Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Meeres

Der Kuss des Meeres

Titel: Der Kuss des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Banks
Vom Netzwerk:
abgewürgt. Ich öffne die Augen. Ein Baum. Ein beschissener Baum. Der Metallrahmen ächzt und unter der Motorhaube gibt etwas ein mechanisches Zischen von sich. Rauch wabert von vorne auf, das universelle Zeichen für: » Ich bin im Eimer.«
    Ich drehe mich zu dem raschelnden Geräusch neben mir um. Rayna ringt mit dem Airbag, als hätte er sie angegriffen und ihr nicht das Leben gerettet. » Was ist das für ein Ding?«, jammert sie, drückt es aus dem Weg und öffnet die Tür.
    Ein Mississippi … zwei Mississippi …
    » Was ist, willst du einfach da sitzen bleiben? Wir haben einen langen Fußweg vor uns. Du bist doch nicht verletzt, oder? Ich kann dich nämlich nicht tragen.«
    Drei Mississippi … vier Mississippi …
    » Was sind das für blinkende blaue Lichter da unten?«

22
    Von der Küste von Jersey zur Höhle der Erinnerungen, wo die Archive leben, ist es nur ein Steinwurf. Galen erreicht sie in ein paar Stunden. Die dicke arktische Eisschicht über ihm schützt vor den neugierigen Blicken der Menschen.
    Über Hunderte und Aberhunderte von Jahren hinweg waren die meterdicken Schichten der gefrorenen Vergangenheit die einzige Verteidigungsmaßnahme, die notwendig war. Aber inzwischen sind die Menschen dahintergekommen, wie sie ihre Roboterkameras nach unten schicken können. Viele der uralten Syrena-Relikte, die einst für alle Augen sichtbar auf dem Meeresboden lagen, wurden in die Kammern der Höhle gebracht. Was eine Schande ist, da nur Royals und Archive Zugang zur Höhle haben.
    Er kommt an einer Stelle vorbei, wo früher riesige römische Säulen vor den Syrena-Besuchern aufragten, um sie willkommen zu heißen. Jetzt ist es einfach nur ein verwaistes Stück Meeresgrund, grau und kalt, und das nicht nur wegen der eisigen Temperatur. Galen schüttelt den Kopf. Die Menschen zerstören wirklich alles. Nein, berichtigt er sich. Die meisten Menschen zerstören alles. Nicht alle.
    Er erreicht das Portal der Höhle. Zwei Fährtensucher gewähren ihm ohne weitere Fragen Einlass. Zweifellos haben sie ihn gespürt, bevor er auch nur Grönland erreicht hat. Das schmale Portal führt in einen breiten Flur, der wie ein riesiges Maul voller dünner, scharfer Zähne aussieht. Die Felsen, die von der Decke herunterwachsen, berühren beinahe den Boden. Galen hofft, dass sich die Menschen– falls sie jemals zu dieser Stätte vordringen– hier wie eine Mahlzeit fühlen.
    Selbst wenn sie sich durch diese Öffnung bis in den Bauch der Höhle hineinwagen, hätten sie ihre liebe Not, irgendetwas Fremdartiges zu finden, das nicht seit Tausenden von Jahren ein natürlicher Teil dieses Ortes ist. Die Höhle der Erinnerungen erstreckt sich über Hunderte von Meilen hinweg, ein Labyrinth von Gängen und Tunneln und Gewölben. Einige sind zu schmal, als dass auch nur ein Aal hindurchschlüpfen könnte. Andere könnten eine ganze Armee von Menschen beherbergen. Die Relikte, die die Geschichte der Syrena bezeugen, liegen an den verborgensten Stellen, am Ende der verwinkeltsten Gänge versteckt. Selbst mit der fortschrittlichsten menschlichen Technologie wäre es unmöglich, von dort wieder hinauszufinden.
    Aber die Syrena besitzen ein natürliches Werkzeug, das sie leitet: ihren Spürsinn, den die Archive in der Höhle gar nicht mehr brauchen; da sie ihr Gedächtnis trainiert und bis zu höchster Aufnahmefähigkeit ausgedehnt haben, finden sie ihren Weg auch ohne diesen besonderen Sinn. Galen grinst und denkt an Emmas verärgerten Gesichtsausdruck, als Dr. Milligan ihr gesagt hat, dass Syrena ein fotografisches Gedächtnis haben. Sie wäre fast vom Stuhl gefallen, als Galen bei ihrem ersten Test in Infinitesimalrechnung besser abgeschnitten hat als sie.
    Als er eine schmale Biegung umrundet, fängt Galen Romuls Puls auf und folgt ihm durch ein weiteres verschlungenes Durcheinander von Gängen. Romul wartet in der Zeremonienkammer auf ihn, dem Ort, wo die Verbindungsunterlagen aufbewahrt werden. Galen hat Romul hier noch nie zuvor angetroffen. Er fragt sich, ob es etwas mit Pacas Abstammung zu tun haben könnte. Versucht er zu beweisen, dass königliches Blut in ihren Adern fließt?
    Romul verbeugt sich vor Galen, aber es ist Galen, der sich demütig fühlt. » Ah, mein liebstes Mitglied des Königshauses«, sagt Romul. » Wie geht es Euch, junger Galen?«
    » Mir geht es gut, Romul. Danke.«
    » Was führt Euch in diesen abgelegenen Teil des Daseins, mein Prinz? Wichtiger noch, wie kann ich Euch dienen?«
    » Ich brauche erneut

Weitere Kostenlose Bücher