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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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erpressen wollte. Und es ist eine Tatsache, dass ich Euch eigenhändig aus dieser Raubritterburg befreit habe. Gegen solche Machenschaften ist die eiserne Faust die einzige Sprache, die verstanden wird.« Um Zustimmung heischend wandte er sich wieder an die Ritter des Rates. Einige nickten, andere blickten ihn schweigend, aber fasziniert an. Gundram war sicher, dass sein Auftritt den gewünschten Effekt haben würde. Er hatte die Ritter beeindruckt.
    Er wandte sich dem Herzog zu und warf ihm einen kameradschaftlich-vertraulichen Blick zu. Mit seinem Lächeln von Mann zu Mann ignorierte er Isabella nun völlig.
    »Kommt schon, Herzog, Ihr hattet damals das Urteil über Martin gesprochen, und es gibt keinen Grund, es zu revidieren. Wir wissen beide, dass er sein Recht auf Ehre und Lehen verwirkt hat. Auch seine Zeugen können nichts anderes gesehen haben als ich. Im Prinzip bestätigen sie ja, dass es so war. Nur, dass ich gesehen habe, dass Martin dem Kaiser mit einem Knüppel …«
    »Dann wart Ihr aber der Einzige, der es angeblich gesehen hat«, spottete Albrecht von Meißen. »War es nicht vielleicht ein Wunschtraum? Oder glaubt Ihr inzwischen derart an Eure Lüge, dass Ihr sie selbst für wahr haltet?«
    Gundrams Lächeln wirkte eingefroren. Seine Augen glühten besessen. »Bis jetzt habe ich an die Gerechtigkeit geglaubt. Macht mich nicht zu Eurem Feind!« Während dieser offensichtlichen Drohung schaute er gleichwohl auf die Ritter als auch auf den Herzog.
    Isabella knetete ihre Finger und unterdrückte ein Zittern. Sie befürchtete zu Recht, dass der Herzog dieser Situation nicht gewachsen war und sich von Gundram einschüchtern ließ. Der Herzog wandte sich zur rechten Wand des Prunksaales.
    Zwanzig Ritter saßen auf ihren Plätzen. Der einundzwanzigste Platz war leer. Es war Gundrams Platz. Gefahr schlich sich in den Saal wie ein greifbares Wesen. Atemlos vor Spannung starrte Isabella auf die kräftigen, stolzen Männer, die sich jetzt mit feierlichen, ernsten Gesichtern erhoben.
    »So sprecht jetzt das Urteil über Martin«, sagte der Herzog. »Sprecht über Schuld oder Unschuld von Martin von Treytnar am Tod des Kaisers Barbarossa auf dem Kreuzzug ins Heilige Land, wessen ihn Ritter Gundram von Oxensal bezichtigt.«
    Der Reihe nach traten die Männer einen Schritt vor und griffen dabei mit ihrer rechten Hand zum Schwertknauf.
    »Unschuldig!« – »Unschuldig!« – »Schuldig!« – »Unschuldig!« –
    »Schuldig!« – »Schuldig!« …
    Zehn Ritter sprachen Martin unschuldig, zehn Ritter aber schuldig! Isabella wurde blass und zitterte. Wie konnten sie nur die Tatsachen leugnen! Oder fürchteten sie sich gar vor Gundram?
    Bei einem Schuldspruch würde der Herzog Martin gefangen nehmen und hinrichten lassen!
    »Dann muss ein Gottesurteil entscheiden!«, rief Isabella in höchster Not. Der Herzog blickte sie unwillig an. »Bitte, Vater, wenn Ihr ein wahrer Christenmensch seid, dann lasst Gott selbst entscheiden! Ladet nicht die Bürde auf Euch, einen unschuldigen Ritter in den Tod zu schicken!«
    Die Zuschauer murmelten, einige zustimmend, andere ablehnend.
    »Herzog, Ihr seid der Landesherr! Lasst Ihr Euch von einer schwachen Frau vorschreiben, wie Ihr zu urteilen habt?«
    »Sie ist keine schwache Frau«, erwiderte der Herzog beleidigt. »Sie ist meine Tochter, die einmal mein Erbe antreten soll. Sie soll einmal weise entscheiden.«
    »Entscheiden wird nicht sie, sondern der Mann an ihrer Seite«, dröhnte Gundrams Stimme, und es hielt ihn nicht mehr auf seinem Platz. »Habe ich nicht auf dem Turnier fair gekämpft und gesiegt? So steht mir der Platz als Isabellas Gemahl auch von Rechts wegen zu!«
    »Und Ihr werdet dann alle Entscheidungen treffen, die das Herzogtum betrifft?«, fragte der Herzog und lehnte sich zurück. »Noch bin ich am Leben.«
    »Natürlich, und Ihr sollt auch noch lange leben!«
    »Hört, hört, welch aufrichtige Worte!«, höhnte Martin.
    Ehe Gundram etwas erwidern konnte, erhob sich der Herzog wieder. Er strich über seinen dünnen Bart und heftete seine wässrigen Augen auf Gundram. »Ich vernehme mit Erstaunen, mit welcher Respektlosigkeit Ihr Eure zukünftige Gattin behandelt. Aber vielleicht wird sie gar nicht Eure Gattin.«
    »Wie soll ich das verstehen?« Gundram fasste nach dem Griff seines Schwertes, aber zwei Ritter sprangen auf und hielten ihn fest.
    Der Herzog straffte sich und blickte über die Versammelten.
    Seine Stimme war jetzt fest und klar, sein Blick sicher.

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