Der Kuss des Verfemten
von ihr weg und erhob sich. Sie sollte seine Erregung nicht bemerken. Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen.
»Hat es dir gefallen?«, fragte er.
Etwas verschämt zog sie das Mieder über ihrer Brust zusammen. »Es war … seltsam. Doch ich begreife nicht, wieso du es nicht so gemacht hast wie … wie dieser Junge.«
Martin lächelte, während er sein Hemd zurechtrückte. »Es gibt verschiedene Wege, die Lust zu verspüren. Das war einer davon.«
»Aber … aber, nun bin ich keine Jungfrau mehr!«
»Doch! Du bist unberührt wie zuvor. Allerdings nicht mehr ganz so unschuldig.« Sein kehliges Lachen verunsicherte Isabella noch mehr. Irritiert schaute sie an sich herunter, dann wanderte ihr Blick an Martins Körper entlang.
»Oder besitzt du gar nicht so ein … Teufelshorn?«
Martins Mund blieb vor Verblüffung offen stehen, und seine Augen weiteten sich. Dann brach er in schallendes Gelächter aus. »Finde es heraus!«, rief er amüsiert, bevor er die Tür hinter sich zuschlug.
Verwirrt hockte Isabella auf dem Rand ihres Bettes und hielt die Hände zwischen ihre Knie gepresst. Unablässig bewegten sich ihre Lippen. »Gütiger Himmel, was hat er angerichtet? Heilige Mutter, war das recht, was er mit mir getan hat? Warum bin ich nicht tot zu Boden gestürzt? Warum hat es mir gefallen? Warum hat es meine Sinne verwirrt und mir so eine Lust bereitet? Ich wollte es doch gar nicht! Ich will es immer noch nicht! Oder?« Sie sank auf die Knie und faltete die Hände, während sie ihre Ellbogen auf die Matratze des Bettes aufstützte. Klagend hob sie ihren Blick. »Hilf mir doch! Was soll ich tun? Soll ich diesem Drang nachgeben? Aber es ist doch Sünde, es ist Versuchung! Wie kann ich mich dagegen wehren?«
Ihr Kopf sank auf die Bettstatt, und sie schloss die Augen. Sie empfand die Dunkelheit als wohltuend, doch plötzlich schob sich ein anderes Bild vor ihre Augen, das Bild eines schlanken Mannes mit einem wohlgeformten, muskulösen nackten Körper, leuchtenden blauen Augen und einem verführerischen Lächeln auf den Lippen. Es war das Bild von Martin, in einem strahlenden Licht, wie es Heilige umgab. Sanfter Wind ließ seine Locken wehen, und er hielt eine Hand nach ihr ausgestreckt, die sie so gern ergreifen wollte. Isabella strengte ihre Augen an, um das Teufelshorn zu entdecken, das er vor seinem Körper hertragen musste. Doch wie enttäuscht war sie, als sie nichts dergleichen sehen konnte. Sein Bauch war flach und glatt und ging einfach ohne Unterbrechung in die muskulösen Oberschenkel über.
»Das kann nicht sein!«, hauchte sie und riss die Augen auf. Nein, sie hatte doch etwas gespürt, als er auf ihr gelegen hatte! Er war ein Mann, ein richtiger Mann mit allem, was dazugehört! Und dieses Teufelsding gehörte dazu! Sie würde es herausfinden, und zwar schon bald. Ihre Lippen verzogen sich zu einem spitzbübischen Lächeln. Na warte, Martin, du Räuber! Wenn du glaubst, du hast mich besiegt, dann irrst du dich gewaltig! Ich werde dich mit deinen eigenen Waffen schlagen! Nein, mit meinen Waffen! Eine Frau ist nicht schwach, auch wenn es im ersten Augenblick so scheint. Du wirst dich noch wundern, Martin von Treytnar!
*
Isabella saß am Kopf der langen Tafel neben Martin. Es gab reichlich Bier zu trinken, die Mägde hatten in den vergangenen Tagen fleißig gebraut. Das Bier war jung und prickelte und stieg allen in den Kopf. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung. Derbe Scherze flogen über die Tafel hin und her, die Männer lachten laut, einige hielten Frauen auf ihrem Schoß und scheuten sich nicht, deren üppige Brüste zu entblößen.
Isabella senkte den Blick, doch entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit, die Tafel fluchtartig zu verlassen, blieb sie sitzen. Ab und zu warf Martin einen verwunderten Blick zu ihr herüber, aber er hatte sich fest vorgenommen, ihre Launenhaftigkeit zu ignorieren. Er unterdrückte den aufkommenden Wunsch, Isabella einfach in seine Arme zu ziehen. Nein, er musste ihr zeigen, wer die Macht auf dieser Burg hatte. Und er würde sich nicht von ihr an der Nase herumführen lassen! Schließlich war sie seine Geisel, nur seine Gefangene, die einzig und allein dem Zweck diente, seine Forderungen beim Herzog durchzusetzen. Alles andere musste er sich aus dem Kopf schlagen.
Rudolfs Worte brannten wie Peitschenhiebe auf seiner Seele. Das schlimmste daran war, dass Rudolf die Wahrheit gesprochen hatte. Nein, Liebe war in seinem Plan nicht vorgesehen! Diese Liebe konnte sogar
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