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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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»Isabella hat weise gesprochen. Ein Gottesurteil soll entscheiden, welcher von beiden im Recht ist!«
    *
    »Das war eine große Dummheit, Prinzessin!«, erklang eine Stimme aus dem Hintergrund.
    Alle drehten sich nach Rupert de Cazeville um. Mit Erstaunen, Erschrecken oder Misstrauen im Blick begegneten sie dem seltsamen Mann in der schwarzen Kleidung. Seine dunklen, glühenden Augen hefteten sich auf Martin. Langsam schritt er um ihn herum, und Gundram zuckte zusammen. Er umrundete Martin nach links!
    Er betrachtete Martin eingehend von oben bis unten, dann hob er dessen rechte Hand. Die kaum verheilte Wunde leuchtete rot, die Ränder waren entzündlich angeschwollen.
    »Das soll ein Gottesurteil werden?«, spottete er und ließ verächtlich die Hand wieder los. Er wandte sich zum Herzog um, aber seine Augen trafen Isabella. Der durchdringende Blick des Fremden verursachte in ihr einen kalten Schauder. »Meines Wissens soll Gott gerecht urteilen«, fuhr de Cazeville fort. »Martin hat mit dieser Hand keine Chance auf Gerechtigkeit.«
    Gundram ruckte unruhig auf seinem Platz. Nahm der Fremde jetzt Partei für Martin? Er musste unbedingt mit ihm sprechen! Doch nicht hier vor den versammelten Rittern und dem Herzog. Keiner sollte wissen, dass sie sich bereits kannten. Dieser Mann war ebenso undurchsichtig wie sein schwarzer Umhang, und niemand wusste, was er wirklich im Schilde führte. Auch wenn er Gundram immer unheimlicher wurde, er durfte nicht zulassen, dass er im letzten Augenblick seine ehrgeizigen Ziele vereitelte.
    Doch im Augenblick war der Rittersaal angefüllt mit einer wogenden Menschenmenge, die atemlos der Verhandlung lauschte. Und sie schaute ebenso gebannt auf den Fremden, der jetzt seine Lippen spöttisch verzog.
    »Und das ist nicht die einzige Wunde!« Woher er wusste, dass Martins linke Schulter durch Gundrams Schwertstreich ebenfalls verletzt war, konnte niemand sagen, denn Martin trug unter seinem Kettenhemd ein dickes, wollenes Hemd. De Cazeville klopfte unversehens mit dem Handrücken gegen Martins Oberarm. Martin zuckte zusammen, seine Mundwinkel verzogen sich schmerzvoll.
    Langsam stieg Rupert de Cazeville zu Isabella auf die Empore und beugte sich zu ihrem Ohr herunter. »Ich war überzeugt, Ihr liebt ihn, doch nun wollt Ihr ihn opfern? Was hat Euren Sinneswandel verursacht? Gundram?«
    Sein gebräuntes, schmales Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, und sie starrte hypnotisiert in seine schwarzen Augen. Wer war dieser Mann? Sie schluckte schwer.
    »Nein«, hauchte sie so leise, dass es nur de Cazeville verstehen konnte. »Das will ich nicht.«
    »Ihr sitzt ganz schön in der Tinte«, flüsterte er zurück. »Ohne Gottesurteil wird er als Verbrecher verurteilt. Mit Gottesurteil übersteht er den Kampf nicht.« Isabella starrte ihn noch immer an. Er begann, langsam um sie herumzuschreiten. Hinter ihr blieb er stehen und beugte sich wieder an ihr Ohr. »Wollt Ihr, dass ich Euch helfe?« Fast unmerklich nickte sie.
    Gundram wurde immer unruhiger. Was hatte der Fremde vor? Was sprach er mit Isabella? Er hatte sehr wohl bemerkt, dass er auch Isabella links herum umkreist hatte! Schweiß trat auf Gundrams Stirn. Er fühlte, dass er die Situation nicht mehr in der Hand hatte. Dieser Fremde ließ alle nach seinem Willen tanzen! Hatte er nicht damals, als sie am Waldrand rasteten, gesagt, er strebe nicht danach, Macht über die Menschen zu bekommen, er besäße sie bereits? Langsam begriff Gundram, was er damit meinte. Er musste der Teufel persönlich sein!
    Isabellas Blick wanderte von Martin zu ihrem Vater. Der unheimliche Fremde blieb hinter ihr stehen, und sie spürte seinen durchdringenden Blick in ihrem Rücken.
    »Er hat recht, Vater, es wäre kein gerechter Kampf. Martin ist verletzt.«
    Hilflos zuckte der Herzog mit den Schultern. »Sollen wir warten, bis er wieder gänzlich genesen ist?«, fragte er Isabella.
    Gundram trat vor. »Mein Herzog, das kann nicht Euer Ernst sein! Ein Gottesurteil muss innerhalb von sieben Tagen vollzogen sein. Entweder Martin kämpft, oder Ihr verurteilt ihn als das, was er wirklich ist – ein Verbrecher!«
    Isabella sprang auf. »Ihr wart doch selbst Zeuge, dass sieben Ritter für Martin ausgesagt haben. Der Vorwurf des Mordes an Kaiser Friedrich Barbarossa ist völlig aus der Luft gegriffen und durch nichts zu beweisen!«
    »Nun, es gibt ja noch mehr, dessen er angeklagt ist«, erwiderte Gundram drohend. »Wegelagerei, Räuberei, Wilddieberei,

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