Der Kuss des Satyrs
beunruhigend, dass Jane sich auf den Weg zu ihrer Schwester gemacht hatte, ohne es vorher mit Nick abzusprechen.
Nachdem sie jetzt Stunden unterwegs gewesen war, wollte sie sich nicht abweisen lassen. »Bemüht Euch nicht. Ich gehe in den Salon und spreche mit meiner … Tante«, sagte sie.
Es fiel ihr schwer, Izabel als ihre Tante zu bezeichnen, seit sie wusste, dass es nicht stimmte, aber sie und Nick hatten sich darauf verständigt, dass der Schein gewahrt werden musste. Sollte Izabel jemals die Wahrheit herausfinden, würde sie Emma wahrscheinlich niemals erlauben, nach Pietro Nera zu ziehen.
Jane fand den Weg in den Salon, wo ihre einstige Tante einige ihrer engsten Freundinnen unterhielt. Izabel bemerkte sie als Erste. Ihr Blick fiel auf Janes Bauch. Rasch erhob sie sich, wobei ihr die Serviette vom Schoß rutschte. Die Überraschung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
»Du bist schwanger!«, plapperte sie los. »Um Gottes willen! So weit schon!«
Ihre Begleiterinnen drehten sich um und starrten Jane aus weit aufgerissenen Augen an.
»Zwillinge, so wie Ihr ausseht«, sagte Signora Bich.
»Oder Drillinge«, meinte Signora Natoli. Izabel und ihre Freundinnen warfen sich vielsagende Blicke zu.
Unsicher legte Jane die Hände um ihren ausladenden Bauch. Sie hatte sich schon gefragt, ob er nicht schneller, als zu erwarten gewesen wäre, angewachsen war. Das offensichtliche Entsetzen der Damen verstärkte ihre Sorge.
Izabels Gesichtsausdruck verwandelte sich rasch in Entzücken. »Aber das ist doch wunderbar«, sagte sie und kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu.
Die anderen Damen umringten Jane. Sie streichelten ihren Bauch durch ihr Kleid mit viel zu familiären Händen, prüften seine Konturen und seine Größe, als wäre er nicht ein Teil von ihr. Ohne ihr festes, schützendes Korsett, das sie seit Wochen nicht mehr tragen konnte, fühlte sie sich verstörend verwundbar.
Sie setzte sich, um ihren Händen zu entgehen. »Ich bin eigentlich gekommen, um Emma zu sprechen, aber dein Diener hat mir gesagt, sie sei nicht zu Hause.«
»Signore Nesta hat seine Kinder zu Besuch mitgebracht. Er und seine Mutter haben Emma für den Nachmittag zu sich eingeladen.«
»Oh.«
Jane hätte am liebsten laut geweint, als damit Emmas Abwesenheit bestätigt war. Aber zurzeit war sie ohnehin unglaublich nah am Wasser gebaut. Außerdem waren ihre Brüste gewachsen. Ihre Brustwarzen waren mittlerweile so empfindlich, dass sie bei der leichtesten Reibung durch Stoff kribbelten. Am schlimmsten jedoch war der Zustand ständiger Erregung, den Nick ihr auferlegte.
Er machte sich große Sorgen wegen der Seuche und verbrachte jeden Tag länger im Weinberg. Des Nachts kehrte er müde nach Hause zurück und schlief rasch ein, anders als sie.
War eine so strenge Abstinenz wirklich notwendig?
Als die anderen Damen wieder in ihren Sesseln Platz nahmen, erkannte Jane, dass sie jetzt die einmalige Gelegenheit hatte zu fragen. Das Thema war etwas vulgär, aber diese Frauen, allesamt erfahrene Mütter, konnten vielleicht Licht ins Dunkel bringen.
»Bin ich denn ungewöhnlich rund?«, fragte sie.
»Euer Bauch sieht aus, als wärt Ihr im letzten Monat«, erklärte Signora Ricco und stopfte sich ein Bonbon in den Mund.
Jane schluckte. Signora Ricco hatte selbst sechs Kinder geboren, da musste sie es ja wissen.
Signora Natoli nickte. »Wenn es so weitergeht, seid Ihr bei der Geburt dick wie ein Elefant.«
Jane wurde blass.
»Hört auf, dem Mädchen Angst einzujagen«, schalt Izabel. Sie rutschte auf die Kante ihres Sessels vor und ergriff Janes Hand.
Bei der flüchtigen Berührung erschienen verstörende erotische Bilder vor Janes geistigem Auge. Sie entzog ihr die Hand und gab vor, ihre Röcke zu glätten. Sie war kaum noch in der Lage, mit einem anderen als mit Nick zu verschmelzen, und das auch nur, wenn seine Gefühle sehr, sehr stark waren.
»Frauen sind dafür geschaffen, die Leidenschaft ihrer Männer zu empfangen und ihnen Kinder zu gebären«, sagte Izabel. »Die Mutterschaft ist ein Segen, nicht wahr, meine Damen?«
Die anderen, die im Halbkreis um Jane herumsaßen, nickten ergeben.
»Wir wollten Euch nicht beunruhigen«, sagte Signora Ricco.
»Ja, kein Grund zur Sorge«, fügte Signora Bich hinzu.
»Das verstehe ich ja«, sagte Jane. »Es ist nur so, dass mein Bauch so schnell gewachsen ist. Nick hat mir davon abgeraten, aber ich frage mich doch, ob ich nicht besser einen Arzt aufsuchen sollte.«
Izabel warf ihr
Weitere Kostenlose Bücher