Der Kuss des Millionaers
in denen ihre Mütter die Nachmittage damit verbrachten, am Strand zu liegen, Saft zu trinken und zu plaudern, während er und Kell miteinander spielten. Und an die Tage, an denen sie unter der Obhut desselben trägen Kindermädchens gewesen waren und ihren Spaß daran hatten, sich vor der Frau zu verstecken.
„Ich weiß noch, du hast einmal gesagt, dass sein Teil der Familie ein bisschen seltsam ist“, sagte Bella.
Jeremy zog eine Grimasse. Das hätte er nicht erzählen sollen. Nur wenige wussten, dass Kells Mutter eine zurückhaltende Frau gewesen war, die zu Depressionen neigte. Denn so glücklich seine Kindheitserinnerungen auch waren, sie wurden ein wenig überschattet von den Erinnerungen an Tante Marys „Traurigkeit“, wie seine Mutter es genannt hatte. Sie waren oft in aller Eile zu ihr gegangen, damit Jeremys Mutter sie aufheitern konnte.
Allerdings vermutete Jeremy auch, dass seine Mutter die Krankheit ihrer Schwester dazu benutzte, nicht ständig daran denken zu müssen, dass ihr Mann mehr Zeit mit seiner jeweiligen Geliebten verbrachte als mit seiner Familie.
Das wollte Jeremy Bella allerdings nicht verraten. Es gab Geheimnisse, die man für sich behalten musste.
So wie auch Lucinda den Mund hätte halten müssen über Bellas Familie, über das, was Bella ihr im Vertrauen mitgeteilt hatte, dachte Jeremy wütend.
„Naja, dafür ist jedenfalls mein Teil der Familie normal“, versuchte er zu scherzen. „Obwohl – was heißt schon normal …“
Sie sah ihn nachdenklich an. „Ich glaube, da steckt mehr dahinter, als du zugeben willst.“
Jeremy zuckte die Schultern. Natürlich ließ sich Bella nichts vormachen, dazu war sie zu intelligent, aber sie würde sich mit dem zufrieden geben müssen, was er ihr erzählte. Abgesehen von den Problemen seiner Familie gab es allerdings sehr viele Dinge, die er mit Bella teilen wollte. Es tat ihm gut, dass sie alles an ihm zu akzeptieren schien, selbst seine Fehler. Und das gab ihm Mut, sich ihr anzuvertrauen.
Wenn er mit ihr zusammen war, fühlte er sich zufrieden und fast … glücklich. Was natürlich keinen Sinn ergab. Er war auch glücklich gewesen, bevor sie anfingen, miteinander zu schlafen. Aber im Moment wollte er nicht darüber nachdenken, was passieren würde, wenn er sich wieder an ein Leben ohne Bella gewöhnen musste.
„Sag schon“, bat sie ihn, hakte sich bei ihm ein und sah erwartungsvoll zu ihm auf. „Da muss doch noch mehr sein, dass dich mit Kell verbindet.“
„Er hat mir einmal das Leben gerettet.“
„Wirklich?“
„Ja. Ich hatte beim Segeln einen Unfall.“
Von Kindesbeinen an hatte sich Jeremy auf Booten gut ausgekannt, und er liebte das Wasser. Aber dieses eine Mal war er von dem dicken Ast eines Baumes getroffen worden, als das Boot die Richtung geändert hatte, und war über Bord gegangen. Er erinnerte sich nur noch dunkel daran, dass Kell sein Handgelenk gepackt und ihn an die Wasseroberfläche gezerrt hatte.
Bella berührte seine Wange und brachte ihn wieder in die Gegenwart zurück. Er sah ihr in die schokoladenbraunen Augen, die ihn mit einer so rührenden Sorge betrachteten, dass es ihm den Atem nahm.
„Ich bin so froh, dass er dich gerettet hat“, flüsterte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Es war ein süßer, sanfter Kuss, der Jeremy unsagbar glücklich machte, am Leben zu sein und diese Frau in den Armen zu halten.
„Ich bin auch froh“, sagte er. Und sie ahnte nicht, wie ehrlich er es in diesem Augenblick meinte.
Vom ersten Tag an hatte Jeremy gewusst, dass Bella anders war als andere Frauen. Zuerst hatte er geglaubt, dass es daran lag, dass sie nicht zu den Kreisen der Reichen und Einflussreichen gehörte wie die Mädchen, die er kannte. Aber je mehr Zeit er mit ihr verbrachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass sie eine angeborene Unschuld besaß, die ihn wie ein Magnet anzog.
Er wusste, dass sie nicht unschuldig war und in ihrem Leben viel Kummer und Leid erlebt hatte. Aber dennoch umgab sie dieses gewisse Etwas, eine Art Vertrauen ins Leben, das sie an die Menschen um sich herum weitergab. Und Jeremy dankte Gott, dass er das Glück gehabt hatte, sie kennenzulernen.
Das erinnerte ihn daran, dass ihm nur noch drei Monate mit Bella blieben. Sein Magen zog sich nervös zusammen bei dem Gedanken, dass sie ihn bald verlassen würde. Er musste sich überlegen, wie der Rest ihrer Beziehung verlaufen sollte, aber es wollte ihm nichts einfallen.
„Wollen wir gehen?“, fragte er,
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