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Der Kuss des Meeres

Der Kuss des Meeres

Titel: Der Kuss des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Banks
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losfahren, oder?«, fragt sie.
    » Ja. Das rechte Pedal ist zum Gasgeben da. Das linke zum Bremsen. Du musst auf das linke treten, um auf D zu schalten.«
    » Ich weiß. Ich habe gesehen, wie du es machst.« Sie stampft auf die Bremse und wirft den Gang ein. Aber wir bewegen uns nicht.
    » Gut, tritt jetzt auf das rechte Pedal, um…«
    Die Reifen drehen durch– und wir auch. Rayna starrt mich mit großen Augen und offenem Mund an– nicht gut, immerhin hat sie die Hände am Steuer. Ich denke darüber nach, ob sie wohl schreit, aber ich kann sie nicht hören, weil ich selbst so laut kreische. Die Staubwand, die wir aufgewirbelt haben, blockiert unsere Sicht auf die Bäume und die Straße und das Leben, wie wir es gekannt haben.
    » Nimm den Fuß vom rechten Pedal!«, brülle ich. Wir bremsen so scharf, dass mir die Zähne klappern.
    » Willst du uns umbringen?«, jault Rayna und hält sich die Wange, als hätte ich sie geohrfeigt. Ihr Blick ist wild und glasig; vielleicht fängt sie an zu weinen.
    » Willst du mich auf den Arm nehmen? Du bist diejenige, die fährt!«
    » Du hast gesagt, ich soll auf die Bremse treten, um auf Fahren zu schalten, und dann auf das rechte Pedal, um…«
    » Doch nicht gleichzeitig!«
    » Aber das hättest du mir sagen müssen. Woher soll ich das denn wissen?«
    Ich schnaube. » Du hast dich wie der verdammte Dalai Lama aufgeführt, als ich versucht habe, dir zu erklären, wie man die Gänge wechselt. Ich habe dir gesagt, dass ein Pedal zum Gasgeben und eins zum Bremsen ist. Du kannst nicht gleichzeitig bremsen und Gas geben! Du musst dich entscheiden.«
    Dem Ausdruck auf ihrem Gesicht nach zu urteilen, ist sie entweder drauf und dran, mich zu schlagen, oder, mich wirklich übel zu beschimpfen. Sie öffnet den Mund, aber es kommt keine wirklich üble Beschimpfung heraus; sie schließt den Mund wieder. Dann kichert sie. Jetzt habe ich wirklich alles gesehen.
    » Galen sagt mir das auch ständig«, gluckst sie. » Dass ich mich nie entscheiden kann.« Dann bricht sie in so heftiges Gelächter aus, dass sie über das ganze Lenkrad spuckt. Sie hört gar nicht mehr auf zu lachen, und schon bald bin ich überzeugt, dass eine unbekannte Kraft sie bis zur Besinnungslosigkeit kitzeln muss.
    Was soll das? So, wie ich die Sache sehe, hat ihre Unentschlossenheit uns beinahe umgebracht. Umbringen ist nicht lustig.
    » Du hättest dein Gesicht sehen sollen«, stößt sie zwischen zwei japsenden Atemzügen hervor. » Du warst total– so…« Und sie macht das Gesicht eines betrunkenen Clowns. » Ich wette, du hast dir in die Hosen gemacht, wie?« Sie bricht vor Lachen beinahe zusammen und hält sich den Bauch, als müsse sie ihre Eingeweide darin festhalten.
    Ich spüre, wie meine Lippen sich zu einem Lächeln verziehen, bevor ich sie daran hindern kann. » Du hattest noch viel mehr Angst als ich. Du hast ungefähr zehn Fliegen verschluckt, als du geschrien hast.«
    Sie spuckt erneut auf das Lenkrad. Und ich speie mein Gelächter auf die Armaturen. Wir brauchen gute fünf Minuten, um uns wieder ernsthaft auf eine weitere Fahrstunde einlassen zu können. Meine Kehle ist trocken, und meine Augen sind feucht, als ich sage: » Okay, also, konzentrieren wir uns. Die Sonne geht schon unter. Dieser Wald ist bei Nacht wahrscheinlich ziemlich unheimlich.«
    Sie räuspert sich und kichert immer noch ein wenig. » In Ordnung. Konzentrieren. Richtig.«
    » Also, wenn du jetzt den Fuß von der Bremse nimmst, wird der Wagen von alleine fahren. So, siehst du?« Wir schleichen im Leerlauf die Straße entlang, mit zwei Meilen pro Stunde.
    Sie pustet ihre Ponyfransen hoch. » Das ist langweilig. Ich will schneller fahren.«
    Gerade als ich zu einem » Nicht zu schnell« ansetze, tritt sie das Gaspedal unter ihrem Fuß durch, und der Wind reißt meine Worte weg. Sie stößt einen erschrockenen Schrei aus, was ich scheinheilig finde, denn immerhin bin ich diejenige, die hilflos auf dem Beifahrersitz hockt, und sie ist diejenige, die wie ein Teekessel kreischt und das Lenkrad hin und her reißt, als ob die Straße nicht schnurgerade wäre.
    » Bremsen, bremsen, bremsen!«, brülle ich und hoffe, dass die Wiederholung irgendwie in jenen kleinen Teil ihres Gehirns eindringt, der noch denkt.
    Dann geht alles ganz schnell. Wir halten an. Da ist ein knirschendes Geräusch. Mein Gesicht kracht gegen das Armaturenbrett. Halt, nein, das Armaturenbrett verwandelt sich in einen Airbag. Raynas Schrei wird von ihrem Airbag

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