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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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aus dem Moor lösten sich Hunderte von Schatten aus dem dunklen Waldsaum.
    Martin spürte einen übermächtigen Druck auf seinem Brustkorb. So sah also das Ende seiner Träume aus!
    »Ihr seht, es bleibt Euch keine andere Wahl!«, spottete Gundram. »Ergebt Euch, und Euch wird nichts geschehen!«
    »Wirklich nicht? Es wäre das erste Mal, dass man Euren Worten Glauben schenken kann, Gundram!«, erwiderte Martin spöttisch.
    »Ich stehe zu meinem Wort als Ritter!«
    »Eure Worte sind schwarze Krähen, die das Unheil verkünden. Eure Zunge ist gespalten wie die einer Natter. Und Eure Ehre ist besudelt mit dem Blut meiner Bauern!«
    »Ihr geht zu weit, Martin! Ihr vergesst, in welcher Lage Ihr Euch befindet!«
    Martin wusste sehr wohl, in welcher Lage er sich befand. Sie war aussichtslos!
    Rudolf trieb alle Männer auf den Hof und hieß sie zu den Waffen greifen. Keinesfalls wollten sie sich kampflos ergeben. Doch auch Rudolf war klar, dass sie der Übermacht der Soldaten nicht gewachsen waren.
    »Ergebt Euch!«, forderte Gundram noch einmal. »Ich gebe Euch Bedenkzeit bis zum Morgengrauen. Mit dem ersten Sonnenstrahl greifen wir die Burg an. Das wird keiner von Euren Leuten überleben!«
    Er wendete sein Pferd und ritt zurück zum Waldrand. Die Reiter waren verschwunden.
    Martin eilte vom Wehrgang, teilte die Wachen ein. Dann lief er zurück auf den Hof. Er blickte in Rudolfs sorgenvolles Gesicht. Sie brauchten keine Worte, um sich zu verstehen. Beide wussten, dass sie verspielt hatten!
    »Geh zu ihr«, sagte Rudolf leise. Martin blieb stehen. »Nun geh schon«, drängte Rudolf. »Ich gebe Alarm, wenn sie angreifen.«
    *
    Unmittelbar nach Gundrams Erscheinen war Isabella in ihre Kammer gelaufen. Ihre schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Nun würde es unweigerlich zum Kampf kommen. Doch sie war immer noch überzeugt, dass Martin es mit Gundram aufnehmen konnte. Zwar gab sie sich nicht der Illusion hin, dass Gundram allein gekommen war. Aber mit dreißig, vierzig Mann wurden die Burgbewohner allemal fertig.
    Martin schloss die Tür hinter sich und blieb stehen. Sein Gesicht war ernst, als ahne er, dass sich das Schicksal gegen ihn wenden würde. Doch noch einmal, ein allerletztes Mal wollte er die Grausamkeit der Welt vor dieser Kammertür lassen.
    »Ich dachte einfach, ich komme, um zu schauen, wie es dir geht.«
    Sie stand vor ihm, klein und zart in ihrem schlichten Kleid. Das Haar fiel über ihre Schultern auf den Rücken, sie hatte es zuvor mühsam gebürstet.
    »Ja«, sagte sie nur und nickte. Sie wollte ihm entgegengehen, doch die Beine versagten ihr den Dienst.
    Er trat auf sie zu, und sie fürchtete, dass die Flutwelle ihrer Gefühle sie überwältigen und mit sich fortreißen würde. Sie stemmte sich gegen diese Urgewalt an, streckte wie eine Ertrinkende ihre Arme nach ihm aus. Er fing sie auf, hielt sie fest und spürte, wie sie zitterte. Die Welle brach über sie herein, sie schluchzte und schmiegte ihr Gesicht an seine Brust. Tröstend strich er über ihr Haar und murmelte etwas, das sie nicht verstand. Es klang warm und beruhigend, und das Zittern ließ nach.
    Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah die Tränen, die ihre blassen Wangen benetzten. Er küsste sie, wie er sie noch niemals zuvor geküsst hatte. Es war voller Verlangen, vor dem sie nicht mehr zurückschreckte. Ihre Arme hielten ihn umschlungen, ihre Hände streichelten seinen Rücken, und Martin fühlte wonnige Schauer über die Haut laufen.
    Sie lösten ihre Lippen einen Augenblick voneinander, um Atem zu schöpfen und sich anzuschauen.
    »Ich danke dir, dass du gekommen bist«, flüsterte sie.
    »Ich hätte mir nie verziehen, wenn ich nicht gekommen wäre«, erwiderte er.
    Sie wurden von einer goldfarbenen Dämmerung umhüllt, die das Licht des Mondes im Gewebe der geölten Fensterleinwand zauberte.
    Er schob sie vor sich her zum Bett, und ihr wurde fast übel vor heftigem Verlangen. Ihr ganzer Körper war von einer Glut erfüllt, die dumpf in ihr drückte. Er zog sie an sich, um sie wieder zu küssen. Dann öffnete er schweigend den gestickten Gürtel, den sie über der Hüfte trug. Er wurde vorn mit einer kleinen Öse gehalten, und sie betrachtete seine Finger mit einem konzentrierten Stirnrunzeln. Sie hielt die Lippen leicht geöffnet, und ihre feuchte Zungenspitze fuhr aufgeregt darüber. Er blickte auf und sah die kleine Geste, die ihn fast um den Verstand brachte. Unter mühsamer Beherrschung erwiderte er ihren Blick,

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