DER KUSS DES MAGIERS
werden.“
Er holte tief Luft und machte einen Schritt auf Sina zu. Unwillkürlich wich sie zurück, stieß aber mit den Kniekehlen an die Bettkante, sodass sie sich unfreiwillig setzte. Jetzt musste sie den Kopf in den Nacken legen, um Lugo anzuschauen. Breitbeinig, die Hände in die Hüften gestemmt, stand er vor ihr.
„Das beides allein finde ich schon ziemlich seltsam“, fuhr er fort. „Dass du mir nichts von euren Plänen erzählt hast, meine ich. Und dass du diesen Job bei dem Zaubertrottel angenommen hast. Obwohl – deine Mom meinte, er bezahlt richtig gut. Ich frag mich nur, welche Leistungen da inbegriffen sind.“
Schockiert starrte sie ihn an. „Lugo!“, begann sie, doch er hob die Hand, und sie verstummte.
„Na egal, Geld ist Geld, hat sich der gute alte Lugo gedacht. Und wer weiß, vielleicht wird mein Baby ja berühmt? Aber dann wollte ich zumindest dabei sein. Also bin ich ins Auto gesprungen und habe mich auf den Weg hierher gemacht, damit ich heute Abend im Publikum sitzen und dir applaudieren kann.“
Sina schloss die Augen. Konnte es noch schlimmer werden?
„Und was muss ich da sehen? Der Zaubertrottel tritt heute Abend gar nicht auf. Und bei den nächsten drei Vorstellungen auch nicht. Er ist nämlich verletzt, der Arme! Ist bei der Vorstellung gestern passiert. Hat er sich selbst in den Fuß geschossen, oder was? Zuzutrauen wär’s ihm. Jedenfalls – die Show hat angefangen, und weder er noch meine Sina sind dabei. Und da frage ich mich doch … Was machst du noch hier?“
Die letzten Worte brüllte er, und Sina wollte erschrocken aufspringen – doch Lugo drückte sie an den Schultern auf die Bettkante zurück.
Nie im Leben konnte sie ihm erklären, was wirklich passiert war – er würde sie für völlig verrückt halten. Aber etwas gab es, das unverfänglich und sogar die Wahrheit war. „Er … er weiß etwas über meinen Vater“, stammelte Sina. „Er kann mir vielleicht sagen, wo er sich aufhält.“
Lugo zog die Augenbrauen hoch. „Er weiß etwas über deinen Vater?“, wiederholte er verächtlich. „Mein Gott, wie dämlich bist du eigentlich? Der Typ will dich ins Bett kriegen. Das ist alles, und dazu ist ihm jedes Mittel recht. Allerdings wundert mich, dass er sich dazu noch irgendwelche Lügengeschichten ausdenken muss, so wie du ihn auf der Bühne angehimmelt hast. Oh ja, schau nicht so entsetzt! Ich habe über diesen Zaubertrottel recherchiert und bin auf das Video von deinem Auftritt gestoßen. Da hatte ich Gelegenheit, mir immer wieder anzuschauen, dass ihr schon auf der Bühne fast übereinander hergefallen wärt.“
Gefährlich ruhig fuhr Lugo fort: „Und was ist wohl passiert, nachdem ihr gemeinsam durch den Spiegel verschwunden seid? Das macht er nämlich nicht mit jeder seiner sogenannten Assistentinnen. Wusstest du das? Bei seinen anderen Auftritten hat er die Mädels durch den Spiegel einfach allein zurück ins Publikum geschickt. Und das ging auch viel schneller. Also, was habt ihr in der Zwischenzeit getrieben?“
Wieder schrie er sie an, und Sina zuckte zurück. So hatte Lugo noch nie mit ihr gesprochen. Sie hatte ihm allerdings auch nie einen Anlass dafür gegeben.
Das Schlimmste war, dass er ja recht hatte. Sie hatte Les geküsst, mehrmals, und sie war zu viel mehr bereit gewesen. An Lugo hatte sie dabei überhaupt nicht mehr gedacht, so machtvoll waren ihre Gefühle für Les gewesen. Und sie waren es immer noch. Auch wenn sie ihn nie wiedersah, würde sie ihn immer lieben. Sie konnte sich nicht vorstellen, jemals wieder mit Lugo zusammen zu sein.
Sina schluckte. „Lugo, es tut mir leid, dass du es so erfährst, aber …“
„Aber?“, unterbrach er sie. „Da gibt es kein Aber. Na gut, du bist jung und unerfahren, und der Typ hat es wirklich darauf angelegt. Aber das ist auch das Einzige, was du zu deiner Entschuldigung vorbringen kannst.“
Er setzte sich auf die Bettkante. „Pass auf, ich werde dir verzeihen, Baby. Allerdings wird so was nie wieder vorkommen, ist das klar? Und um es dir einfacher zu machen, schlage ich ein paar Veränderungen vor. Du wirst bei deiner Mutter ausziehen und in Zukunft bei mir wohnen, wo ich dich im Blick habe. Deine Mutter scheint ja sowieso keinen sehr guten Einfluss auf dich zu haben. Sie klang am Telefon, als hätte sie die ganze Sache noch unterstützt.“
Lächelnd strich er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. „Ich habe dich übrigens am College in Payton angemeldet. War gar nicht so einfach, so
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