Der Kuss des Verfemten
Herzogs stellten eine zweite große Gefahr dar. Martin war ein Verfemter, Ehrloser, und damit vogelfrei. Als Kaisermörder suchte man im ganzen Herzogtum nach ihm. Fiel er dem Herzog in die Hände, konnte er keine Gnade erwarten. Doch zunächst wollte Martin seine Burg zurückerobern, um sich dort einen sicheren Stand zu verschaffen. Sein zweiter Schritt würde sein, den Herzog zu Verhandlungen zu zwingen. Wenn er genug Zeugen aufbringen konnte, und das konnte Martin fürwahr, musste ihn der Herzog rehabilitieren. Denn es gab genug Ritter, die an Martins Seite im Heiligen Land gekämpft hatten und für ihn aussagen würden. Doch solange er sich wie ein Verbrecher in einer entlegenen Ruine verstecken musste, würde sich auch kein Ritter finden, der sich auf seine Seite stellte.
Nur einen gab es, der Martins Schicksal treu mit ihm teilte. Martin warf einen dankbaren Blick auf Rudolf, der die Arbeit der Schmiede begutachtete und hier und da einen Hinweis gab, eine Veränderung forderte – und lobte! Ja, auch das war Rudolfs Art, mit den Menschen umzugehen, und dafür liebten sie ihn. Martin schmunzelte, dann legte er den Arm freundschaftlich um die Schulter seines Knappen Jakob.
»Nun, Jakob, bist du schon aufgeregt? Bald ziehst du in deinen ersten Kampf!«
»Aufgeregt nicht, aber sehr stolz!«, erwiderte der schmächtige Junge, aber seine nervösen Augen straften seine Worte Lügen.
Martin lachte. »Keine Bange, so schlimm wird es nicht. Wir werden die Burg im Handstreich nehmen, die Gelegenheit ist günstig. Mögen sie saufen und kämpfen und um die Hand der Prinzessin buhlen, in der Zwischenzeit holen wir uns das zurück, was uns rechtmäßig gehört!«
»Es ist mir eine Ehre, Euch dabei unterstützen zu können, Herr Ritter!«, sagte Jakob mit fester Stimme, und Martin wusste, dass er es ehrlich meinte.
»Und wie steht es mit den Pferden?«, fragte er.
»Bestens, Herr Ritter! Sie sind gut, aber nicht fett gefüttert. Der Schmied hat die Hufe kontrolliert und beschlagen. Patrick und ich bewegen die Rosse jeden Tag, damit sie nicht steif und faul werden.«
»So ist es recht!«, lobte Martin ihn, und Jakob bekam vor Freude rote Ohren.
Martin beugte sich zu ihm herunter. »Und ich verspreche dir, wenn wir die Burg zurückerobert haben und der Herzog mich rehabilitiert hat, veranstalten wir ein großes Fest mit Musikanten, Gauklern, Händlern und vielen wunderschönen Zigeunermädchen – alle ganz allein für dich!«
Jetzt errötete Jakob heftig und blickte verschämt zu Boden. »Herr Ritter, Ihr macht mich verlegen!«
»Dafür brauchst du dich nicht zu schämen. Du bist ein Mann, Jakob, und ein Mann findet nun mal an hübschen Mädchen Gefallen. Und ich sage dir, die Welt wäre um eine schöne Sünde ärmer, wenn es keine Frauen gäbe!«
Martin schlenderte weiter, während Jakob sich schnell zu den Pferden verzog. Martin hatte Konstanzes weinrotes Kleid entdeckt. Sie half den Frauen, Lebensmittel zusammenzupacken, die für den Feldzug benötigten wurden.
Er beugte sich über ihre Schulter, während er ihr neckend ins Gesäß kniff, und bestaunte die langen Reihen Dörrfisch, die auf einem Tisch lagen.
»Das wird Durst geben!«
Konstanze drehte sich um und lachte. Sie hielt einen kleinen Trinkschlauch hoch. »Auch dafür ist gesorgt«, erwiderte sie.
Dann wurden ihre Augen ernst. »Ich habe Angst«, flüsterte sie.
Martin zog sie etwas beiseite, damit die anderen Frauen seine Worte nicht vernehmen konnten. »Du brauchst nichts zu befürchten. Ihr Frauen bleibt hier und verhaltet euch still. Ein paar Männer lasse ich zur Bewachung da.«
Konstanze schüttelte den Kopf. »Um uns sorge ich mich nicht. Du solltest alle Männer mitnehmen, wir können ganz gut auf uns selbst aufpassen und uns notfalls auch verteidigen. Ich habe Angst um dich!«
Er küsste sie auf die Nasenspitze und legte seine Stirn an ihre.
»Ich habe das Kämpfen noch nicht verlernt, meine Schöne, und alle anderen auch nicht. Das gerechte Ziel unseres Kampfes verleiht uns die Kräfte, die wir für den Sieg brauchen.«
»Ich weiß. Es ist egoistisch von mir, so zu denken. Aber ich habe nur noch dich auf der Welt. Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas zustieße!«
Er zog ihren Kopf an seine Brust. »Ich verlasse dich nicht, Konstanze, was auch geschehen mag. Bei mir bist du in Sicherheit, und ich werde immer für dich da sein.«
Sie wischte verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel und lachte. »Ich bin schon wieder
Weitere Kostenlose Bücher