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Der Kuss des Meeres

Der Kuss des Meeres

Titel: Der Kuss des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Banks
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drehe es hin und her. Es fühlt sich an, als würde ich meine eigenen Eingeweide hin und her drehen. Zermatsch es, würfel es, misch alles zusammen. Aber ganz egal, was ich tue, ich kann es nicht einmal in die Nähe meines Mundes bringen. Versprochen ist versprochen, Traum hin, Traum her. Selbst wenn mich in Grannys Teich kein echter Fisch gerettet hat, haben mich die unechten , von meiner Fantasie heraufbeschworenen getröstet, bis Hilfe kam. Und jetzt wird von mir erwartet, dass ich ihre Cousins esse? Nie im Leben.
    Ich lege die Gabel beiseite und nippe an meinem Wasser. Ich spüre, dass Galen mich beobachtet. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass die anderen sich das Zeug ins Gesicht schaufeln. Außer Galen. Er sitzt reglos da, den Kopf zur Seite geneigt, und wartet darauf, dass ich den ersten Bissen nehme.
    Jederzeit ein Gentleman! Was ist bloß mit dem Jungen passiert, der mich noch vor wenigen Minuten wie eine Dreijährige übers Knie gelegt hat? Ich krieg das Zeug immer noch nicht runter. Und sie haben nicht einmal einen Hund, den ich unter dem Tisch füttern könnte– mein Masterplan, wenn wir bei Chloes Großmutter zu Besuch waren. Einmal hat Chloe sogar eine Essensschlacht angezettelt, um mich zu retten. Ich blicke in die Runde, aber Rayna ist die Einzige, der ich diesen Matsch an den Kopf werfen würde. Außerdem würde ich am Ende noch selbst etwas von dem Zeug abkriegen.
    Galen stößt mich mit dem Ellbogen an. » Hast du keinen Hunger? Es geht dir doch nicht wieder schlechter, oder?«
    Das erregt die Aufmerksamkeit der anderen. Das wilde Reinschaufeln hört abrupt auf. Alle starren mich an: Rayna verärgert, weil ihre kleine Völlerei unterbrochen wurde. Toraf grinsend, als hätte ich etwas Witziges getan. Galens Mom besorgt. Kann ich lügen? Soll ich lügen? Was, wenn ich wieder eingeladen werde und sie noch mal Meeresfrüchte kocht, weil ich sie dieses Mal angelogen habe? Wenn ich Galen erzähle, dass mein Kopf wehtut, bewahrt mich das nicht vor zukünftigen Meeresfrüchtebuffets. Und es wäre sinnlos, ihm zu sagen, ich hätte keinen Hunger, weil mein Magen gurgelt wie ein sich leerendes Abflussrohr.
    Nein, ich kann nicht lügen. Nicht, wenn ich jemals wieder hierherkommen will. Und das möchte ich. Ich seufze und lege die Gabel beiseite. » Ich hasse Meeresfrüchte«, erkläre ich ihm. Torafs plötzliches Husten lässt mich zusammenzucken. Er würgt wie eine Katze, die mit einem Haarball kämpft.
    Ich richte den Blick auf Galen, der aussieht, als wäre er zur Statue geworden. Himmel, ist das das einzige Gericht, das seine Mom kochen kann? Oder habe ich gerade das preisgekrönte Forza-Familienrezept für Zackenbarsch runtergemacht?
    » Du… du meinst, du magst diese Art von Fisch nicht, Emma?«, fragt Galen diplomatisch.
    Ich will schon verzweifelt nicken, will sagen: » Ja, genau, nicht diese Art von Fisch«– aber dann komme ich nicht um den Krabbenfleisch- und Muschelberg auf meinem Teller herum. Ich schüttele den Kopf. » Nein. Nicht nur diese Art von Fisch. Ich hasse Fisch ganz grundsätzlich. Ich kann nichts davon essen. Kann es kaum riechen.«
    Warum springst du ihm nicht gleich an die Kehle, du Dummkopf! Hätte ich nicht einfach sagen können, dass ich nichts dafür übrighabe ? Musste ich gleich sagen, dass ich Fisch hasse? Dass ich sogar den Geruch hasse? Und warum werde ich rot? Es ist kein Verbrechen, bei Meeresfrüchten zu würgen. Und um Gottes willen, ich werde nichts essen, was noch Augäpfel hat.
    » Du willst damit sagen, dass du keinen Fisch isst?«, blafft Rayna. » Ich hab’s dir gesagt, Galen! Wie viele Male habe ich es dir gesagt?«
    » Rayna, sei still«, erwidert er, ohne sie anzusehen.
    » Wir verschwenden unsere Zeit!« Sie legt krachend ihre Gabel auf den Tisch.
    » Rayna, ich sagte…«
    » Oh, ich habe gehört, was du gesagt hast. Und es wird langsam Zeit, dass du zur Abwechslung mal jemand anderem zuhörst.«
    Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für eine Ohnmacht. Oder vor zehn Minuten– bevor sie die Meeresfrüchteüberraschung enthüllt haben. Aber mir ist kein bisschen schwindelig. Ich bin auch nicht müde. Raynas Ausbruch hat die Stimmung im Raum verändert. Es fliegen Funken, als hätte sie eine versteckte Energie freigesetzt. Daher bin ich nicht überrascht, als Galen so schnell aufsteht, dass sein Stuhl umkippt. Ich stehe ebenfalls auf.
    » Geh, Rayna. Sofort«, stößt er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Als Rayna aufsteht, folgt ihr Toraf mit

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