Der Kuss des Satyrs
des Blicks, den Nick ihm über Janes Kopf hinweg zuwarf, wurde ihr Vater blass. Er holte weit mit dem Arm aus und schleuderte ihre Geldbörse quer durch den Raum. An der Wand explodierte sie und ließ Silber- und Goldmünzen herabregnen. Sie sprangen klirrend gegen Vasen und sammelten sich auf dem Boden. Endlich rollte die letzte aus und hinterließ nichts als Schweigen.
Cova wippte auf den Fußballen und betrachtete voller Befriedigung den Schaden, den er angerichtet hatte.
Jane starrte auf die Münzen, Tränen traten ihr in die Augen. Sie waren ihr Sicherheitsnetz gewesen. Wenn ihre Ehe schiefgehen sollte, dann hätte sie mit dem Geld für sich und Emma sorgen können. Instinktiv wollte sie sich zu Boden werfen und die Münzen aufsammeln, doch Nick hielt sie zurück. Mit einer Hand auf ihrem Rücken dirigierte er sie zur nächsten Tür auf die Veranda.
Jane machte sich von ihm los und trat an die Balustrade, von wo aus sie blind in den Garten starrte. Geräusche aus der Ferne verrieten ihr, dass ihr Vater unter Mithilfe mehrerer Diener von ihrer Tante aus dem Zimmer gebracht wurde.
»Seht Ihr nun, in was für eine Familie Ihr eingeheiratet habt?«, murmelte sie. »Ich hatte Euch gewarnt, bei Eurer Wahl größere Sorgfalt walten zu lassen.«
»Jede Familie hat ihre Eigenheiten«, sagte Nick. Er lehnte sich lässig gegen den Türpfosten, um sie genau zu beobachten. »Einige stellen Wein her, andere sprechen ihm zu sehr zu.«
Sie schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Ich bedaure zutiefst das Verhalten meines Vaters. Es ist unverzeihlich.«
»Signore Cova hat sich dafür entschieden, dem Wein ohne Maß und Ziel zuzusprechen. Das hat nichts mit Euch zu tun. Oder mit mir.«
Sie schaute ihn über die Schulter an. »Aber Ihr stellt Wein her?«
Er nickte.
»Und trinkt ihn wahrscheinlich auch.« Sie schüttelte den Kopf ob ihrer Dummheit und wandte sich wieder der Aussicht zu.
»Winzer tendieren dazu, dem Wein maßvoll zuzusprechen. Nur wenige von ihnen sind Trunkenbolde.«
Sie fuhr herum. Ihre Miene war entsetzt, aber ihre Stimme leise, als sie sprach. »Ich trinke nicht. Ich will nicht so werden wie er.«
»Ist er oft so?«, fragte Nick und deutete in Richtung Vestibül.
Jane zuckte mit den Achseln. »Und Ihr könnt mir versichern, dass Ihr niemals über die Maßen trinkt?«, hakte sie nach.
»Ein gelegentlicher Rausch ist mir nicht fremd«, gab er zu. »Aber ich kann Euch versichern, dass Ihr Euch nicht an einen Säufer gebunden habt.« Er trat zu ihr und legte die Hände auf ihre satinbedeckten Schultern. Unsicher sah sie ihm in die Augen. »Ihr könnt nicht zurück, Jane. Ihr habt in der Kapelle Eurer Tante Euer Jawort gegeben, und Eure Unterschrift auf der Heiratsurkunde ist von den Behörden akzeptiert worden. Ich will mein Bestes tun, Euch ein guter Ehemann zu sein.«
Sie hob eine Hand und rieb sich die Schläfe. Es war ein langer Tag gewesen und der Abschluss von zehn anstrengenden Tagen seit ihrer Verlobung.
»Kommt, Ihr seid müde«, sagte Nick. »Ich lasse die Kutsche vorfahren. Es ist höchste Zeit, dass wir aufbrechen.«
»Bitte, darf ich mitkommen?«, bettelte eine Stimme.
Jane schaute an Nick vorbei und sah ihre Schwester im Türrahmen stehen. Sie ging zu ihr, wollte ihre Hand nehmen, traute sich aber nicht. Stattdessen legte sie die Hand auf Emmas Unterarm, wo eine Stoffschicht sie voneinander trennte.
»Jetzt, meinst du?«, fragte Jane.
Emmas Blick traf Nick, dann wandte sie ihn unsicher ab. Sie nickte heftig und sah dabei zum Erbarmen aus. »Ich spreche mit Signore Cova«, sagte er.
»Ihr werdet mit mir vorliebnehmen müssen«, sagte Izabel, die unbemerkt unter den Türrahmen getreten war. »Janes Vater fühlt sich nicht wohl.«
»Nun gut. Wie Ihr gehört habt, möchte meine Frau sich nicht so bald von ihrer Schwester trennen. Jane reist allein mit ein paar Bediensteten, während ich vorausreite, um mich um meine Geschäfte kümmern zu können. Emma wäre eine gute Begleiterin, wenn sie jetzt mit ihr kommen würde.«
Izabel schüttelte den Kopf. »Ein Kind aufzunehmen schickt sich nicht für Frischverheiratete.«
»Emma ist in meinem Haus willkommen«, beharrte Nick. »Jane und ich werden dennoch genug Zeit miteinander haben.«
»Nein. Das ist mein letztes Wort«, sagte Izabel.
Tränen der Enttäuschung traten in Emmas Augen. Ohne ein Wort rannte sie auf ihr Zimmer.
»Ich kümmere mich um sie«, sagte Jane, die vor Ärger kaum ein Wort herausbrachte.
Izabel ging mit ihr nach
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