Der Kuss des Satyrs
hier war. Schließlich gehörte seine Mutter zu Izabels engstem Freundeskreis.
Unbewusst drängte sie sich näher an Nick.
»Ein besonders enger Freund von Euch?«, fragte er, als Nesta näher kam.
Sie schüttelte den Kopf.
»Dürfte ich wohl die Braut küssen?«, fragte Nesta Nick, als er zu ihnen trat. Nick spürte die Lüsternheit des anderen Mannes und legte besitzergreifend die Hand um Janes Taille. »Mit diesem Anliegen müsst Ihr Euch direkt an Jane wenden«, sagte er.
Jane warf ihm einen überraschten Blick zu. Von ganzem Herzen wünschte sie sich, er hätte Nesta die Bitte abgeschlagen. Da hätte die Herrschaft ihres Mannes ihr einmal von Nutzen sein können, und er hatte es vermasselt. Jetzt hatte sie kaum eine Wahl. »Selbstverständlich«, stimmte sie hölzern zu.
Nesta fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und wollte sie in den Arm nehmen.
»Ohne Hände«, befahl Nick kühl.
»B-bitte?«, fragte Signore Nesta. Seine Stimme hatte einen beleidigten Ton.
»Ich sagte, ohne Hände«, erklärte Nick. »Aber da ich mir die ganze Geschichte jetzt noch einmal überlegt habe, habe ich beschlossen, dass es auch keinen Kuss gibt. Ihr entschuldigt uns?« Er steuerte Jane in Richtung der Tafel.
Ein unterdrücktes Kichern machte sich Luft, als Jane Nestas schockierten Gesichtsausdruck sah.
»Ihr seid amüsiert?«, fragte Nick. Seiner Stimme war deutlich anzumerken, dass er es nicht war.
»Dankbar. Ich wollte keinen Kuss von ihm.«
»Dann hättet Ihr es sagen müssen.« Nicks Griff an ihrer Taille wurde sanfter, und sie fragte sich, ob er wegen ihr, seiner neuesten Errungenschaft, eifersüchtig gewesen war. Seine Miene verriet nichts, als er sie zu ihrem Stuhl geleitete und neben ihr Platz nahm.
Während des Essens starrte Nesta sie von Zeit zu Zeit an, aber sie war deswegen nicht mehr beunruhigt, da Nick sich jetzt seiner angenommen hatte.
Sie selbst warf immer wieder verstohlene Blicke auf ihren Ehemann. Auf seine Hände, wie sie über seine Champagnerflöte strichen, wie sie das Messer hielten, wie sie mit einer Serviette seine Lippen betupften. Sie bewegten sich voller sinnlicher Anmut und Geschmeidigkeit. Jane zitterte aus einem undefinierbaren Gefühl bei dem Gedanken, dass diese Finger sich bald über ihren Körper bewegen würden.
»Hier, Jane. Nehmt ein Glas Wein. Er wird Euch guttun«, sagte eine Freundin ihrer Tante, die neben ihr saß.
Jane zermarterte sich das Hirn nach dem Namen der Frau. Schließlich erinnerte sie sich. Signora Bich. Sie erwähnte nicht den Tod ihrer Mutter oder die Rolle, die Alkohol dabei gespielt hatte, sondern sagte lediglich: »Danke, aber ich trinke keinen Wein.«
Signora Bichs Lachen klang hell durch den Raum und zog die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich. »Ihr habt einen Winzer geheiratet und wollt dennoch keinen Wein trinken? Wie amüsant!«
»Winzer?«, wiederholte Jane. »Ihr müsst Euch irren.«
»Ich versichere Euch, dass ich das nicht tue. Signore Satyr und seine Brüder sind die berühmtesten Winzer ganz Italiens.«
Jane wirbelte zu Nick herum und erstarrte angesichts der Bestätigung, die sie in seinen Augen las.
»Dämonen! Bastarde!« Die laute Stimme eines Mannes hallte durch den Festsaal, zerriss ihre Gedanken und machte jede Konversation unmöglich. Das Klappern von Geschirr und Besteck verstummte.
»Verdammter Satyr! Fickt meine Tochter!«
Jane und Emma tauschten über dem weißen Tischtuch einen verdrossenen Blick. »O nein«, hauchte Emma. »Vater!«
»Ich kümmere mich um ihn«, murmelte Jane.
Sie und Izabel sprangen gleichzeitig auf und eilten zum Vestibül. Beim Anblick der beiden Frauen, die auf ihn zukamen, blieb Signore Cova stehen. Sein Blick ruhte anklagend auf Jane. In seiner hochgereckten Faust hielt er ihre geheime Geldbörse, und er fuchtelte damit vor ihrem Gesicht herum, dass die Münzen klirrten.
»Wie kommst du zu diesem Geld, Mädchen?«
Janes Finger verkrampften sich und wollten danach greifen. »Das gehört mir!«
»Das weiß ich, du verdorbenes Ding!«, wütete er. Spucke trat auf seine Lippen und tanzte dort wie Fett in einer Pfanne. »Es wurde bei deinen Sachen gefunden, als die gepackt wurden. Wie bist du an so eine große Summe gekommen? Hast du in der Gegend herumgehurt? Dich an Satyr verkauft? Will er dich deshalb unbedingt haben?«
Er baute sich vor ihr auf. Sein Gesichtsausdruck war drohend, sein Atem stank nach Alkohol.
»Still, Cova«, sagte Nick und stellte sich hinter sie.
Angesichts
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