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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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weilt in diesen warmen Gefilden, und ich beneide ihn. Italien hat herrliche Kirchen. Und Rom, die heilige Stadt …«
    De Cazeville ließ den schwärmenden Kaplan einfach stehen und schlenderte über den Burghof. Aufmerksam verfolgte er das Geschehen. Irgendwo hier wurde Prinzessin Isabella gefangen gehalten. War Gundram ein Weichling, bewohnte Isabella ein bewachtes Frauengemach neben dem Palas. War er ein ganzer Kerl, hielt er sie im Verlies gefangen. Andere Möglichkeiten gab es nicht. Und er war sicher, dass Letzteres auf Gundram zutraf. Sein untrüglicher Sinn für die Realität schien de Cazeville auch diesmal nicht im Stich zu lassen.
    Er hatte einen verhängnisvollen Fehler begangen, er hatte sich für einen kurzen Augenblick die Zügel aus der Hand nehmen lassen. Und noch dazu von einer Frau! Er wollte den Gedanken an Gunilla verdrängen. Noch niemals hatte er etwas bereut, das er getan hatte. Nur dieses eine Mal wünschte er, er könnte die Zeit zurückdrehen. Warum hatte sie das getan? Zum ersten Mal im Leben hatte ihn eine Frau fasziniert. Nicht nur ihr reifer, weiblicher Körper war die Sünde selbst gewesen. Sie war ihm verfallen, trotz ihrer Tränen, ihres Zorns, ihrer zur Schau getragenen Abscheu. Es reizte ihn um so mehr. Sie war ihm nicht nur verfallen, ja, er war sich sicher, dass sie sich danach gesehnt hatte, sich ihm zu unterwerfen. Sie hätten beide noch viel Freude miteinander haben können! Konnte sie nicht begreifen, dass sie so etwas nicht mit ihm machen durfte? Es war ein tödlicher Irrtum. Und sie hatte recht gehabt mit dem letzten Satz, den sie zu ihm sagte. Noch niemals hatte eine Frau so etwas mit ihm getan – und niemals wieder würde eine Frau das mit ihm tun!
    Mit einem unwilligen Stirnrunzeln konzentrierte er sich auf die Gegenwart. Er beobachtete die Wachablösung, zählte die Burgmannen, registrierte den Bedienmechanismus des Fallgatters, begutachtete die Ausrüstung der Wachsoldaten. Am Abend suchte er sich ein bescheidenes Quartier im Gästehaus, ließ sich etwas zu essen geben und lehnte ein gemeinsames Mahl mit dem Burgkaplan ab. Er mochte keine Menschen, die viele Fragen stellten.
    *
    Leise und diszipliniert zogen Martin und Rudolf mit ihren Leuten auf Nebenwegen in Richtung der Burg, die das Ziel ihres ganzen Aufwandes war. Eine gespannte Atmosphäre umgab sie, kaum ein Wort wurde gesprochen. Ihre Sinne waren wach und geschärft, und je näher sie Gundrams Burg kamen, umso mehr bemächtigte sich ihrer eine seltsame Erwartung. Fünf Tage und Nächte hatten sie gearbeitet, sie trugen Rüstungen, Kettenhemden, Waffen, ein Wagen mit Lebensmitteln folgte ihnen. Und sie waren motiviert genug, den ungleichen Kampf gegen den verhassten Ritter aufzunehmen, der nicht nur Martin, sondern auch seinen Untertanen schreckliches Leid und schreiende Ungerechtigkeit zugefügt hatte.
    Martins Strategie sah vor, die Burg im Schutze der Dunkelheit durch einen Handstreich einzunehmen. Er wusste, dass sie gut genug gesichert war, um einem Ansturm standzuhalten. Hier aber waren List und Ortskenntnis gefragt. Deshalb versammelten sie sich in einem Wald etwa einen halben Stundenritt von der Burg entfernt, um die Nacht abzuwarten. Danach wollten sie über die Rückseite der Mauer, die an einem Felsabhang lehnte, in den hinteren Innenhof eindringen, wo sich die Stallungen befanden. In der Nacht hielten sich kaum Dienstleute dort auf. Wenn sie erst in die Burg eingedrungen waren, würden sie die wichtigsten Positionen besetzen, die Handvoll Wachleute ausschalten und Gundram gebührend begrüßen, wenn er von dem Turnier zurückkehren würde.
    Martin hob die Hand, als er eine geeignete Stelle zum Lagern gefunden hatte. Er hieß seine Leute absitzen, die Pferde versorgen und sich ausruhen. Er winkte Rudolf.
    »Wir werden noch einen Inspektionsritt durchführen und etwas näher an die Burg heranreiten«, sagte er zu seinem Freund. Jakob reichte seinem Herrn einen Weinschlauch. Die beiden Ritter erfrischten sich nur kurz und gestatteten ihren Knappen, ebenfalls einen Schluck zu trinken. Martin drängte zum Aufbruch, um vor der Abenddämmerung die Lage zu erkunden.
    Martin und Rudolf ritten, begleitet von ihren Knappen Jakob und Patrick, einen Bogen um den Hügel, der ihnen die Sicht zur Burg versperrte. Die Sonne stand bereits tief und tauchte das Land mit ihren rotgoldenen Strahlen in ein fast unwirkliches Licht. Martins Herz schlug höher. In wenigen Augenblicken würde er seine Burg wiedersehen, sein

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