganzen Hintergründe zu erklären wäre jetzt auch viel zu kompliziert gewesen.
„Ich geh in die Firma zurück. In drei Stunden bin ich wieder hier.“ Jade musste nachdenken. Und das konnte er am besten, wenn er allein war. Er entließ Missy aus seinem Bann.
„Du kannst mich doch hier nicht so einfach sitzen lassen! Jade!“ Brummelnd sank Missy auf den Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Manchmal war er wirklich komisch. Aber die Fotosache wäre genau das, was er brauchte, um an diese Celice heranzukommen. Wer weiß. Wenn das Magazin wirklich so bekannt war, dann könnte dies auch ein Sprungbrett für eine Karriere sein. Das wäre vielleicht eine Möglichkeit, sich von seinem Vater zu lösen.
Sie hatte Glück gehabt, dass sie Kyra getroffen hatte. Eine zweite Barbara Meier. Gelocktes naturrotes Haar, blaue Augen, ein sinnlicher Mund und schlank. Durch ihre Highheels überragte sie Missy ein paar Zentimeter. Sie hatte ein weißes Minikleid mit einer Schnürung im Ausschnitt getragen. Diese Frau würde sie sich auf jeden Fall noch mal genauer ansehen. Eine süße Kleine, genau ihr Beuteschema. Nachdenklich drehte Missy eine ihrer längeren Haarsträhnen um den Finger.
„Möchten Sie was bestellen?“ Ohne die Bedienung anzusehen wählte Missy einen Caipirinha.
Jade lief die Friedrichsstraße hinunter Richtung Bahnhof. Ein Eingang zu den Privaträumen der Firma befand sich hinter der Fassade einer Bäckerei.
Kurz schloss er die Augen und rieb die Handflächen aneinander. Er fühlte wie die Energie durch seinen Körper rauschte und eine kleine Wolke zwischen seinen Händen bildete. Dann drückte er auf die Glasscheibe. Als sich die Tür öffnete registrierte ihn niemand. Ungehindert trat er durch eine Tür neben der Theke, die sich nicht auf der Wahrnehmungsebene der Menschen befand. Dahinter war das Treppenhaus. Nach unten ging es zu den Meditationsräumen. Jade nahm schon von Weitem den Ölgeruch wahr. Er trat durch die erste Metalltür in den schwarzen Raum. Die Lichter in der Mitte entzündeten sich von selbst. Jade entledigte sich seines Achselshirts und des Haargummis und warf beides vor die Tür. In der Mitte des Kreises setzte er sich im Schneidersitz nieder.
Er hatte sich bisher keine Gedanken darüber gemacht, was passieren würde, wenn sich Celice und er im realen Leben
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