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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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küssen.
    Die anderen Männer und Frauen nahmen keine Notiz von diesem skandalösen Benehmen. Sie waren damit beschäftigt, sich die besten Stücke von der Tafel zu angeln.
    Eine Weile beobachtete Isabella das ungeschlachte Benehmen der Leute. Angewidert wandte sie sich ab.
    »Hab Ihr keinen Hunger, Isabella?«, fragte Martin kauend. »Dabei haben wir das Festmahl Euch zu Ehren veranstaltet. Immerhin beherbergen wir nicht alle Tage einen so hohen Gast in unseren heiligen Hallen. Und da würde es mich traurig stimmen, wenn Ihr Hunger leidet.«
    »Soll ich etwa gemeinsam mit diesem Pack speisen? Seht Ihr nicht, dass sie sich wie Tiere benehmen?«
    Martin hielt im Kauen inne und blickte sie erstaunt an. Dann lachte er.
    »Habt ihr gehört? Unser Gast möchte nicht mit uns an der Tafel sitzen, weil ihr euch nicht benehmen könnt!« Martin lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und blickte über die gebeugten Rücken seiner Leute. Er lächelte spöttisch. »Ich muss sagen, Fräulein Isabella hat völlig recht. Schaut euch nur mal an, wie ihr mit den Fingern im Essen herumgrabscht. Und wie ihr beim Trinken den Wein auf eure Kleidung verschüttet! Gehört sich das für feine Leute? Und wir sind doch feine Leute, oder?« Die anderen brüllten vor Lachen. »Also werden wir in Zukunft eine Gabel benutzen, wenn wir Fleisch oder Käse anstechen, und einen Löffel, wenn wir Suppe essen.«
    »Sollen wir vor dem vollen Teller verhungern?«, hörte er eine Stimme aus der Runde. Die anderen nickten zustimmend.
    »Wir wollen doch Fräulein Isabellas Augen nicht beleidigen! Was soll sie denn von uns denken? Dass wir Räuber sind ohne Manieren?«
    Wieder lachten alle, doch sie griffen zu den zweizinkigen, hölzernen Gabeln, die einige Mägde eilig herbeigeschafft hatten, und pickten auf ihren Tellern herum. Martin beobachtete sie amüsiert, dann lächelte er Isabella zu.
    Sie rümpfte die Nase und schüttelte missbilligend den Kopf. »Zufrieden?«, fragte Martin.
    Zornig warf Isabella den Kopf zurück. Sie wollte sich vor Martin nicht geschlagen geben.
    Mathilda beobachtete Isabella schweigend. Rudolf bemerkte ihren Blick.
    »Mir scheint, hier findet ein kleiner Krieg statt«, sagte sie. »Isabella fühlt sich natürlich nicht als Gast.«
    »Ja, das scheint mir auch so«, seufzte Rudolf. »Dabei hat sie wirklich nichts zu befürchten. Martin würde sein Leben dafür geben, um Isabella zu beschützen.«
    Mathilda blickte ihn erstaunt an. »Das verstehe ich nicht. Sie ist doch seine Geisel.«
    »Weil Martin keine andere Wahl hat. Er hätte sie nicht gefangen genommen, wenn es einen anderen Ausweg gegeben hätte. Er liebt sie.«
    »Was? Das glaube ich kaum. Er ist sehr spöttisch, voll Häme. Das soll Liebe sein?«
    Rudolf nickte. »Er wehrt sich mit aller Gewalt gegen das Gefühl, aber sie hat sein Herz erobert.«
    »Obwohl sie sich benimmt, als würde sie ihn jeden Augenblick in Stücke reißen wollen?«
    »Allerdings! Sie liebt ihn auch. Sie weiß es nur nicht.«
    »Aber das spürt man doch, wenn man jemanden liebt«, erwiderte Mathilda und fasste nach Rudolfs Hand. »Ich habe es doch auch gespürt.«
    Er lächelte und erwiderte den sanften Händedruck. »Wir haben auch keinen Grund, gegen unsere Liebe anzukämpfen.«
    »Arme Isabella«, murmelte Mathilda.
    »Armer Martin«, meinte Rudolf. »Er leidet Höllenqualen. Und er kann nichts dagegen tun.« Er legte ihr noch ein Stück Fasanenfleisch auf den Teller. »Iss, mein Liebes, ich weiß nicht, wann wir wieder so etwas zu essen bekommen. Weißt du, warum die Leute so über das Fleisch herfallen? Es ist schon Wochen her, dass sie etwas Ordentliches zwischen die Zähne bekamen. Unser Korn ist alle, es gibt nicht einmal mehr Dinkelgrütze zu essen. Die Bauern in den Dörfern haben Angst, uns etwas von ihrem Korn abzugeben, selbst wenn wir es bezahlen. Werden sie dabei erwischt, dass sie uns unterstützen, gibt es keine Gnade. Außerdem presst Ritter Gundram so viel aus ihnen heraus, dass ihnen selbst kaum etwas zum Leben bleibt.«
    Mathilda schluckte schwer. »Als wir vom Kloster abreisten, sind wir durch ein Dorf gekommen, das völlig verwüstet war. An den Bäumen hingen Leichen, die Felder verwüstet, die Ställe leer und die Häuser abgebrannt. Nicht einmal die Kirche haben sie verschont. Es war entsetzlich.« Im Gedanken daran schauderte Mathilda und zog die Schultern zusammen.
    Rudolf blickte finster auf seinen Teller. »Ich weiß. Es war eines der Dörfer, die zu Martins Lehen

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