Der Kuss des Satyrs
Brüdern, angekommen war. In der Kapelle hatten die drei Herren die übrigen Gäste, Freunde von Tante Izabel, überragt. Viele hatten getuschelt und die Brüder ehrfürchtig angestarrt, aber alle drei Männer schienen gleichgültig gegenüber dieser Musterung, der sie unterzogen wurden.
Raine und Lyon ihrerseits hatten heimlich gleichermaßen argwöhnisch und neugierig Jane beobachtet. Wenn sie nach Fehlern suchten, die würden sie finden. Vielleicht nicht auf der Oberfläche, aber man brauchte nur etwas tiefer zu bohren, und schon traten sie zutage.
Als sie nach der Zeremonie draußen standen und ihr ihre Glückwünsche entgegenbrachten, waren die Brüder jedoch die personifizierte Höflichkeit. Die Art, wie sie ihr gratulierten, verriet Jane eine Menge über ihre Persönlichkeit.
Raine hatte ihr einen förmlichen Kuss auf ihr bloßes Handgelenk gegeben und sie mit ernster Miene in der Familie willkommen geheißen, woraufhin Lyon geseufzt und ihn beiseitegeschoben hatte. »Lasst Euch nicht vom Enthusiasmus meines Bruders überwältigen«, hatte er ihr neckend geraten. »Wir leben schon zu lange ohne die Grazie einer Frau auf unseren Ländereien. Ihr seid in der Tat herzlich willkommen in unserer Familie.«
Seine goldenen Katzenaugen hatten gefunkelt, als er ihr einen brüderlichen Kuss auf die Lippen gegeben hatte. Im Gegensatz zu Raine schien er sie nicht mehr loslassen zu wollen, und sie hatte befürchtet, dass sie möglicherweise mit ihm verschmelzen könnte. Als Nicholas sich vernehmlich räusperte, erinnerte sich Lyon seiner Stellung und warf ihr im Gehen einen verschwörerischen Blick zu.
Emma war von Lyon bereits vom ersten Augenblick an hingerissen gewesen, und Jane hatte die Enttäuschung in den Augen ihrer Schwester bemerkt, als sie erkannte, dass Nick Janes Verlobter war und nicht sein jüngster Bruder. Aber mit seinem Wohlwollen, Emma in der Kutsche zum Fest fahren zu lassen, hatte er ein paar Punkte bei ihr gutgemacht. Sie bewunderte nun auch ihn. Emma war wegen der bevorstehenden Trennung von ihrer älteren Schwester beunruhigt und sog wie ein Schwamm jede Freundlichkeit, die ihr entgegengebracht wurde, begierig auf.
Die beiden Schwestern hatten sich in der Kutsche auf die Bank direkt hinter dem Fahrer gesetzt und somit Nick den besseren Platz übriggelassen. Emmas Nase steckte bereits in einem Buch; nur zu seltenen Gelegenheiten sah man sie ohne eins.
Jane spielte an ihrem Ehering, einem mit Smaragden und Saphiren besetzten Ring aus dem Familienbesitz der Satyrs, dann strich sie sich über das Kleid. Es war mit Nicks Geld bezahlt worden, ein Traum aus elfenbeinfarbenem Damast mit mehreren bestickten Besätzen am Saum, einem perlenbesetzten Mieder und Hammelkeulenärmeln. Im Haar trug sie Orangenblüten als Symbol der Keuschheit und der Fruchtbarkeit.
Jane hob den Vorhang am Kutschenfenster ein wenig an und beobachtete, wie ihr Angetrauter sich von seinen Brüdern verabschiedete. Auf den Ländereien gab es viel zu tun, hatte er ihr erklärt. Deshalb würden seine Brüder sofort nach Hause zurückkehren, und Nick würde ihnen nach dem Bankett zu Pferd folgen. Sie selbst würde ihm in der Kutsche nachreisen.
Sie bemerkte die verstohlenen Blicke, die die drei austauschten, und legte ihr Ohr an das Fenster, um die leisen Worte ihres Ehemanns mitzubekommen.
»Ich habe sie«, meinte sie zu vernehmen. Merkwürdige Wortwahl. Er sprach von ihr, als wäre sie irgendein Preis, der ihm aufgrund besonderer Anstrengungen verliehen worden war.
»Ich mache mich dann auf die Suche«, antwortete Raine.
Suche wonach?
, fragte sich Jane.
Seine Brüder brachen auf, und Nick kam zur Kutsche. Rasch ließ sie den Vorhang herunter, bevor er sie beim Spionieren erwischte.
Die große Tafel im Festsaal im Haus ihrer Tante glitzerte vor silbernen Kerzenleuchtern, Besteck und Platten, auf denen sich mehr als genug Speisen für drei Dutzend Hochzeitsgäste türmten. Alles war mit Nicks Geld gekauft und vorbereitet worden.
Jane schaute sehnsüchtig die Treppe hinauf, als sie durchs Treppenhaus gingen. Nichts wünschte sie sich sehnlicher, als hinaufzugehen, auf ihr Bett zu sinken und sich zu verstecken. Aber natürlich konnte sie das nicht tun. In diesem Moment wurden die letzten ihrer Habseligkeiten in Reisetruhen verpackt.
Sie spürte den Blick eines anderen in ihrem Rücken und drehte sich um. Signore Nesta beobachtete sie wachsam. Er war bei der Trauung zugegen gewesen, so war es nicht verwunderlich, dass er
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